Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
Ich kann Ihnen natürlich einen Passierschein ausstellen, das ist keine große Kunst. Aber Sie würden damit nicht viel anfangen können.«
    Ash verzog das Gesicht. »Wenn ich die richtige Tür fände …«
    Der Direktor schüttelte den Kopf. »Es gibt diese Türen, natürlich. Aber sie sind – wie soll ich es sagen? – sie sind nur in einem gewissen Umfang stationär. Der Raum zwischen ihnen ist das Problem. Nehmen Sie zum Beispiel die Tür, durch die Sie mit Macnamara hierher gelangt sind.«
    Ash öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie nickte.
    Dellinger fuhr fort: »Sie verbindet zwei feste Punkte miteinander: Den Eingang in der Zentrale und den Ausgang hier. Aber die Strecke zwischen diesen beiden Punkten ist immer noch der Nullraum – das Blatt Papier. Derjenige, der den Schlüssel benutzt, muss den Raum in der richtigen Art und Weise falten, um auch wirklich an dem von ihm gewünschten Punkt herauszukommen – und nicht an einer der unzähligen anderen Türen.«
    »Verdammt«, sagte Ash.
    Dellinger nickte mit bedauernder Miene. »Sie sehen das Problem. Ich wäre bereit, Ihnen den Passierschein jetzt und hier auszustellen und hätte meinen Teil unseres kleinen Abkommens damit erfüllt. Aber Sie wären keinen Schritt weiter als vorher. Das Wissen, wie man sich im Nullraum bewegt, ist ein Teil der Ausbildung, die wir unseren Anwärtern zugute kommen lassen.«
    Ash senkte grübelnd den Kopf. Macnamara hatte sie keineswegs durch eine existierende Tür gebracht. Aber das wollte sie seinem Chef nicht unbedingt auf die Nase binden – es war ja auch unerheblich. Viel schlimmer: Sie konnte die Passage nicht aus eigener Kraft bewältigen. Ihr wurde ja allein schon beim Gedanken daran, das in Macs Handgepäck noch einmal durchmachen zu müssen, speiübel. Was blieb ihr übrig? Sie musste den Transport durch den Nullraum erlernen – und wenn es nach ihr ging, am besten von Macnamara.
    »Also gut«, sagte sie entschlossen und hob den Kopf. »Ich melde mich freiwillig für Ihren Verein. Was muss ich tun?«

7
    Kennst du, Kind, meinen Zorn? Verzage dein Mut,
wenn je zermalmend auf dich stürzte sein Strahl!
    H elsdunkles Reich. Zwischen Norðri * und Suðri, von Austri zu Vestri hat er es durchwandert, jeden Stein, jede Felsritze, jedes Fleckchen blanke Erde, jeden Saal, jede Kammer – alles, alles durchsucht, mit allen Sinnen ertastet, auf der Suche nach dem Mauseloch, durch das eine winzige Flamme, eine wabernde Lohe sich zwängen und die andere Welt erreichen kann. Die Welt, die ihm, dem Gott, sich entzieht und verschließt, der er nachjagt wie ein Hund seinem eigenen Schwanz – vergeblich, vergeblich.
    Er sitzt auf einem Stein und sucht Halt an seinem Speer. Müde bis ins Mark seiner Knochen, ermattet bis auf den Grund seiner Seele, spürt er die Sterblichkeit, die erbarmungslos, unaufhaltsam näher und näher rückt, mit Spinnenfingern nach ihm greift, ihn zu fassen, zu halten, zu fesseln sucht. Noch läuft er ihr davon, auch wenn jede Berührung ihrer kalten Finger ihm ein wenig von seiner Essenz raubt. Er meint, leichter geworden zu sein. Über weniger an Substanz zu verfügen als früher. Molekül für Molekül hat er verloren an die Graue Herrin, die Zeit. Der Tag ist nicht mehr fern, an dem er ihr nicht mehr entkommen wird, an dem er sich ihrer kalten Umarmung wird ergeben müssen. Der Morgen, der ihn auf seinem Lager finden wird, zu schwach, um sich zu erheben und seinen Blick über die Welten wandern zu lassen, die einst vor ihm sich neigten, vor seinem Zorn zitterten, in seines Auges Strahl erblühten.
    Ein langer Atemzug hebt seine Brust. Noch lebt er und noch hat die erbarmungslose Zeit ihn nicht in die Knie zwingen können. Aber noch nie zuvor hat es ihn so verlangt, Iduns goldene Äpfel noch einmal zu kosten, ein einziges Mal nur, um einmal noch die Kraft seiner Jugend zu spüren und mit ihr in den letzten Kampf zu ziehen und dort zu sterben.
    Er stemmt sich in den Stand, steht wankend, mit gesenktem Haupt. So wird er sich also auf das letzte Schlachtfeld schleppen, ein Spottbild dessen, was er einst gewesen.
    Auf, sagt er sich lautlos. Gönne dem Feind nicht die Genugtuung, dich winseln und zittern zu sehen. Alter Gott, kämpfe deinen letzten Kampf! Und wenn du fällst, dann vergehe, wie du gelebt – als Blitz, nicht als Jammern!
    Er hebt den Kopf, strafft die Schultern. Blickt in loderndes, spöttisch zischendes Feuer, das eine Menschengestalt umtanzt.
    »Wer bist du?«, ruft er und packt den

Weitere Kostenlose Bücher