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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Stein.« Odin wendet sich ab, blickt hinaus in den Sturm, der seinem Weg über die Ebene folgt. »Ich werde gehen und in Hels dunklem Reich erneut nach dem Schlupfloch suchen, das Loki sich bahnte. Irgendwo dort in der Finsternis führt ein Weg in das fremde Reich des Todes. Ich werde Hels Welt nicht eher verlassen, als ich es fand. Geh nach Hause, Jörd. Schüre den Ofen und wässere Yggdrasils Wurzeln. Ich kehre zurück, wenn Sieg mir lachte.«
    Sie zieht das Tuch tief in die Stirn, nimmt seinen Arm. »Ich folge dir.«
    Beschwerlich ist der Weg durch Jötunheims finsteres Herz, doch kein anderer Eingang führt in Hels Reich, es sei denn durch kalten Stahl oder elendes Siechtum.
    Jörd, die Wala, schreitet stumm an der Seite ihres Mannes. Weit greifen ihre Schritte. Der Schnee, der tiefer wird mit jeder Länge, die sie sich Hels Welt nähern, knirscht unter den Stiefeln. Bald brechen ihre Füße durch Harsch, versinken ihre Beine wadentief in gefrorenem Weiß. Schwer geht der Atem. Wie weit ist es noch?
    Die Grenze. Scharf gerissen wie eine Wunde zieht sie sich durch das blendend helle Feld aus Schnee. Hinter ihr düsteres Grau und Braun. Schrundiger, glasiger Boden, feuergeschwärzt. Tote Bäume recken verbranntes Geäst in den kohlschwarzen Himmel. Sternenlos, mondlos, sonnenlos.
    Jörd steht an Hels Grenze, fühlt, wie Schauder sie schütteln. Dieses Reich betritt kein Lebender leichten Herzens und lächelnd.
    Odin nimmt ihre Hand, zwingt ihren Blick. »Geh zurück«, flüstert er. »Ich hätte dich nicht hierher mitnehmen dürfen.«
    Sie schüttelt den Kopf, versucht ein Lächeln, drückt seine Hand. »Ich bin an deiner Seite.« Ihre Stimme bebt nicht bei diesen Worten. Sie reckt das Kinn. »Vorwärts, mein Mann, mein Liebster. Wir werden den Weg hindurch zu finden wissen. Wir werden Hjördis suchen und finden. Wir bringen sie zurück an Urds Quell.«
    »Wir bringen sie zurück.« Er greift fest ihre Hand und tut den Schritt über die Grenze. Sie folgt.
    Es ist ein Tod. Unmessbar die Zeit, die dieser Schritt zählt. Welten sterben, Sonnen verglühen. Die Zeit hält an und vertrocknet, zerfällt zu Staub. Atem stockt in der Kehle, das Alter knirscht zwischen den Zähnen wie bittere Asche. Zeit wird zu Tod. Fleisch fällt von den Knochen, blättrig-trocken, pergamenten vor Alter. Knochen lösen sich sanft rieselnd auf, nur feines Puder verweht in der Luft.
    Dann endet der Schritt. Der Fuß trifft auf Stein. Der Mund ringt nach Atem, schmeckt, kalt und abgestanden, tot-unbewegte Luft, aber doch Luft! Die Brust hebt sich. Hände greifen ins Dunkel und treffen auf Hände. Arme schlingen sich um einen warmen, lebenden Körper. Mund trifft auf Mund, Lippen trinken den warmen Atem, der nach süßem Leben schmeckt, nicht nach Asche und Tod.
    »Wir sind wirklich hinüber gelangt«, sagt Jörd und schüttelt die Kälte aus den Knochen. »Das ist kein Weg, den ich mehr als einmal gehen möchte. Für den Rückweg wirst du mich fesseln, knebeln und über deiner Schulter tragen müssen, mein Wälse.«
    Odin streicht ihr mit sanften Fingern über die Wange. »Eine Treppe, leicht zu steigen, führt hinauf an Yggdrasils Wurzel. Garm bewacht sie nicht mehr, sie ist leicht zu erklimmen.«
    »Warum?«, fragt die Wala, sucht zu verstehen. »Warum dann sind wir nicht über diese Treppe hinabgestiegen?«
    Odin zieht seinen Mantel eng über der Brust zusammen. »Die Treppe führt nur hinauf, nicht hinab.« Sein Blick sucht das Dunkel zu durchdringen.»Dort entlang. Dort hinten begegnete ich Loki.«
    Sie bahnen sich den Weg, durchqueren Gjölls * trockenes Bett. Trümmer und scharfkantige Steine zwingen jeden Schritt zu einem vorsichtigen Tasten und Fühlen. Odin geht voran, Jörd, die Hand auf seiner Schulter, vertraut ihrem Ohr mehr als dem Auge. Dumpf hallen die Stiefel auf Erde, dann wieder knirscht trockener Sand und klirrt glattgebrannter Stein unter dem Fuß. Echos verwirren die Sinne. Mal hängt die Decke gefährlich tief über den Köpfen, dass sie geduckt ihre Stirnen schützen müssen, denn Tropfstein hängt in den Weg. Dann wieder weitet sich der Fels zu einer hohen Halle und kalter Wind bläst heftig aus lichtlosen Öffnungen, lässt ihre Mäntel um die Beine flattern.
    »Wie weit noch?«, fragt Jörd, nachdem sie lange, lange schweigend gegangen. Ihre Stimme ist müde, aber ihr Schritt noch immer fest und sicher.
    »Sollen wir rasten?« Er schaut um sich, deutet auf einen flachen, glatten Stein, der zum Sitzen

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