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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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man es erzählt bekäme.
    Der Chefarzt der Clinica Santa Barbara hatte den fröhlichen Namen Dr. Hütli. Er war ein dicker, gemütlicher Mann mit einer Tonsurglatze, sprach ein breites Schwyzerdütsch, tätschelte Gundi die Wangen und sagte: »Das Mädli wird sich wohlfühlen.«
    Dann besichtigte man die Klinik, und je mehr Zeit verstrich, um so stiller wurde Susanne. Sie sah Kinder, deren Gesichter wie abgeschabt waren, Gliedmaßen wie wurstähnliche Körperauswüchse, kriechende, stammelnde, lallende Wesen, stämmige Mädchen mit dem Gesicht eines Säuglings oder schmächtige Körperchen, die auf einem Stengelhals einen übergroßen Kopf balancierten. Sie sah menschenähnliche Wesen in Laufmaschinen, Gesichter, die nur aus Mündern bestanden, schreienden Höhlen ohne Zähne, Beine, verbogen wie moderne Plastiken, Menschen, wie sie Hieronymus Bosch in seinen phantastisch-schaurigen Bildern gestaltet hatte. Hier lebten sie, krochen sie umher, saßen auf Stühlen und an Tischen.
    »Sie sehen«, sagte Dr. Hütli gemütlich, »daß Ihre Gundi zu den ganz leichten Fällen gehört. Ich habe Ihnen das alles gezeigt, um Ihnen zu beweisen, daß Ihr Kind bei der richtigen Leitung und Überwachung seiner Entwicklung alle Chancen hat, lebenstüchtig zu werden …«
    Susanne nickte. Ihre Beine zitterten. Das alles sind Menschen, dachte sie. Mütter haben sie geboren, gestillt und geküßt. Hoffnungen haben sie umgeben, während sie im Leib wuchsen, Pläne wurden gemacht. Freude und Glück umgaben sie vor ihrem Hintritt ins Leben … und dann kamen sie in die Welt und wurden Menschen genannt, weil sie aus einem menschlichen Leib geboren wurden, aber sie sahen aus wie neue Wesen eines fernen, unbekannten Sterns.
    Erschrocken legte Susanne ihre Hände über den gewölbten Leib. Du nicht, dachte sie. Nein, du wirst ein schöner Mensch. Ich weiß es. Du wirst deinem Vater ähnlich sehen, dem einzigen Mann, den ich liebe. Gundi wurde weggetragen. Sie weinte nicht, sie empfand es anscheinend gar nicht. Sie hatte ihre bunten Klötzchen, und somit war ihre Welt vollkommen.
    »Sie können sie jederzeit besuchen«, sagte Dr. Hütli beim Abschied. »Aber bitte, rufen Sie vorher an.«
    Susanne nickte, ihre Kehle war wie zugeschnürt. Kaul hatte den Arm um sie gelegt, und es tat ihr wohl, zu wissen, daß sie nicht mehr allein stand wie in den vergangenen Jahren.
    Bis zur Rückfahrt wohnten sie in Ascona, in einem Hotel über dem See. Von ihrem Zimmerfenster konnten sie Ronco sehen. Brissago, die Grenze, die Isola di Brissago, den Monte Tamaro, die im Sonnendunst dahingleitenden weißen Schiffe.
    Am Abend saßen sie am Fenster, sahen über den See und zu den tausenden glitzernden Lichtern der Häuser, die sich die Berge hinaufzogen wie eine Sternenstraße. Auf dem leicht gekräuselten Wasser schwamm ein silberner Streifen Mondschein.
    »Wie schön ist es hier …«, sagte Peter Kaul leise.
    »Ob Gundi das jemals begreifen wird?« antwortete Susanne. Ihr Kopf lag an seiner Schulter, und sie hielten sich die Hände wie ein verliebtes Paar in der Dunkelheit eines Kinosaals.
    »Wir müssen Pfarrer Merckel ewig dafür dankbar sein«, sagte Peter Kaul. »Ich glaube, Gundi ist hier in besten Händen.«
    »Wie sollen wir ihm danken? Sollen wir ihn zum Mittagessen einladen? Kartoffelklöße mit Sauerbraten. Und ein Bier bekommt er dazu. Aber nur er! Ob ihn das erfreuen wird, was meinst du, Peter? Wir können ihm doch sonst nichts schenken …«
    Peter Kaul nickte. Er ist wirklich ein verdammt guter Kerl, dachte er. Wenn man an nichts glauben würde – er könnte einen bekehren! Was wäre ich heute ohne ihn …
    Sie schwiegen. Durch den Mondstreifen glitt ein Boot. Der Duft der Platanen am Ufer wehte ins Zimmer.
    »Komm«, sagte Kaul leise. »Bist du nicht müde?«
    »Doch, ich bin müde.« Sie lächelte und drückte sich an ihn. »Aber laß das Fenster auf … es ist so schön, das Plätschern der Wellen zu hören …«
    In einer Ecke des Hotels saß Pfarrer Merckel vor einer Zweiliter-Flasche Barbera und trank und trank. Gegen Mitternacht wurde er von einem Kellner aufs Zimmer gebracht und auf sein Bett gelegt.
    »Grazie tante, mein Sohn …«, stammelte er und streckte sich aus. »Gott ließ den Wein wachsen … vergiß das nicht, mein Sohn!«
    Er faltete die Hände über dem mächtigen Bauch und schlief ein.
    Ein Tag war vorbei, und ein gutes Werk war getan.
    An einem kalten, nebligen Morgen, noch vor dem Frühstück, und bevor Diakon Weigel

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