Programmierung ausgeschlossen
menschliches Dazutun in die eigene Hand zu nehmen. Wir hatten dies daraus geschlossen, daß keine der startbereiten Einheiten selbsttätig – oder vielmehr von NEWTON ferngesteuert – aufgestiegen war, obwohl die drei Fahrzeuge der Orghs sich dem Mars bereits bis auf bequeme Feuerweite genähert hatten. Der Start war erst erfolgt, als unsere Besatzungen auf die Knöp fe drückten, von denen sie mit viel Zuversicht und ohne jegliches Wissen behaupten zu können glaubten, daß sie der Starteinleitung dienten.
So etwa war unser Gedankengang gewesen. NEWTON verstand nichts von der Praxis der Raumschiffahrt. Er konnte Raumschiffe nicht fernbedienen, und er verstand es nicht, uns in ihrer Bedienung zu unterrichten. Der Trubel der vergangenen Wochen und Monate war so hektisch gewesen, daß kaum jemand dazu gekommen war, über diesen Fragenkomplex weiter nachzudenken.
Nur mich hatte der Gedanke nicht losgelassen. Und jetzt, da ich mich ernsthaft mit ihm zu befassen begann, kam ich zu dem Schluß, daß unsere bisherigen Überlegungen mancherlei Lücken aufwiesen. Es war schlechthin unvorstellbar, daß NEWTON, der Alleswisser, ausgerechnet über die marsianische Raumfahrt so schlecht Bescheid wußte. Es war fast ebenso unvorstellbar, daß NEWTON, der sonst auf jede Lebensäußerung dieses Planeten Einfluß zu nehmen verstand, nicht in der Lage sein sollte, Raumschiffe zu starten und sie einem gefährlichen Gegner entgegenzusenden.
Gesetzt den Fall aber, er verstand wirklich all das, was ich ihm unterstellte, wie ließ sich sein Verhalten dann erklären? War er nicht daran interessiert, uns beizustehen? Es gab Hinweise, die in eine gänzlich andere Richtung zeigten. Hatte er nicht die Position der Versorgungswelt für uns ermittelt, ohne daß er darum gebeten worden wäre?
Gut, konnte man fragen, warum gibt er uns dann nicht auch die Mittel in die Hand, den Versorgungsplaneten sicher und ohne Zeitverlust zu erreichen?
An dieser Frage hing alles. NEWTON war bereit, uns bis zu einem gewissen Maße zu helfen, uns ein gewisses Stück des Weges entgegenzukommen. Den Rest überließ er uns.
Warum?
Ich konnte mir nicht helfen … meine Gedanken kehrten immer wieder zu der Möglichkeit zurück, daß es sich bei NEWTONS seltsamem Verhalten um eine Art Prüfung handeln müsse. Er hatte Hannibal und mich und Aich als befehlsberechtigt anerkannt, als Nachfolger seiner Erbauer. Bedingungslos? Wohl kaum. Er schien es darauf angelegt zu haben, daß wir unsere Befähigung zur Nachfolge, zum Antritt des Erbes, unter Beweis stellen mußten, bevor er den letzten Vorbehalt fallenließ.
War das ein beruhigender Gedanke? Man hätte daraus die Vorstellung ableiten können, daß NEWTON, sobald es uns wirklich dreckig ging, zu guter Letzt dennoch eingreifen würde, um uns aus dem Schlamassel zu ziehen. Er würde uns danach weiterhin für nur bedingt erbberechtigt halten, weil wir die Schwierigkeit nicht aus eigener Kraft hatten meistern können. Aber wenigstens wäre unsere Haut gerettet.
Aber diese Vorstellung war trügerisch. Wir hatten die Besatzung eines marsianischen Raumschiffs verloren, das bei gewagten Manövern im All explodiert war. Wir hatten drei Techniker verloren, die in den unterirdischen Programmiersaal des Robotgehirns eingedrungen waren und Schaltungen bedient hatten, von deren Funktion sie nichts wußten.
NEWTON war also keineswegs der gütige Überlegene, der uns Unwissende zappeln ließ, bis er unsere Hilflosigkeit erkannte, und dann einschritt, um uns Rettung zu bringen. Er war ein erbarmungsloser Prüfmeister, der sich die Aufgabe gestellt hatte, zu
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