Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
Stufe 5, er holt sich Inspiration bei den maßgebenden Gurus auf diesem Gebiet (Stufe 6).
Ein vollkommen analoges Beispiel aus einem Unternehmen: »Sag mal, auf den neuen verschenkten Firmen-Kaffeepötten steht ›Double Five‹, was bedeutet denn das?« – »Uiiih, frag das nicht in Gegenwart unseres Abteilungsleiters. Mann, dass du das nicht weißt! Es ist die Strategie des Unternehmens. Es bedeutet, dass wir in fünf Jahren den Umsatz verdoppeln wollen. Wie sollen wir das schaffen, wenn du das nicht weißt?« – »Meinst du, ich muss noch mehr tun, als meine Ziele zu erfüllen?« – »Nein, das reicht. Aber du musst das große Ganze kennen. The Big Picture!« – »Was tut denn der Abteilungsleiter dafür, sag mal?« – »Er bringt uns die Strategie bei, er selbst hat sie bei einem großen Management-Meeting lernen müssen, es ging bis in die Nacht, er musste auch PowerPoints downloaden und üben, über ›Double Five‹ einen Vortrag zu halten. Er kennt jetzt die Strategie genau. Er wird dafür sorgen, dass sie jeder kennt. Ich habe von Beratern gehört, dass wir zuerst alle auf Stufe 3 müssen. Wir bekommen dazu extra Broschüren und Flyer.« – »Aha, verstehe. Bedeutet das schon, dass wir konkret an der Strategie arbeiten müssen?« – »Das weiß ich nicht, wir müssen sie ja erst kennen und dann mal sehen. Sie sagen, in der Firma bleibt wegen der Umwälzungen kein Stein auf dem anderen, aber bei der täglichen Arbeit ändert sich nichts. Das Tagesgeschäft ist hart und hat erst mal nichts mit einer Strategie zu tun.« Die meisten bleiben wie diese beiden auf Stufe 1 und Stufe 2 stehen.
Wer heute in Unternehmen oder im Staat etwas durchsetzen will, muss schwer darum kämpfen, dass er überhaupt irgendeine Aufmerksamkeit für seine Sache gewinnt. Es ist schon viel, wenn die Mehrheit der Angesprochenen schon einmal »etwas davon gehört« hat. Denken Sie an neue Gesetze, Reformen, Unternehmensstrategien oder die dauernden Aufforderungen, das Verhalten im Verkehr, im Kundenverhältnis oder bei der Mitarbeiterbetreuung zu verändern. Das meiste wird einfach als Kommunikationsgeblubber ertragen – so wie Regen und Schneematsch. Viele registrieren lediglich, dass da etwas Neues kommen könnte. Man weiß auch, dass das meiste scheitert und deshalb keine Aufmerksamkeit verdient. Nur wenige befassen sich ernsthaft mit der Materie, leiden aber inmitten der allgemeinen Ignoranz. »Die Masse ist träge.« Ganz wenige, wirklich ganz wenige agieren tatsächlich und eignen sich neue Kenntnisse so gut an, dass sie diese dann wirklich verwenden können. Zum Beispiel belegen viele einen Töpferkurs und haben dann Grundkenntnisse, aber nur wenige schaffen es bis zu den Fertigkeiten eines Gesellen! Die meisten Unternehmen verpflichten alle Mitarbeiter zu Lehrgängen in Unternehmensethik oder in emotionaler Intelligenz. Kaum jemand kommt dadurch auch nur auf Stufe 3. Alles bleibt vor der Stufe 3 oder allerspätestens vor Stufe 4 stehen. Ich will diese Kurse nicht total schlechtmachen. Immer wieder gibt es Fälle, in denen ein großes Aha-Erlebnis jemanden im Kurs zu einer größeren Veränderung im Leben verhilft – aber im großen Durchschnitt tut sich nichts.
Die verpflichtenden Lehrgänge und Kurse, die in Unternehmen etwas auf die Grundkenntnis-Stufe bringen sollen, werden ergänzt durch das Hochjubeln und Feiern von vorzeigbaren Vorbildern (»Role-Models«), die das, was gelernt werden soll, schon in besonderer Weise verkörpern und dadurch Erfolg haben. Zum Beispiel werden alle Ermahnungen an das männliche Management, Frauenkarrieren zu fördern und die Gleichstellung zu betreiben, mit der Präsentation erfolgreicher Frauen begleitet. Grundkurse, die auf Stufe 3 heben sollen, werden mit dem Vorzeigen von Beispielen aus Stufe 5 oder besser 6 garniert. In der Kirche wird also Moral gepredigt und ein Heiliger als Beispiel angeführt, wie es im besten Fall zu gehen hat.
Dadurch hofft man und erwartet eigentlich sogar, dass sich das ganze System auf Stufe 4 bis 5 bewegt. Das aber bedeutet schrecklich viel Arbeit! Ich kann durch Essen von Delikatessen noch lange nicht kochen! Ich kann durch Friseurbesuche noch lange nicht Haare schneiden! Ich werde durch Lesen der Bibel noch lange nicht meine Sünden los.
Wir denken immer, das Wissen um etwas würde schon helfen. Wer etwas weiß, kann es ja im Prinzip, denken wir. Das ist in Commodity-Berufen so. Im Premium-Bereich aber muss man wollen, fühlen, agieren, überreden,
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