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Privatklinik

Privatklinik

Titel: Privatklinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ging sofort wieder und bestellte einen Gruß. O Gott, den habe ich ganz vergessen auszurichten.«
    »Danken Sie Gott für diese Vergeßlichkeit.« Pfarrer Merckel drehte sich um, griff zu der Flasche Bier und zog sie zu sich heran! Ich bin nicht Jesus, der sagen konnte: Hebe dich hinweg, Satan! dachte er. Ich habe Durst.
    Susanne holte ein Bierglas, fast verzückt sah Merckel, wie der goldene Gerstensaft ins Glas rauschte, wie sich der Schaum wölbte, wie die Pilsblume stehenblieb, eine leise knisternde Haube über ausgegorener Köstlichkeit.
    »Ihr Mann hat nie über diesen Bollanz gesprochen?« fragte er nach dem ersten Schluck, der wie ein kühlender Umschlag für einen Fiebernden war.
    »Nein. Nie. Was ist mit diesem Mann?«
    »Hören Sie mir genau zu, meine Tochter.« Merckel strich sich über die Augen. »Gott muß mir verzeihen, wenn ich eine Beichte weitergebe. Nein, starren Sie mich nicht so an, ich weiß, daß ich eine Ausnahme unter den Dienern Gottes bin. Aber glauben Sie mir – ich bin einer seiner treuesten. Ich weiß, daß Peter Kaul nur geheilt werden kann durch Sie!«
    »Durch mich …«, stammelte Susanne Kaul.
    »Ihr Mann ertränkte im Alkohol ein Geheimnis. Es ist so klein und hat eine so große Wirkung. Er fühlt sich schuldig … wenn Sie alles wissen, werden Sie diese Schuld von ihm nehmen können. Nur Sie allein … denn jede andere Therapie ist nur ein Abdämpfen. Heilen allein kann nur die Liebe …«
    Und Pfarrer Merckel begann die Geschichte zu erzählen. Die Tragik vom Tod des Johann Milbach, Vater von fünf Kindern, der an eine elektrische Leitung kam, die Peter Kaul über die Mittagspause hinweg nicht isoliert hatte.

7
    Frida Milbach dachte, es sei der Briefträger, als es gegen zehn Uhr vormittags an ihrer Tür schellte. Um so verwunderter war sie, als sie eine Frau im Treppenhaus stehen sah, die zu ihr sagte: »Könnte ich Sie einen Moment sprechen, Frau Milbach? Nur ganz kurz …«
    Frida Milbach schüttelte den Kopf und musterte die fremde Frau. Schon wieder eine Vertreterin für Waschmittel oder Korsetts oder reine Pflanzenmargarine. Oder Werbung für ein Jahresabonnement ›Das Reich der Hausfrau‹, mit wöchentlichen Tips: Wie verwöhne ich meinen Mann? – Die kluge Frau macht sich hübsch für den Ehegatten! – Sein Leibgericht – Ihr Glück! – Auch in der Ehe hört die Verführung nicht auf!
    Frau Milbach seufzte. »Ich habe alles«, sagte sie und steckte den Kopf durch den Türspalt. »Ich brauche nichts, ich bin Witwe und habe kein Geld dafür …«
    Das Wort Witwe ließ Susanne Kaul zusammenzucken. Witwe durch Peters Schuld, dachte sie, und es wurde in ihr kalt, als stehe sie in einem eisigen Wind. Er hat ein Kabel nicht isoliert, und Johann Milbach ist darangekommen. Nun ist sie Witwe, mit fünf unmündigen Kindern.
    »Darum geht es ja«, sagte sie stockend. »Darum will ich Sie sprechen.«
    »Wegen der Witwe?« Frida Milbachs Gesicht wurde kantig und hart. Die letzte Freundlichkeit wich aus ihm. »Ich bin in einer Versicherung! Ich habe, als mein Mann starb, so viele Angebote bekommen, daß ich Millionär sein müßte, um all die Prämien zu bezahlen! Und nun kommen Sie auch noch! Wie die Geier sind sie über mich hergestürzt …«
    »Ich bin Susanne Kaul …«, sagte Susanne leise.
    »Kaul?« Frida Milbach öffnete die Tür etwas weiter. Der Name schien ihr wenig zu sagen, verwundert stellte Susanne das an dem Blick fest, der sie wieder musterte. »Bitte, Fräulein Kaul …«
    »Frau Kaul. Die Frau von Peter Kaul.«
    »Ja und …«
    »Sie kennen meinen Mann nicht?«
    »Nein.«
    »Aber ich bitte Sie …« Verwirrt strich sich Susanne ein paar in die Stirn gefallene blonde Strähnen fort. »Mein Mann … er war doch ein Arbeitskamerad von Ihrem Mann … Er war doch derjenige, der …« Weiter konnte sie nicht. Sie begann zu weinen, lehnte sich an das Treppengeländer und schlug die Hände vors Gesicht.
    Frau Milbach zögerte. Sie war überrumpelt von diesem Schluchzen, sie wußte nicht, was man da tun konnte, sie sah gar keinen Anlaß zu diesen Tränen. Die Nachbarn, dachte sie bloß. Wenn sie die weinende Frau vor meiner Tür sehen … das gibt wieder Gesprächsstoff in der Kolonie für Wochen. Man wird rätseln: Warum war sie bei der Milbach? Warum weinte sie? Warum stand sie draußen im Treppenhaus? Was ist da los? O Himmel, werden die Mäuler gehen!
    »Kommen Sie 'rein«, sagte Frida Milbach, nahm Susanne an der Hand und zerrte sie in die kleine Diele. Sie

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