Professor Mittelzwercks Geschöpfe
Wirken der lieben Freunde der ehrwürdige Dom erhalten werden konnte.
Er verlangte hechelnd, daß dies im Text zu meinem Fotobuch erwähnt werde und forderte die Vorlage des Manuskripts, in dem ausdrücklich st e hen müsse, daß einzig (auf dieses einzig legte er besonderen Wert) durch ihre Arbeit und Mitwirkung der Text sowie der ganze Fotoband zustande kommen konnte. Nachdem ich dies versprochen hatte, ließen sie mich endlich in Ruhe fotografieren, nach einigen immer wieder auftauchenden Schwierigkeiten, aber sie ließen mich. Die Vorverhandlungen hatten ein Jahr und siebzehn Tage gedauert; während dieser Zeit zernagten und zermahlten die Homopoden an der Bratstelle vorm Dom die Koteletts und schlürften laut die Milch in sich hinein und danach kopulierten sie.
Professor Schwertlich hatte mir geraten, den Homopoden nicht zu sagen, wann ich für immer abfahren wollte. Ich sollte, wenn ich zum letzten Mal ins Boot steigen würde, so tun, als käme ich wieder, vielleicht auch einiges entbehrliche Gerät dortlassen, sonst würde ich Gefahr laufen, daß sie mich noch zum Abschied beißen würden. So glaubten sie, als ich abstieß, ich würde neue Koteletts holen, versammelten sich zu Tausenden am Ufer und warteten auf meine Wiederkunft. Ich beobachtete durchs Fernrohr, wie sie in ansteigenden Reihen auf der Uferböschung hockten und auf das Boot, das ihnen Koteletts bringen sollte, warteten. Dort sind sie dann verhungert, und wenn der Wind herüberwehte, rochen wir ihren Aasgeruch.
Später, als wir annehmen konnten, sie wären ausgestorben, denn selber konnten sie sich nicht ernähren, fuhren Professor Schwertlich, Eberhard Schwand und ich hinüber. Nur selten begegnete uns ein elend hinkendes Exemplar, das dem Tode nahe schien. Bevor der Dom nun gründlich re s tauriert werden konnte, mußten vor allem die Homopoden herausg e schafft werden, die sich am Kriegerdenkmal und am Altar zum Sterben hingelegt hatten und dort verwesten.
In einigen verfallenen Häusern entdeckte ich noch Homopoden. Die Türen waren meist zerbrochen, so daß es zog, die Fenster waren auch zerbr o chen, an manchen hingen noch Fetzen von Gardinen, die Homopoden selbst krochen vor Kälte und Hunger in die Schränke und hatten dort ihr Lager. Trat ich in so ein ehemaliges Zimmer, schien es, als wäre es unb e wohnt, die Stühle zerkracht, die Teppiche zerfetzt, doch dann bewegte sich in einer Schrankwand die untere Tür, ein Homopode steckte seine Schna u ze heraus, und dort inmitten alter Tischdecken und Kissen wohnte er, die Tür stieß er mit seiner Schnauze auf, seine Greifwerkzeuge waren ja ve r kümmert und kaum zum Stoßen zu gebrauchen, doch gar nicht, um etwas festzuhalten. Ich hatte auch diesmal einige Koteletts bei mir, jedes in eine weiße Damastserviette eingewickelt, und wieder legte ich sie hin. Nicht hinwerfen, hatte mir Schwertlich damals eingeschärft, das beleidigt sie. Der sich im Schrank aufhaltende Homopode kroch hervor und legte seine Kümmerpfoten drauf und fing an, mit den Zähnen den Knochen abzure i ßen, das Fleisch zu mahlen, wobei vor seine Lippen Schaum trat. Als ich mich in dem Zimmer umsah, erblickte ich einen Haufen beschmutzter, ehemals weiß gewesener Servietten, auch das Gelaß im Schrank war voll davon. Nur einige stärkere Individuen, die Koteletts zwischen den Zähnen hatten fortschleppen können und sie gehamstert hatten, schienen noch am Leben. Zwar glaubte ich in einem jener Homopoden, die ihre Schranktür mit der Schnauze aufgestoßen hatten, den Propos zu erkennen, doch sicher war ich nicht und fragen wollte ich nicht, ein inneres Taktgefühl hielt mich zurück, denn eigentlich glichen sie sich mehr als vorher, sie waren die Reste einer schlammfarbenen Masse.
Ich kann es nicht verstehen, sagte Eberhard Schwand, als wir uns an der alten Bratstelle am Dom zu einem Gespräch zusammenfanden, daß ni e mand vorher daran gedacht hat, die Homopoden auszuhungern. Ja, auf das Einfachste kommt man zuletzt, doch wer soll nun die ekelhafte Säub e rungsarbeit leisten?
Professor Schwertlich meinte, es gebe Spezialtrupps zur Reinigung ve r seuchter Territorien, da liege das Problem nicht, die Frage sei, ob man das Leben der letzten noch verbliebenen Homopoden erhalten solle oder nicht, sie könnten doch eine ständige Mahnung sein, mit Wissenschaft und Tec h nik vernünftig umzugehen.
Schwand meinte, dazu genügten schon die eingelegten Exemplare im Museum, man sollte das Leben der letzten Homopoden beenden,
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