Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
überzeugen, interessant sein, Neues zu bieten haben.
Professionelle Integration aller Intelligenzen
Humboldt 2.0
Unser heutiges Bildungssystem ist noch immer stark von Wilhelm von Humboldt geprägt, der in Preußen wirkte. Er schrieb in einem Bericht an den König von Preußen im Jahre 1809 die viel zitierten Sätze:
Es gibt schlechterdings gewisse Kenntnisse, die allgemein sein müssen, und noch mehr eine gewisse Bildung der Gesinnungen und des Charakters, die keinem fehlen darf. Jeder ist offenbar nur dann ein guter Handwerker, Kaufmann, Soldat und Geschäftsmann, wenn er an sich und ohne Hinsicht auf seinen besonderen Beruf ein guter, anständiger, seinem Stande nach aufgeklärter Mensch und Bürger ist. Gibt ihm der Schulunterricht, was hierzu erforderlich ist, so erwirbt er die besondere Fähigkeit seines Berufs nachher sehr leicht und behält immer die Freiheit, wie im Leben so oft geschieht, von einem zum andern überzugehen.
Kurz: Wir sollen so breit und allgemein gebildet werden, dass wir in Zeiten des Wandels auch in anderen Berufen arbeiten können. Seit dieser Zeit haben wir das deutsche Abitur, das die allgemeine Hochschulreife einschließt. Mit dem Bestehen des Abiturs haben wir die prinzipielle Kenntnishöhe erreicht, jede Wissenschaft studieren zu können. Die Schulbildung versorgt uns in diesem guten Sinne mit dem nötigen »Betriebssystem« für das ganze künftige Leben.
Diese Auffassung müssen wir angesichts des heutigen technologischen Wandels, der Globalisierung und der damit verbundenen Veränderungen in der Arbeitswelt unbedingt beibehalten, aber auf einen neuen Stand bringen. Die heutigen jungen Menschen werden in neue, sich ständig wandelnde Berufe hineinwachsen. Arbeitstechniken werden alle paar Jahre erneuert werden, wir alle müssen uns mit den Kulturen und Bildungsformen anderer Weltvölker auseinandersetzen. Die Innovationsgeschwindigkeit nimmt zu, wir müssen uns laufend »updaten« und selbst zu Erneuerungen beitragen.
Humboldts Forderung, dass wir die Freiheit brauchen und die Möglichkeit haben müssen, »von einem zum andern überzugehen«, ist heute aktueller denn je. Sie betrifft uns jetzt auch mehr oder weniger alle. Wir müssen eben nur das, was Humboldt für die klassische Bildung forderte, auf die professionelle Bildung ausweiten.
Wir müssen, um wieder in der Computeranalogie zu argumentieren, unser Bildungsbetriebssystem ganz gehörig »upgraden«. Im modischen Slang von heute: Wir brauchen Humboldt 2.0.
Es ist deshalb klar, dass ich jetzt fordere, dass wir neben den Kenntnissen auch die anderen Intelligenzen bilden sollen. Und ich habe Sie ja auch schon zu überzeugen versucht, dass wir diesen Weg gehen müssen . Aber es ist nicht so einfach.
• Verstehen wir schon allgemein die neuen Anforderungen zur Ausbildung aller unserer Intelligenzen?
• Wie integrieren wir verschiedene Intelligenzen in uns zu einem »Charakter«? »Ordnung« und »Kreativität« zum Beispiel stehen ja auch irgendwie gegeneinander . Wie wird aus allem Widerstrebenden ein Ganzes?
• Reicht es, die Intelligenzen einzeln auszubilden und auf eine von selbst stattfindende innere Zusammenfügung zu hoffen?
• Brauchen wir eine Erziehung zur professionellen Selbstentwicklung?
• Frontalunterricht zur Wissensvermittlung ist ökonomisch billig durchführbar, wie viel würde eine professionelle Bildung kosten? Wie würde sie aussehen?
• Können das Schule und Universität überhaupt leisten? Wie?
• Können Eltern, die selbst im Commodity-Bereich arbeiten, zu Professionalität erziehen?
• Was tun Unternehmen für die Professionalität der Mitarbeiter? Was könnten sie tun?
Um diese Fragen geht es mir im Folgenden. Ich bespreche jetzt die einzelnen Teilintelligenzen der Professionellen Intelligenz noch eingehender und komme danach zur Frage ihrer Integration.
Sechs Sinne für Professionalität
Man kann die verschiedenen Intelligenzen auch zum Vergnügen benutzen, beim Lesen von Romanen, beim Flirten oder zur Lösung letzter Fragen der Metaphysik. Das ist hier jedoch nicht das Thema! Es geht mir um deren Beschreibung ausschließlich als Teilintelligenzen der Professionellen Intelligenz. Ich sehe also jetzt alles unter dem Blickwinkel des Professionellen an.
Die verschiedenen Teilintelligenzen organisieren die Arbeit jeweils anders. Stellen Sie sich einfach vor, Ihre Abteilung bestünde ausschließlich aus hochintelligenten Managern, aus nur emotional Intelligenten, aus nur
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