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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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ganze Fahrt über hielt er eine einzelne ummantelte Gewehrpatrone in der Hand, rollte sie in seinen Fingern hin und her wie eine Zigarre. Sein Gesichtsausdruck ermunterte weder zur Unterhaltung noch zu irgendwelchen Nachfragen. Er sah aus, dachte Chris in einer morbiden Anwandlung, wie ein Mann, dem man gerade eben mitgeteilt hat, dass er an einer Krankheit leide, für die kein Heilmittel bekannt sei.

 
ZWEIUNDDREISSIG
     
     
    Sie setzten Barranco beim Hilton ab und wollten gerade weiterfahren, als der Sicherheitsalarm am Eingang in Gestalt von grellbunten LEDs und nasalem, eselsartigem Schreien losbrach. Immer noch tief in Gedanken versunken, war der Kolumbianer mit der AK-Patrone in der Hand durch die Abtastschranke gelaufen. Chris sprang die Stufen zum Eingang hoch, um die Sache auszubügeln, klopfte anschließend Barranco auf die Schulter und empfahl ihm, sich ein bisschen auszuruhen. Er werde am nächsten Morgen um neun zu ihm kommen, um Vertragsangelegenheiten zu besprechen. Dann wälzte er sich in den BMW zurück, und sie glitten hinaus in den spärlichen Verkehr. Mike umkurvte Marble Arch und nahm die Oxford Street Richtung Osten. Am Himmel immer noch jede Menge Licht.
    »Irgendwas essen gehen?«, fragte Mike.
    »Klar, warum nicht.«
    »Nudeln?«
    »Klingt gut.« Chris stieß mit dem Daumen nach hinten, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Glaubst du, er ist okay?«
    »Barranco? Ja klar. Nur ein bisschen verstört. Hat sicherlich noch nie so viele Waffen auf einem Haufen gesehen.«
    »Ich weiß nicht. Er sah nicht sehr glücklich aus.«
    Mike schnaubte. »Na, er sollte es weiß Gott sein. Das war die größte Kreditkartenzahlung, die ich je gemacht hab.«
    »Hast du gestern kein Spielzeug für Echevarria gekauft?«
    »Auf Rechnung.« Mike grinste ihn an. »Sechzig Tage Rücktrittsfrist.«
    »Lässt du das Zeug auch über Sally Hunting laufen?«
    »Auf keinen Fall. Totale Trennung der Vorgänge, denk dran.
    Überhaupt, Sally kriegt erst dann Provision, wenn Geld eingeht. Wollen doch nicht…«
    Das BMW-Telefon leuchtete auf, ein Dringlichkeitsanruf. Mike bedeutete Chris, still zu sein, und meldete sich.
    »Ja, Bryant.«
    »Mike, Troy hier. Die Sache mit Faulkner, wo ich mich erkundigen sollte? Da hat sich was ergeben.«
    »Ja, gut, er ist gerade hier bei mir, Troy. Lass hören.«
    Es entstand eine Pause. »Sollten uns lieber treffen. Ich möchte nicht über diese Leitung reden. Könnt ihr zu mir kommen?«
    Mike sah ihn fragend an. Chris nickte.
    »Sind schon unterwegs.«
     
    Troys Haus wirkte seltsam still im frühen Abendlicht. Chris brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass er sich von der Erinnerung an seinen letzten Besuch leiten ließ, als die Party in vollem Gange war. Entschlossen hielt er die ihn ankommende Paranoia nieder und folgte Mike zur Haustür.
    Die Sorge zeichnete sich offenbar auf seinem Gesicht ab. Mike grinste ihm aufmunternd zu.
    »Wird schon«, sagte er.
    Troy Morris betätigte die Securicam, bevor er die Tür öffnete, ließ sie eilig eintreten, als sei ein Sturm im Anmarsch, und war erst wieder ansprechbar, nachdem er sämtliche Riegel und sonstigen Sicherheitsvorkehrungen in Stellung gebracht hatte. Der Einbruchsschutzregler setzte sich mit einem Heulton sofort wieder in Alarmbereitschaft. Mike sah Chris an und lüpfte eine Augenbraue.
    »Sind wohl ein bisschen schreckhaft, wie?«
    »Kommt am besten gleich durch«, sagte Troy. »Möchte euch jemandem vorstellen.«
    Im Wohnzimmer saß ein hagerer Schwarzer von Anfang zwanzig ruhelos zappelnd in einem von Troys Sesseln. Er hatte eine Narbe am Unterkiefer, und seine Kleidung verriet, dass er Mitglied einer Zonengang war. Er nahm die Neuankömmlinge ohne große Begeisterung in Augenschein.
    »Das ist Marauder«, machte Troy bekannt. »Marauder, dies ist Mike Bryant. Chris Faulkner. Freunde von mir.«
    »Yeah, yeah. Wie auch immer.«
    »Mike, Chris, setzt euch doch. Was zu trinken?«
    Mike Bryant nickte, wobei seine Aufmerksamkeit aber vornehmlich Marauder galt. »Schluck von dem polnischen Wodka, den du im Kühlfach hast. ’n kleinen.«
    »Chris? Single Malt, stimmt’s?«
    »Ja, wenn du hast. Danke.«
    »Aberlour oder Lagavulin? Ich hab auch irischen.«
    »Lagavulin ist gut. Ohne Eis.«
    »Marauder?«
    Der Gangsta rollte langsam einmal den Kopf hin und her. Er sagte nichts. Troy ging achselzuckend in die Küche. Die anderen saßen da und warteten.
    Das Schweigen dehnte sich.
    »Zu wem gehörst du?«, fragte Mike

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