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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Schrei ließ die Erde beben. Seine Hand suchte nach dem Ding, das ihn verwundet hatte, aber der Speer war zu klein, als dass seine Riesenfinger ihn hätten packen und herausziehen können. Feuerblumen tanzten über Azraels Haut.
    Wie kann so ein winziger Stich einen Riesen töten?, fragte sich Ash benommen. Was haben wir uns denn dabei gedacht – das kann doch so gar nicht funktionieren!
    Sie warf Loki einen Blick zu, formulierte stumm ihren Zweifel. Er schien sie zu verstehen, nickte, drückte beruhigend ihre Schulter. Beugte sich zu ihrem halbtauben Ohr und schrie: »Gungnir. Altmodischer Annullator.«
    Sie verstand, was er sagen wollte. Es war nicht so sehr die physische Wunde, die Azrael zu schaffen machte. Gungnirs fraktale Spitze, seine Existenz im Nullraum war es, die den Riesen töten würde.
    Tötete. Vor ihren Augen wankte der Koloss, griff mit tastenden Händen ins Leere, brach in die Knie. Zum ersten Mal sah sie sein Gesicht und konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken. Sie griff nach Lokis Arm, klammerte sich an ihn. Es war Macnamara, der sie ansah. Anklagend. Mit schmerzverzerrter Miene und brechenden Augen, sterbend.
    Sie spürte, wie Loki sie unsanft schüttelte. Der Schleier vor ihren Augen klärte sich. Das dort vorne war nicht Mac. Azraels Gesicht war eckiger, die Augen standen weiter auseinander und waren von einem strahlenden Himmelblau. Die Haare waren lockig, dunkelblond. Und doch, die Ähnlichkeit war erschreckend.
    Sie bekam keine Gelegenheit mehr, weiter darüber nachzudenken. Vor ihren Augen fiel der Riese vornüber aufs Gesicht. Die Erde unter ihren Füßen bebte von dem Sturz, Staub und Asche stiegen zum Himmel und machten es unmöglich, noch etwas zu erkennen.
    Wieder heulte der Wolf, dieses Mal ganz in ihrer Nähe. Ash hörte Lokis Fluch.
    »Was ist?«, fragte sie, um Ruhe bemüht.
    »Fenrir. Er freut sich, mit seinem Vater Gassi zu gehen.« Lokis Spott klang bitter. »Wahrscheinlich sucht er nach Odin und fragt sich, wo das alte Einauge sich versteckt, damit er es fressen kann, wie prophezeit.« Er starrte mit zusammengekniffenen Augen in die Staubwolke. »Wir sollten uns beeilen. Fenrir hat Gungnir gewittert, und wenn er auch noch hier herumspringt, wird das die Sache nicht vereinfachen.«
    Ash dachte an den riesigen Wolfssohn Lokis und schauderte.
    Die Staubwolke sank langsam zu Boden, die Sicht wurde klar. Azrael lag gefällt am Boden, regte sich nicht mehr. Aus seinem Leib züngelten Flammen, hier und da schwelte sogar der Boden. Der Himmel über ihm war nachtschwarz und glühte in einem schmerzhaften Nicht-Licht. Ash schirmte ihre Augen ab, blickte in diese schreckliche Schwärze und erkannte schemenhaft die Umrisse eines gigantischen Baumes, der seine Äste weit hinaus in den Nullraum streckte.
    Ash wechselte einen Blick mit Loki. Yggdrasil, die Weltesche. Die Achse, die alles zusammenhielt. Wenn sie fiel, was würde geschehen? Das Weltende, nach dem Glauben der Alten. Der Neubeginn, auf den Dellinger hoffte.
    Die schattenhaften Umrisse wurden deutlicher, füllten sich mit Licht und Farbe, Struktur und Materie. Die Weltesche, grün und mächtig, stand vor ihnen auf dem Hügel. Ash glaubte, Asgards goldene Mauern durch das Laub schimmern zu sehen. Tränen stiegen in ihre Augen, blendeten sie für einen Moment.
    Sie spürte Lokis Berührung, zart wie eine Taubenfeder. »Tun wir es«, flüsterte er.
    Sie blinzelte die Tränen fort, nickte. Wandte sich ihm zu und umarmte ihn. Während ihre Arme ihn umschlangen, fühlte sie, wie sein Körper sich auflöste, zu Feuer wurde. Sie folgte ihm. Dies war eine andere, nie zuvor erprobte Verschmelzung ihrer beider Körper, Seelen, Gedanken. Sirrende, gleißende, atemberaubende, alles verschlingende Hitze. Höchster Schmerz und höchste Lust. Kernschmelze. Fusion. Gedanken und Gefühle endeten hier. Nur noch das Feuer existierte.
    Die Feuersäule raste auf den Weltenbaum zu, wirbelte um den mächtigen Stamm, fraß sich in das alte Holz. Verschlang, vernichtete, zerstörte. Hoch schlugen die Flammen, Holz und Harz explodierten unter der Hitze, knallend gingen mannsdicke Äste in Flammen auf. Schließlich brannte die riesige Esche bis hoch hinauf in den letzten Zweig des Wipfels. Ein Feuer, das die unzähligen Ebenen des Limbus erhellte bis in den letzten Winkel. Aller Schlachtlärm verstummte. Alle Augen starrten auf die in den Himmel ragende Feuersäule, die nun die Weltachse ersetzte.
    Die Realität brach zusammen wie ein Kartenhaus. Die

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