Professor Bingos Schnupfpulver
war. Man folgte ihr und stellte dann fest, daß sie nirgendwo hinführte und in einem Hof mit einem bissigen Hund endete. Wenn man dann sehr schnell reagierte und sehr viel Glück hatte, versetzte man dem Hund einen Tritt dorthin, wo es weh tat, und ging den Weg zurück, den man gekommen war.
Seine Hand glitt in die Tasche, und seine Finger berührten das Päckchen mit Professor Bingos Erzeugnis; das Päckchen war zerdrückt und sein Inhalt zum Teil verstreut, aber man hätte ihn noch benützen können, wenn er Verwendung dafür gehabt hätte, was jetzt unwahrscheinlich war.
Schade, daß die Adresse auf Professor Bingos Karte nicht gestimmt hatte. Joe Pettigrew würde ihm gern einen Besuch abgestattet und ihm den Kragen umgedreht haben. So einer konnte in der Welt großen Schaden anstellen, größeren Schaden, als ihn hundert Porter Greens verursachten.
Aber ein Mann wie Professor Bingo, der nie um ein Mittel oder einen Ausweg verlegen war, würde das im voraus wissen. Selbst wenn er ein Büro hatte, würde man ihn nicht finden, es sei denn, er wollte gefunden werden.
Joe Pettigrew machte sich auf den Weg.
10
Lieutenant Waldman sah ihn und erkannte ihn, als er noch drei Häuser weit von seinem Haus entfernt war. Er sah genauso aus, wie Waldman es erwartet hatte: hageres Gesicht, sauberer grauer Anzug, aufrechte Haltung und ausgewogener Gang. Größe, Gewicht und Körperbau stimmten mit den Schätzungen überein.
»Es ist so weit«, sagte er und stand von dem Stuhl neben dem Fenster auf. »Keine Grobheiten, Max. Lassen Sie ihn reden.«
Sie hatten den Dienstwagen ein Stück entfernt in einer Seitenstraße abgestellt. Auf der Straße war es wieder ruhig. Von Aufregung keine Spur.
Joe Pettigrew trat auf den betonierten Weg und kam zur Veranda herauf. Auf halbem Wege blieb er stehen, zog das Taschenmesser heraus und betrat den Rasen. Er bückte sich und schnitt eine Löwenzahnstaude dicht über der Wurzel ab. Er klappte das Messer wieder zu, nachdem er es am Gras abgewischt hatte, und steckte es in die Tasche. Die Löwenzahnblätter warf er hinüber an die Hausecke, wo die Männer im Haus sie nicht sehen konnten.
»Das versteh' ich nicht«, sagte Rehder im Flüsterton. »Es ist völlig ausgeschlossen, daß der heute jemand kaltgemacht hat.«
»Er kann das Fenster sehen«, sagte Waldman und zog sich in den Schatten zurück, ohne sich jedoch allzu hastig zu bewegen.
Man hatte das Licht ausgeschaltet, und das Radio spielte schon lange nicht mehr. Joe Pettigrew blickte zu dem Fenster mit der zerbrochenen Scheibe hinüber, das der Stelle genau gegenüber lag, wo er auf dem Rasen stand. Mit raschen Schritten ging er auf die Veranda hinauf und blieb wieder stehen. Er streckte die Hand aus und zog das Insektengitter weit genug zur Seite, um erkennen zu können, daß es lose war. Er ließ das Gitter los und richtete sich auf. Ein seltsamer Ausdruck trat auf sein Gesicht. Dann wandte er sich schnell der Tür zu.
Die Tür ging auf, als er sie erreichte. Waldman stand in der Öffnung und blickte ihn ernst an.
»Sie sind vermutlich Mr. Pettigrew«, sagte er höflich.
»Ja, ich bin Pettigrew«, kam die Stimme aus dem ausdruckslosen Gesicht. »Und wer sind Sie?«
»Polizei, Mr. Pettigrew. Ich heiße Waldman. Lieutenant Waldman. Kommen Sie bitte herein.«
»Polizei? Ist eingebrochen worden? Das Fenster –«
»Nein, kein Einbruch, Mr. Pettigrew. Wir werden Ihnen alles erklären.« Er machte Platz, und Joe Pettigrew trat an ihm vorbei ins Haus. Er nahm den Hut ab und hängte ihn an den Haken, wie er das immer tat.
Waldman trat von hinten an ihn heran und tastete seinen Körper mit den Händen ab.
»Tut mir leid, Mr. Pettigrew, aber das gehört zu meinen Pflichten. Das ist Sergeant Rehder. Kriminal-Außenstelle Hollywood. Gehen wir ins Wohnzimmer.«
»Das ist nicht unser Wohnzimmer. Dieser Teil des Hauses ist vermietet.«
»Wissen wir, Mr. Pettigrew. Aber setzen Sie sich und bleiben Sie ruhig.«
Joe Pettigrew setzte sich und lehnte sich zurück. Seine Blicke suchten den Raum ab. Er sah die Kreidestriche und die Spuren des Talkumpuders. Er beugte sich wieder nach vorn.
»Was ist das?« fragte er in scharfem Ton.
Waldman und Rehder blickten ihn mit unbewegter Miene an. »Um welche Zeit haben Sie heute das Haus verlassen?« fragte Waldman, wobei er sich entspannt zurücklehnte und sich eine Zigarette anzündete.
Rehder saß nach vorn gebeugt fast auf der Sesselkante. Seine Rechte ruhte locker auf dem Knie.
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