Professionelle Intelligenz - worauf es morgen ankommt
Friedrichstadtpalast in Berlin geredet. Das Video ist im Netz bei YouTube. In den ersten paar Tagen sahen es sich schon über 10.000 Leute an. Wollen Sie es lieber so? Kapitel für Kapitel? Gegen eine kleine Gebühr auf der Homepage des Eichborn Verlages?
Vor denselben Fragen steht das Bildungssystem. Auf Konferenzen wie der re:publica fordern die begeisterten Digital Natives eine digitale Revolution im Bildungssystem (ich kann mich gerade noch beherrschen – ich wollte tippen: in Klassenzimmer und Hörsaal … braucht man die noch?). Digital Natives sind ganz überwiegend der Ansicht, man sollte sich den Lehrstoff im Internet aneignen und dann zusammen diskutieren und vom Lehrer gecoacht werden. Die klassischen Lehrer sind zum Teil empört.
Beide Seiten diskutieren hitzig, welche Methode sie besser finden. Im Grunde geht es aber darum, welche Methode bessere und effiziente Ergebnisse bringt. Auch das ist noch nicht der Punkt: Wir müssen ja auch die Bildungsinhalte verändern. Wir müssen mehr Zeitanteile für die Entwicklung unserer professionellen Fähigkeiten verwenden und wir lernen nicht mehr auswendig!
Wir werden die neuen Technologien mit großem Gewinn einsetzen können, zum Beispiel:
• Karaoke und Computerkomponieren statt Chorsingen!
• Erdkunde mit Google Earth!
• Alle Tiere und Pflanzen in einem Video-Wikipedia
• Supersprachkurse online – dazu Austauschschüler über Skype oder später ein »Video-Facebook«
• Geschichte in Kurzvideos über jedes Ereignis
• Personenbiografien als Videos
• Hörbücher und Videos für alle Opern und Dramen in allen Inszenierungen (Warum LESEN wir Dramen, wenn doch alle Aufführungen im Netz sind?)
Schüler könnten online Hausaufgaben machen und ebenfalls online am Abend eine Stunde lang die Lehrer um Rat fragen, die dann coachen würden …
Früher mussten wir als Grundschüler durch das ganze Dorf laufen und Inschriften über den Bauernhaustüren entziffern, später Gräser oder Blätter sammeln, die wir nicht unterscheiden konnten. Warum nicht Rallyes per Navi im Smartphone? Warum keine Gräsererkennung per Smartphone vor Ort?
In den nächsten Jahren wird sich alles, aber auch alles verändern. Nicht so schnell, weil die Lehrpläne und Prüfungsordnungen so inflexibel sind. Auch deshalb nicht so schnell, weil der Staub von Jahrhunderten weggeblasen werden muss. Die selbstgefühlte Rolle aller Erziehenden, Lehrenden und Herrschenden mutiert zum Helfenden und zum Entwickler.
Die Lehrer und Professoren sind nicht mehr das Tor zur Bildung. Die Portale der Bildung sind mehr und mehr im Netz. Die Schüler und Studenten brauchen dann allerdings richtig gute Reiseführer in der virtuellen Welt.
Ich drücke mich jetzt ein bisschen, konkrete Vorhersagen über das Bildungssystem zu machen. Die meisten diskutieren ja heute noch so etwas wie »Lehrbücher im Netz« als kontroverses Thema. »Soll man alle Bücher auf dem iPad/Kindle oder dergleichen lesen?« Dabei müssen wir eigentlich nachdenken, ob wir im Netz und auf dem Computer andere Bildungsinhalte ganz anders als heute vermitteln können! Wir können dort Kreativität entwickeln und Lehrinhalte zu »Gefühlen« und »Konflikten« in Videoformen vermitteln. Wir können den ästhetischen Sinn ganz anders ausbilden und alles um Aufmerksamkeitserregung herum lehren … Die Neuen Medien bieten den Zugang zu allen xQs, die wir bisher nicht richtig entwickeln.
Das Netz ist immer bei uns. Wir können viel mehr lernen, aber wir brauchen – wie gesagt – dann auch viel Zeit für uns als zu trainierendes oder zu coachendes Individuum.
Alle Exzellenz ist im Netz zu sehen
Das Netz zeigt heute schon fast alle Vorbilder, alles Beste, Optimale, Prachtvolle, Schönste oder Intelligenteste.
Als ich in den 60er-Jahren das Gymnasium besuchte, mussten wir eine Rowohlt-Monografie über eine berühmte Person kaufen, um etwas über sie zu erfahren. Ich habe hier neben mir eine schöne Kollektion stehen, die ich eigentlich nicht mehr brauche. Stimmt, sie könnte weg. Ich schaue heute ganz sicher bei Wikipedia nach und lese dann noch zehn weitere Artikel. Wenn ich mich früher für etwas interessierte, musste ich warten, bis auf einem von drei Fernsehprogrammen etwas Wissenswertes gezeigt wurde. Das saugte ich auf.
Im Hildesheimer Bahnhof gibt es noch heute eine Schülerbibliothek, da standen damals vielleicht an die 10.000 Bücher! Als Fahrschüler kam ich dort oft vorbei und wartete auf den Bus nach Groß
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