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Professor Mittelzwercks Geschöpfe

Professor Mittelzwercks Geschöpfe

Titel: Professor Mittelzwercks Geschöpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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fragst niemand, bestimmst einfach! Ob auch K. abzuwählen sei und ob er, wenn es ihm einfiele, sein Amt hinschmeißen würde, erkundige ich mich.
    Bei mir ist es was anderes, sagt er, ich bin ja der natürliche Stammvater dieser neuen Republik.
    Es läßt sich nicht verheimlichen: die Elektronic-Miezen, die Versorgungskräfte, Bewährungstechniker, die Psychoschwestern, die Info-Koordinatorin, die Kop ilotin, die Raumschiffkommandan tin, die Psychol o gin und die Versagensforscherin Dr. Friedlinde Freund – alle sind guter Hof f nung durch meinen tüchtigen Versager Emil Erasmus K. und mir geht es nicht anders. Warum hat niemand von uns auf dieser langen Reise Verh ü tungspralines gegessen? Im Arzneicontainer waren keine. Ein menschliches Versagen? Man konnte die Entschuldigung vorbringen, im Heilplan seien für unsere amtlich anerkannten Versagertypen sexartige und fortpflanzerische Bewährungsproben nicht enthalten. Wir hätten in den fünf Patienten nur die spezielle Versagerpersönlichkeit gesehen.
    Die vier, die ihre Freizeit mit Krieg-der-Welten-Spiel totschlugen, rech t fertigten das auch. Wer hätte sich auf einen Emil Erasmus K. einrichten können? Ein K-Verhalten war nicht vorgesehen. Haben wir versagt?
    Wohl ober übel müssen wir uns bewähren und, wie Emil Erasmus K. sich ausdrückt, die ersten Kinder der i. Kosmischen Versagerrepublik das grüne Licht des Schreckenssterns erblicken lassen. Doch vorerst muß ich schre i ben, was mir der Stammvater diktiert:
     
    aufruf
     
    an alle versager himmels und der erden! wir haben die versagerkrankheit, geissel der menschheit, überwunden! in unserer republik wird es sie nicht mehr geben, weil es hier keinerlei motiv für ein versagen gibt und auch nie geben wird!
     
    Ich würde das so kategorisch nicht behaupten, wage ich einzuwenden.
    Schreib, was ich dir diktiere, sagt er, und halt den Mund!
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Die Abendbetrachtung:
    Großvater und Enkel über
    Fa und Cre
     
     
    Zuverl. phantasieloser, absol. initiativloser,
    undynamischer Typ, auch rüst. Rentner, für
    gesellschaftl. wichtige Aufgabe dringend
    gesucht. Gute Bez. u. Sonde r vergünst. garant.
    Nur ernstgem. Zuschr. an VII /3876-771
     
    So geht es nun auf allen Seiten, sagte Herr Filip Nostal, und zwar seit Wochen. Zum Beispiel dieses Inserat steht schon seit Ostern drin. Dick eingerahmt, orange und außerdem in Leuchtschrift. Trotzdem meldet sich keine einzige phantasielose Menchenseele und wird sich auch nicht melden.
    Wenn ich nachts durch die Straßen rutsche, um mal ein kleines Bier zu trinken, verfolgen und blenden mich die Hilferufe.
     
    Stellen sofort ein:
    Frauen und Männer ohne Kreativität.
    Ärztliche Bescheinigung erwünscht.
    Partner für friedliches
    phantasiefreies, vollkommen einfallsloses
    Zusammenleben gesucht. Vorbedingung:
    Interesse für nichts.
     
    Die Texte drehen sich als Feuerräder, Buchstaben streuen sich ster n schnuppenartig aus und setzen sich zusammen, Bildwerbung kriecht über jede zweite Wand. Ein dickes Männchen in einem aufgepumpten Sessel, umgeben vo n kindischen Trickitrackiwackel bildern, von Naschi-Töpfchen und buntglasierten weiblichen Strukturen: so fein lebt Papi, weil er nac h weisbar absolut phantasiefrei ist.
    Herr Filip Nostal fragte seinen Enkel, der auf dem Teppich Brennversuche unternahm, wobei er ohne irgendeine Vorlage e in kompliziertes Muster zu kokel n anfing: Gib ehrlich zu, du kannst dir auch nicht vorstellen, wie man es macht, ein Mensch ohne jede Phantasie zu sein. Aber du wirst mir z u stimmen, so wie es gegenwärtig geht, kann es nicht weitergehen, die Kat a strophe kündigt sich schon an.
    Der Enkel des Herrn Nostal sagte, ohne von seiner Arbeit aufzublicken: Dein Jammern kommt daher, daß du als Kind in anderen Verhältnissen gelebt hast. Nun stellst du dauernd Vergleiche an. Ich kenne nur die Schi l derungen der Geschichtsbücher, denen mißtraue ich genauso wie deinen rührseligen Erzählungen, wie phantasielos dein Vater und dein Großvater gewesen seien und wie sie große Schwierigkeiten fürchteten, weil du das erste hochkreative und hochphantasiegeladene Kind in der Familie warst. Dann aber hätten sie sich doch gefreut. Du hättest dauernd etwas dynamisiert, etwas zerbastelt, sie hätten sich nicht mehr so stark gelangweilt. Natürlich hätte es auch Mißverständnisse gegeben, weil du beständig etwas

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