Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Professor Bingos Schnupfpulver

Professor Bingos Schnupfpulver

Titel: Professor Bingos Schnupfpulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
Vom Netzwerk:
Seine Dienstwaffe steckte in einem Lederhalfter in seiner rechten Gesäßtasche. Ein Halfter unter dem Arm konnte er nicht ausstehen. Dieser Pettigrew sah zwar nicht aus wie einer, den man mit einem Revolver im Schach halten mußte, aber man konnte nie wissen ...
    »Um welche Zeit? Ich erinnere mich nicht. So gegen Mittag.«
    »Wohin sind Sie gegangen?«
    »Spazieren. Ich ging eine Weile in den Hollywood-Friedhof. Meine erste Frau liegt dort begraben.«
    »So, Ihre erste Frau«, sagte Waldman wie beiläufig. »Haben Sie eine Ahnung, wo sich ihre jetzige Frau aufhält?«
    »Vielleicht ist sie mit dem Mieter ausgegangen. Mann namens Porter Green«, sagte Joe Pettigrew mit ruhiger Stimme.
    »Einfach ausgegangen, wie?« fragte Waldman.
    »Einfach ausgegangen.« Joe Pettigrews Blick fiel wieder auf den Fußboden, dorthin, wo die Kreidestriche waren und der dunkle Fleck auf dem Teppich. »Wenn die Herren mir jetzt sagen würden –«
    »Gleich«, unterbrach ihn Waldman mit einer gewissen Schärfe. »Hatten Sie einen Grund, die Polizei anzurufen? Von hier aus oder von unterwegs?«
    Joe Pettigrew schüttelte den Kopf. »Solange die Nachbarn sich nicht beschwerten, warum hätte ich das tun sollen?«
    »Verstehe ich nicht«, sagte Rehder. »Von was spricht er überhaupt?«
    »Ziemlich viel Lärm, den die beiden machten, nicht wahr?« fragte Waldman. Er hatte den Sinn von Joe Pettigrews Worten mitbekommen.
    Wieder nickte Pettigrew. »Aber sie ließen die Fenster geschlossen.«
    »Und verriegelt?« fragte Waldman.
    »Wenn ein Polizist damit beginnt, spitzfindig zu werden«, entgegnete Joe Pettigrew mit ebenso ruhiger Stimme wie der Lieutenant, »dann fängt die Sache an lustig zu werden. Woher soll ich wissen, ob die Fenster verriegelt waren?«
    »Falls es Sie stört, unterlasse ich die Spitzfindigkeiten, Mr. Pettigrew.« Waldman lächelte jetzt sehr verbindlich. »Die Fenster waren tatsächlich verriegelt. Das war der Grund, warum die Streifenbeamten die Scheibe zerschlagen mußten, um ins Haus zu gelangen. Jetzt dürfen Sie mich fragen, warum Sie einsteigen mußten, Mr. Pettigrew.«
    Joe Pettigrew blickte ihn an, ohne mit der Wimper zu zucken. Antworte nicht, dachte er, dann sagen sie es dir von sich aus. Eines werden sie gewiß nicht tun: aufhören zu reden. Sie hören sich gern reden. Er sagte also nichts, und Waldman fuhr fort:
    »Jemand hat die Polizei angerufen und gesagt, er habe in diesem Haus einen Schuß gehört. Wir glaubten, diese Person seien Sie gewesen. Wir wissen nicht, wer es war. Die Nachbarn bestreiten, etwas gehört zu haben.«
    Jetzt haben wir den Punkt erreicht, dachte Joe Pettigrew, wo du einen Fehler machen kannst. Ich wünschte, ich könnte mich mit Joseph unterhalten. Meine Gedanken sind klar. Ich fühle mich völlig auf der Höhe, aber die beiden Kerle sind nicht auf den Kopf gefallen. Besonders der mit der sanften Stimme und den traurigen Augen. Netter Bursche, aber auf Draht.
    Ich komme heim, und die Polizei ist im Haus, und jemand hat angerufen und einen Schuß gemeldet, und das Fenster ist eingeschlagen, und die Räume haben sie durchsucht. Und der Fleck da könnte Blut sein. Und die Kreidestriche könnten den Umriß eines Körpers darstellen. Und Gladys ist nicht hier, und Porter Green ist nicht hier. Also, wie würde ich reagieren, wenn ich völlig ahnungslos wäre?
    Vielleicht ist es mir gleichgültig. Das wäre vermutlich richtig. Es ist mir völlig gleichgültig, was die beiden Vögel denken. Denn wenn es mir einfallen sollte, nicht mehr hier sein zu wollen, dann bin ich auch nicht mehr hier. Moment mal. Damit wäre wenig geholfen. Es geht um Mord und Selbstmord. Das muß es sein, weil es etwas anderes nicht sein kann. Auf diese Chance verzichte ich nicht. Wenn es sich um Mord und Selbstmord handelt, dann habe ich nichts dagegen, hier zu sein. Mir kann nichts passieren.
    »Gemeinsam begangener Selbstmord«, sagte er laut und ein wenig nachdenklich. »Porter Green schien mir allerdings nicht der Typ dafür zu sein. Gladys – meine Frau – auch nicht. Zu oberflächlich und zu selbstsüchtig.«
    »Niemand hat etwas davon erwähnt, daß jemand tot ist«, sagte Rehder in rauhem Tonfall.
    Typisch Polizist, dachte Joe Pettigrew. Wie im Film. Von dem ist nichts zu befürchten. Kann es nicht vertragen, wenn jemand eigene Vorstellungen hat oder Schlußfolgerungen zieht. Habe schon lange keine so dämliche Bemerkung mehr gehört. Laut sagte er:
    »Wie deutlich müssen die Umstände denn noch

Weitere Kostenlose Bücher