Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
ins Hotel. Mir klingen noch marktschreierische Stimmen im Ohr: »Wir stellen Sie alle ein! Wir suchen Sie, denn Sie sind top! Sie haben nicht nur Fachkönnen, Sie integrieren! Sie können internationale wechselnde kleine Teams in wechselnden Projekten anleiten, Sie sind das Zentrum des Erfolgs! Sie können kommunizieren und noch einmal kommunizieren! Sie verstehen alle Kulturen und haben eine spezielle emotionale Intelligenz für jede von ihnen! Sie lassen sich durch Veränderungen nie irritieren! Sie bleiben immer gut gelaunt! Sie …« Und dann schien der Sprecher zu erwarten, dass sich nun die vielen Keystone-Persönlichkeiten aus der Zuschauermenge herauslösen würden, um die Einstellungsformulare auszufüllen.
Und dann sprach ich noch mit einem Bekannten, der alles kann in der IT, wirklich alles, der lange als IT-Experte angestellt war, dann wegen einer Firmenpleite freiberuflich weiterarbeitete und mit den Jahren immer mehr ins Stöhnen kommt: »Der Markt ist hektisch, die Projekte werden kürzer, ich muss mich sehr viel öfter nach einem neuen Projekt umsehen, in dem ich mitarbeiten kann. Die Tagessätze werden von Jahr zu Jahr brutaler verhandelt. Ich kann fachlich zwar alles, aber das weiß ja keiner außerhalb! Ich müsste mehr Talent haben, mich während der Arbeit in anderen Projekten bekannt zu machen, damit sie mich bei Bedarf anfordern. Ich arbeite zu wenig in Netzwerken, ich weiß das, aber ich habe irgendwie kein Talent dafür. Für mich wird die Welt zu kompliziert.«
Dysprofessionalität im Premium-Segment
Und weil die Welt immer höherdimensionaler, komplexer und komplizierter wird sowie mehr Intelligenzen verlangt, wird der Schaden durch Unprofessionalität immer größer. Ich möchte da eher verstärkend von Dysprofessionalität reden.
Unprofessionelle Arbeit ist schlampig und muss »verbessert« werden. Fehler werden unter Hilfe beseitigt. In vielen Berufen führt Unprofessionalität zu Produktivitätsverlusten. Eine Stunde verbaselt? Kostet einen Stundenlohn Verlust! Bei hochwertigen Arbeiten aber kann Dysprofessionalität zu echten Katastrophen führen.
• Ein neues Automodell ist stromsparend, zweckmäßig etc., aber leider hässlich. Das kostet bestimmt mehr als hunderte Millionen! (Kein AQ!)
• Ein Politiker entschuldigt sich wie alle anderen auch erst, nachdem man ihm sehr viel unter die Nase gerieben hat. Er stürzt wie alle anderen. Mit mehr EQ hätte er vielleicht bleiben dürfen. Die Partei des EQ-Defizitärs verliert die Wahl.
• Ein Gesetzesvorschlag ist sehr gut, aber so formuliert, dass er die Opposition beleidigt oder provoziert. Es gibt Streit und die Arbeit von Monaten geht in den Papierkorb. Kein EQ!
• Unterirdische Bahnhöfe, Transrapidbahnen, Flughafenerweiterungen scheitern, ziehen sich Jahre zu lang hin und kosten Milliarden mehr. Da fehlt fast alle Intelligenz.
• Der Vertrieb eines Unternehmens verärgert potenzielle Neukunden durch zu viel Verkaufsdruck. Gestörte vitale Intelligenz.
• Der Vorstandsvorsitzende erklärt vor Investoren die neue Strategie, überzeugt aber nicht und wirkt unsicher. Der Aktienkurs stürzt ab, es gibt kein frisches Geld. Kein VQ.
• Ein gemeinnütziges Unternehmen beginnt, die ehrenamtlichen Mitarbeiter zu sehr zu Mehrarbeit zu drängen, um den Stamm bezahlter Mitarbeiter abzubauen. Die Ehrenamtlichen kündigen ihre Hilfe auf. Kein höherer Sinn mehr in ihrer Arbeit!
• Ein 18-jähriger angehender Fußballstar lässt sich von der Presse eine unbedachte Kritik am Trainer entlocken, der überreagiert – eine Vereinskrise führt zu Turbulenzen. Mangelnder EQ und VQ.
Jeden Tag sehen wir ganze Unternehmen und Lebensläufe kollabieren, weil irgendjemand an entscheidender Stelle absurd falsch agierte, meist, indem er einfach einen bestimmten xyQ nicht hatte. Dadurch vernichtet er oft viel mehr Werte, als er lebenslang neue Werte erarbeiten kann. Der Verlust ist dann höher als sein Lebensgehalt.
Eine Anekdote: Kurz vor seiner Pensionierung übergibt der erfahrene Großkundenbetreuer seine Aufgaben an einen jungen Nachfolger. Er verrät ihm ein Geheimnis. »Der Kunde darf absolut keinen Alkohol trinken, er leidet an einer schweren Krankheit. Er hat eine Flasche teuersten Cognacs im Büro versteckt. Wenn du zum Verkaufsgespräch kommst, fragt er immer: ›Möchten Sie einen Cognac?‹ Dann musst du ›Ja, gern!‹ sagen. Dann schenkt er dir ein und murmelt dabei: ›Dann muss ich wohl mittrinken.‹ Das tut er dann, ist
Weitere Kostenlose Bücher