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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiblichen Reife einen Zauber ohnegleichen ausströmte.
    »Sicherlich sind Sie ein Arzt oder ein Pfarrer«, sagte das Mädchen. »Sonst liefen Sie nicht so frei herum. Guten Tag, mein Herr.«
    »Guten Tag«, antwortete Dr. Linden verwirrt.
    Sie ging zum Haus. Aber das war kein Gehen, das war eine Lockung, eine Aufforderung, ein Aufschrei der Lust, eine Einladung, ein Mitziehen, eine teuflische Elektrizität, die von diesen wiegenden Hüften ausging, von diesem leicht pendelnden Oberkörper, von diesen langen, wippenden Beinen, von den weißblonden Haaren, die im Wind flatterten, einer Fahne gleich, die zum Sturm führte.
    Dr. Linden starrte ihr nach. Plötzlich war seine Kehle trocken. Er ging rückwärts zu der Bank, von der sie aufgestanden war, setzte sich, und es war ihm, als spüre er noch ihre Körperwärme, als habe er sich genau auf den Fleck gesetzt, auf dem ihre Schenkel die Wärme ihres Körpers hinterlassen hatten.
    Sie ging ins Haus, ohne sich umzusehen. Schwester Beate erschien in der Tür und sah in den Garten. »Doktor Linden!« rief sie. »Herr Doktor … es ist alles fertig …«
    Dr. Linden rührte sich nicht. Er, dem die Sehnsucht der Frauen entgegenschrie, wenn er sie nur mit seinen Händen berührte, mit Händen, die nach einer Diagnose suchten und nicht nach seufzender Hingabe, spürte in sich die Fremdartigkeit eines zweiten Wesens. Es war ihm, als habe ein Zauberer über seine Augen gestrichen – nun sah er die Welt anders. Ob besser, das entzog sich seiner Kritik. Er sah plötzlich einen Stern, der auf die Erde gefallen war, er sah einen Engel mit der Lockung des Satans, und er empfand in sich einen Zwang, diesen Engel in der Ekstase entfesselter Natur zu zerreißen, in einem Kannibalismus der Lust, der alles in ihm wegwischte, was ihn durch Bedenken und Moral noch hemmte.
    »Herr Doktor Linden!« rief Schwester Beate wieder von der Tür her. »Herr Doktor Linden …«
    Da sprang er auf und rannte quer über das Beet dem Haus zu, über die Dahlien, durch die Rosen, zum sprachlosen Erstaunen der Schwester.
    Er rannte nicht dem Haus zu, weil es Zeit war, zu untersuchen … er stürzte seinem Engel nach, und er kam sich vor wie Ikarus, der der Sonne entgegensteigt und die Götter besiegt.
    An diesem Tag geschah es im Block V des Gefängnisses, daß der Untersuchungshäftling Nr. 112c, mit bürgerlichem Namen Peter Kaul, von seinem Mithäftling Nr. 112b, Emil Hangelar, Einbruchdiebstahl, zusammengeschlagen und ins Gefängnislazarett eingeliefert wurde.
    Es hatte Streit gegeben. Um eine Nichtigkeit. Man wurde sich nicht einig, ob ein geschlechtsreifes Mädchen von vierzehn Jahren genauso zu behandeln sei wie eine etwa Zwanzigjährige. Emil Hangelar vertrat die Ansicht, ob vierzehn oder zwanzig … sie fühlen alle dasselbe! Und Peter Kaul sagte darauf:
    »Ich habe eine Tochter. Sie ist jetzt zwölf! Wenn ich denke, daß du meine Tochter in zwei Jahren anfassen würdest … ich schlüge dich tot, du Schwein!«
    Das genügte. Der Neue galt sowieso als plemplem, wie der Kalfaktor bei der Mittagsausgabe geflüstert hatte. Und nun das! Drohungen! Dämliche Ansichten! Moralpredigten!
    Emil Hangelar langte ein paarmal hin, und da er ein großer, kräftiger Kerl war, hieb er Peter Kaul an die Wand und auf den Boden, als schlage er auf einen nassen Sack. Dann trommelten sie gegen die Tür, bis Primel-Kurt, der Wachtmeister, kam, und berichteten:
    »Wir weigern uns, weiter mit dem in einer Zelle zu sein. Wir sind sittlich gefährdet …«
    »So ein Duckmäuser!« sagte Primel Kurt. »Und er machte einen ganz guten Eindruck.«
    Man schaffte Peter Kaul in das Gefängnislazarett, verband seine Wunden, nahm ein Protokoll auf, das keiner glaubte, denn man hat ja Erfahrung mit den Knastbrüdern, vor allem mit den Säufern! Die sind unberechenbar mit ihrem versoffenen Gehirn … mal Frauen, mal Männer, die nehmen alles mit, wenn sie in Druck sind. Einer sogar ein Schaf. Der Richter nannte das vornehm Sodomie. Aber eine Sauerei blieb's trotzdem.
    Und in diesem Gefängnislazarett, aus der Apotheke der Station, die in einem Wandschrank auf dem Flur untergebracht war, stahl Peter Kaul eine Flasche mit sechsundneunzigprozentigem Alkohol, verdünnte ihn mit Wasser und betrank sich sinnlos.
    Am Morgen fand ihn der Lazarettkalfaktor besinnungslos im Bett. Das Zimmer roch wie eine Hafenbudike.
    Der Erfolg war teuflisch.
    Die Gefängnisdirektion rief am gleichen Morgen noch bei der Landesheilanstalt an. »Wir schicken

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