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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht eines Morgens aufwachen und eine Vorladung zur Plaza de Toros serviert bekommen, wie Sie’s mit dem alten Harris gemacht haben.«
    »He, Harris war ein Versager.«
    »Yeah, auch kein toller Messerkämpfer, selbst für einen Gringo.« Lopez legte ein hässliches Grinsen auf, aber es lag auch etwas Verzweifeltes darin, um die Augen herum. »Wenn ich mal in das Alter komme, will ich längst raus sein aus diesem Scheißgeschäft. Ich leiste doch gute Arbeit für Sie, Chris. Oder?«
    »Ja. Klar.« Chris runzelte die Stirn. Diese Offenherzigkeit war nicht das, was er hier gebrauchen konnte, und Schwäche schon gar nicht. Die nackte Sorge im Tonfall des Kommissionärs berührte ihn in Regionen, die er längst abgeriegelt zu haben glaubte.
    Und dabei hat noch nicht mal das Brutale-Offenheit-und- Scheißeaufrühren mit Barranco angefangen. Meine Fresse.
    »Ich meine, ich hab alles gemacht, was Sie verlangt haben, oder? Ich hab alles arrangiert, was Sie brauchten und wann Sie es brauchten, stimmt’s?«
    »Das wissen wir doch beide.« Er überlegte fieberhaft, in welche Richtung er die Sache steuern sollte. Vielleicht…
    »Ich weiß, in der NAME hab ich die Nerven verloren, dafür schulde ich Ihnen noch…«
    »Joaquin, Sie müssen diesen Scheiß endlich mal vergessen.« Chris ging an die Minibar. Transportierte Flaschen und Eis aus dem Kühlfach zu einem Tisch, während er weiterredete. »Verstehen Sie doch, das Problem lag auf unserer Seite. Das hab ich Ihnen erklärt, und ich hab Ihnen auch erklärt, dass wir uns um unsere Leute kümmern. Überlegen Sie doch mal. Herrgott, falls Sie mir nicht trauen, denken Sie an die Logistik der Angelegenheit. Hätte ich Sie da rausgeholt, mit allen Kosten, die das für uns verursacht hat, nur damit ich Sie sechs Wochen später abservieren kann?«
    »Ich weiß nicht, Chris. Ist es so?«
    »Joaquin, ganz im Ernst jetzt. Sie müssen wirklich was einnehmen.«
    »Sie kennen doch Mike Bryant, oder?«
    Chris hielt inne, ein Glas in jeder Hand. »Ja, er ist ein Kollege, passen Sie also auf, was Sie als Nächstes sagen.«
    »Sie wissen, dass er momentan ein Mercosur-Portfolio betreut? Die Kontakte laufen über Carlos Caffarini von Buenos Aires aus?«
    »Ja, hab ich gehört. Wusste nicht, dass es Caffarini ist, aber…«
    »Ist es auch nicht mehr«, sagte Lopez schroff. »Letzte Woche hat Bryant Caffarini rausgeschmissen, weil es Call-Center-Streiks in Santiago gab, und die hatte er nicht vorausgesehen. Oder vielleicht hatte er sie für nicht so bedeutsam gehalten. Jetzt liegt er in der Intensivstation und wird künstlich beatmet, bis sein Krankheitsschutz ausläuft, und irgendein Scheißsiebzehnjähriger managt das Portfolio für ein Viertel des alten Honorars. Es waren nur Streiks, Chris. Missbrauch von Arbeiterinnen durch leitende Angestellte, lokal begrenzte Aktionen, keine politischen Forderungen. Ich hab’s nachgeprüft.«
    Chris stellte sein Glas ab und seufzte. Lopez beobachtete ihn.
    Verdammt, Mike, warum kannst du nicht einfach.
    »Sehen Sie, Joaquin. Streiks können außer Kontrolle geraten, egal, mit welcher Begründung sie ursprünglich begonnen werden. Reed & Mason, Lehrstoff aus dem ersten Kapitel. Ist Ihnen doch bekannt.«
    »Ja.« Der Amerika-Vertreter hatte wieder die manischen Schwingungen in der Stimme. »Dann sagen Sie mir eins, Chris. Was passiert mit mir, wenn ein Streik auf einer bestimmten Bananenplantage in der Nähe von Bocas außer Kontrolle gerät?«
    Chris sah ihn an.
    »Nichts.« Er sah Lopez fest in die Augen, während die Antwort einsickerte. »Okay? Verstanden? Nichts passiert mit Ihnen.«
    »Sie können mir keine…«
    »Ich bin nicht Mike Bryant.«
    Die Schärfe in seiner Stimme kam ganz unvermittelt, schockierte sie beide. Er ging sofort dagegen an, beschäftigte seine Hände mit den Getränken. Er warf Eiswürfel in zwei Gläser, goss Rum darüber und rührte um. Dann sprach er leise weiter.
    »Hören Sie. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was Sie für uns getan haben, und es ist mir scheißegal, was in Medellin war. Vergessen Sie Caffarini und alles, was in Buenos Aires oder Santiago abgeht. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass Sie hier fest im Sattel sitzen. Und darauf wollen wir jetzt trinken, Joaquin, denn wenn Sie nicht bald mal runterkommen, dann kippen Sie mir noch aus den Latschen. Kommen Sie, das hier ist überprozentiger Rum auf Spesen.«
    Er hielt ihm das Glas hin. Nach einigen Sekunden griff Lopez zu. Lange starrte er in seinen Drink, dann hob er

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