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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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nannte. »Hiroko Kimura – weiß. Enno Kraus – schwarz. Perttu Rautavuori – weiß. Hsiao Meng – schwarz.«
    Je näher sie Azrael kamen, desto beeindruckender erschien seine Gestalt. Ash erinnerte sich, dass er das erste gewesen war, was sie nach ihrer Ankunft gesehen hatte, aber sie war viel zu verwirrt und desorientiert gewesen, um den Anblick wirklich würdigen zu können.
    Sie lenkte ihren Blick abwärts. Der Riese stand breitbeinig da, die nackten Füße halb im fließenden Staub vergraben, und zwischen seinen Beinen, die wie Säulen aus dem Boden ragten, krochen und stolperten in stetem Strom die Neuankömmlinge hervor, taumelten auf die Hügelkuppe, blickten sich um, gingen weiter oder ließen sich gleich da zu Boden fallen, wo sie waren. Die meisten hockten regungslos im Staub, einige wenige krabbelten langsam den Hügel hinunter, auf die Ebene zu.
    »Die müssen wir nachher alle wieder einsammeln«, rief Gonzalo gegen Azraels donnernde Stimme an.
    Ash suchte nach dem Ort, zu dem er sie bringen wollte. Sie bemerkte zum ersten Mal, dass der allgegenwärtige Staub rund um Azrael den Hügel hinauf floss – auf den stehenden Riesen zu.
    »Schau nur, der Staub fließt bergauf – wie seltsam«, rief sie.
    Gonzalo legte sich in eine enge Kurve. Statt einen weiten Bogen zu schlagen, schien er den kürzesten Weg nehmen zu wollen, um an Azrael vorbei auf die andere Seite zu gelangen. Sie passierten den Koloss in Brusthöhe und so nah, dass Ash ihn hätte berühren können, wenn sie ihre Hand ausgestreckt hätte. Das Dröhnen seiner Stimme war hier so laut, dass Ash es körperlich spüren konnte. Jeder Name, den er nannte, schlug wie ein Fausthieb in ihren Körper ein. Seine Stimme vibrierte in ihren Zähnen und ließ ihre Trommelfelle schmerzhaft knacken. »Runter«, schrie Ash, aber ihre Stimme ging wie ein mäuseleises Fiepen im Gebrüll eines Löwen unter. An Gonzalos schwerer werdendem Atem bemerkte Ash, dass auch er zu kämpfen hatte. Sein gleichmäßiger Flügelschlag kam aus dem Rhythmus und sie sackten schwer durch.
    »Wir müssen landen«, schrie Ash. Sie wand sich in Gonzalos Griff. Dieser Idiot, warum ging er nur ein solches Risiko ein? Sie drehte sich, ihr Blick streifte ein unfassbar riesiges Muskelpaket – ein Bauchmuskel? – und blieb an etwas hängen, das sie nicht identifizieren konnte. War einer der Neuankömmlinge an Azrael emporgeklettert? Dort schien eine kleine menschliche Gestalt an der Riesengestalt zu hängen. Wie war er dorthin gelangt?
    Sie flogen daran vorbei, bewegten sich nun endlich von Azrael fort, aber viel zu langsam, immer noch viel zu dicht. Der Riese füllte ihr gesamtes Blickfeld, es gab nichts außer ihm und seiner donnernden, dröhnenden Stimme. Ash war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Gonzalos Flug war unstet und taumelnd. Sie würden abstürzen, und nichts konnte sie mehr retten.
    Ihr Blick verschwamm. Azrael war eine Welt, die vor ihr aus dem Nichts wuchs und ins All emporragte. Nachtschwarze Finsternis lag um seine Krone. Weit ragten seine Äste hinaus, weiter als sie blicken konnte. An seinen Zweigen hingen Sterne, sie strahlten durch das dichte Laub. In der rissigen Rinde wanden sich Wesen, krochen den Stamm hinauf, der tief hinab reichte, so tief, dass sie nicht sehen konnte, worin er wurzelte. Sie hörte Wasser in der Tiefe rauschen. Die Luft war dünn und kalt. Ein riesiger Adler schwang sich von einem mächtigen Ast und flog um den Weltenbaum herum. Er landete an einer anderen Stelle, hackte dort nach einem kleinen, pelzigen Wesen mit buschigem Schwanz, das sich eilig in Sicherheit brachte. Das Eichhörnchen schimpfte, drohte mit einer winzigen Faust, verschwand keckernd im dichten Laub, das sich raschelnd hinter dem Tierchen schloss.
    Tief unter ihr glomm rote Glut. Feuer oder Augen?
    »Ash«, rief eine Stimme, tief und heiser. »Ash.« Nein, sie hatte sich verhört. Die Stimme klagte: »Esche.« Sie schien aus dem Baum zu kommen. Hing dort jemand an einem der Äste? Aufgespießt auf einen langen Dorn – oder einen Speer? Ein sternblitzendes Augenpaar schien sie anzustarren, blind vor Schmerz und Angst, aber gleichzeitig hellsichtig und wach.
    »Ich kenne dich nicht, aber ich weiß, wer du sein wirst«, rief die Gestalt, die Stimme schmerzerfüllt. »Wie finde ich dich jemals wieder? Midgardkind! Tochterspross! Hangatyr * sieht dich!«
    Sie wollte antworten, aber ihre Lippen waren taub und ihre Zunge wollte ihr nicht gehorchen.
    »Ash!«
    Sie

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