Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
schwer, die Konzentration auf das Wesentliche zu bewahren. Wir werden von allen Seiten von der eigentlichen Arbeit abgelenkt. Wer sich beim Chef wegen der Überlast beklagt, bekommt zur Antwort, dass man mit etwas gutem Willen unter Nachtarbeit alles gleichzeitig hätte schaffen können.
Das aber geht oft auch schon nicht mehr. Viele haben ihr Privatleben schon weitgehend geopfert. Sie werden rot vor Zorn und grau vor Ärger, dass der Chef immer noch glaubt, sie hätten eines, das geopfert werden könnte.
Wir fühlen uns überfordert, oft hilf- und machtlos. Wir haben immer öfter Angst bis in den Schlaf hinein, der nun auch geopfert wird, weil der Körper nicht will, was das Hirn über ihn verhängt hat. Das Herz ist unruhig und mahnt: Es geht um die Gesundheit.
Der Mensch ist in gewisser Weise der Mikrokosmos im Vergleich zum Unternehmen, das zwischen Wandel und normalem Arbeiten zerrissen ist. Die Spannungen des Unternehmens finden sich im Menschen selbst widergespiegelt. So wie das Unternehmen professioneller werden muss, sollte auch der einzelne Professional seinen inneren Zustand ruhig und möglichst konfliktfrei halten können.
Eine kleine persönliche Erklärung: Es ist nicht einfach – oder besser – es ist ziemlich schwierig, in der hektischen Arbeitswelt von heute und besonders morgen die innere Ruhe zu bewahren. Ich selbst sehe sehr oft eine Art Selbstausbeutung bei den Premium-Professionals und kenne insbesondere im Bereich von Investmentbanking schauderhaft abartige Arbeitszeiten. Im Augenblick nehmen Burn-outs so sehr zu, dass es wohl nicht noch schlimmer werden wird. Die Überlastung der Premium-Professionals, Stars, Politiker, Manager oder Spitzensportler ist verrückt! Trotzdem ist diese Überlastung nicht wegzubekommen, weil es chronisch zu wenige Premium-Professionals oder allgemein Leistungsträger gibt. Wir haben einfach zu wenige Leistungsträger! Also werden die wenigen verheizt. Das Schlimme ist, dass diese wenigen das mit sich machen lassen. Sie haben oft Arbeitsplatzangst wie alle anderen auch. Dabei könnten sie es sich leisten, selbstbewusst auf einem ruhigeren und selbstbestimmteren Arbeitsleben zu bestehen. Eben genau das macht den wirklichen Professional aus, dass er bei aller Anspannung und unter höchsten Anforderungen von außen noch imstande ist, ein glückliches Privatleben zu führen. Ich werde oft gefragt, wie ich das alles hinbekomme. Ich traue mich kaum, eine Antwort zu geben. Ich fürchte, ich werde gesteinigt. In meiner Universitätszeit als Assistent und Professor habe ich mich einfach an die Bibliotheksarbeitszeiten gehalten. Meine Frau arbeitete als wissenschaftliche Bibliothekarin und hatte feste Dienstzeiten von 8 bis 16:30 Uhr. Die habe ich selbst absolut stur eingehalten und niemals etwas zu Hause gearbeitet. Dann bekamen wir Kinder. Johannes war ein Jahr alt, als ich zu IBM wechselte. Da habe ich laut Stempelkarte immer von 7:30 bis 16.20 gearbeitet und mich dann mit den Kindern etc. beschäftigt. Ende der 90er-Jahre brauchten uns die Kinder nicht mehr so wirklich. Meine Frau begann wieder zu arbeiten und ich fing mit dem Schreiben an. Seitdem arbeite ich zeitlich gesehen sehr viel mehr, aber ich habe immerhin über zehn Bücher in zehn Jahren geschrieben. Die sind unter echter intrinsischer Motivation entstanden – wie dieses hier auch. Das ist keine Arbeit, oder? Ich habe meist meine ganze Arbeit nicht als Arbeit gefühlt. Ich habe große Sorge getragen, dass das immer so ist! Dass die Arbeit mich erfüllt! Dass ich nicht unter Extremstress arbeiten muss! Das ist irgendwie immer gelungen. ABER: Ich muss natürlich immer mit dem leisen Unverständnis meiner Umgebung leben. Sehr oft, wenn ich um 16:30 Uhr ging, rief man mir hinterher: »Hast du einen halben Tag Urlaub genommen?« Ich habe innerlich das Gefühl gehabt, mich als Einziger normal vernünftig zu benehmen. Aber für fast alle anderen ist normal, was alle machen. Es war nicht so einfach, ehrlich nicht. Die Welt ist heute insgesamt unprofessionell, da muss sich das Professionelle eigentlich noch behaupten und seinen Platz erkämpfen.
Prosperität mitten im Wandel
Ideal wäre es, das Zusammenspiel von Arbeit und Wandel subjektiv als Klima des Wachsens, Prosperierens und Vorankommens zu erleben.
Im Grunde geht es ja um die heute viel diskutierte Nachhaltigkeit. Es geht darum, das Wertvolle durch steten Wandel wertvoll zu erhalten.
Nachhaltig handelt nicht, wer das Wertvolle auf ewig bewahrt, weil
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