Projekt Atlantis
bekommen, durch den er etwas Erhabenes, die strahlende Supernova einer größeren Wahrheit erblickt hatte. Es war ein vollkommen surrealer Augenblick, nichts, das sich in Worte fassen ließ, einem Wunder gleich, das einen ins Mark traf, schockierte und zugleich auf Äußerste erregte. Er überlegte später, ob sich so eine heilige Vision anfühlen würde. Etwas, von dem er niemals gedacht hätte, dass er dafür empfänglich sei. Es war rein metaphysisch, nicht erklärbar und ohne jeden dinglichen Aspekt. Stefanie sah danach noch immer genauso aus wie zuvor, sie handelte und sprach wie zuvor, es hatte sich nichts geändert. Und dennoch wusste er von diesem Moment an, dass sie nicht die Frau war, für die sie alle sie gehalten hatten, sondern jemand – oder etwas – völlig anderes.
Er hatte plötzlich und heftig um sie getrauert, als sie gestorben war – oder jedenfalls den Anschein dessen erweckte. Und danach hatte er sich stets weiter an sie erinnert. Während ihres Projektes in Ägypten war er sich mehrfach sicher, sie gesehen zu haben, meinte, Botschaften von ihr zu bekommen, und er träumte mehrere Male von ihr. Diese Träume waren ihm so real vorgekommen, dass er in dieser Zeit überzeugt war – wenngleich es vollkommen unmöglich schien –, dass sie auf irgendeine Weise mit ihm in Kontakt stand.
Die Zeit war vergangen, aber die Erinnerung geblieben. Nicht immer bildlich, aber er erinnerte sich der Gefühle. Es war eine Wärme, die er spürte, wenn er an sie dachte. Es war Respekt, Anerkennung, eine ehrenvolle Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit und die Vision, die sie ihn hatte fühlen lassen.
Er schüttelte den Kopf, konnte seine eigenen Gedanken kaum nachvollziehen.
Aber nun war sie hier, und er fühlte sich wie elektrisiert. Sie war zurück, und sie strahlte noch immer, unscheinbar für einen Außenstehenden, aber in ihren Augen lag das gemeinsame Verstehen der Erlebnisse, die nur sie beide teilten.
Er konnte es kaum erwarten, sie über alles zu befragen. Und gleichzeitig fürchtete er, dass einiges, das ihn brennend interessierte, einfach nur profan klingen würde, wenn er versuchte, es zu formulieren.
Stefanie betrat den Raum kurze Zeit später. Sie hatte sich umgezogen oder sich vielleicht auch nur des schützenden Overalls entledigt, ihre Haare waren getrocknet.
»Das mit dem Wetter«, sagte sie, »das müssen wir noch mal üben.«
Gut gelaunt setzte sie sich an einen Tisch, während Patrick ihr einen Kaffee besorgte und vor ihr abstellte.
Sie nahm einen Schluck, dann lehnte sie sich zurück und lächelte etwas verlegen.
»Ja, ich bin nicht Marie. Und tot bin ich auch nicht. Wo soll ich anfangen?«
»Diese beiden Punkte wären doch schon mal ein guter Anfang«, meinte Peter. »Kaum zu glauben, dass ich so etwas Taktloses einmal fragen würde, aber: Warum sind Sie nicht gestorben?«
»Nun, diese Höhle«, begann sie, »sie stürzte zwar ein, das ist wahr. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich schon wieder draußen und konnte mich über die Rückseite des Berghangs retten. Ich war ja damals Elaine gefolgt und hatte sie auch in der Kammer gestellt. Elaine war schon in das Licht getreten, und als sie die Lichtsäule im Zentrum berührte, löste sie etwas aus. Ich entdeckte einen Seitengang und bin gelaufen, so schnell ich konnte. Dass der Gang mich ins Freie führte, war mein Glück. Sonst würde ich tatsächlich heute nicht hier sitzen.«
Patrick beobachtete Stefanie genau, während sie sprach. Er bemerkte ein leichtes Schmunzeln, ein winziges Funkeln in ihren Augen. Er vermutete, dass es nur die halbe Wahrheit war, was sie sagte. Er nahm sich vor, sie ein anderes Mal genauer danach zu fragen, was wirklich passiert war. Auch die Geschehnisse in Ägypten wollte er jetzt noch nicht ansprechen. Stattdessen fragte er: »Und hast du jetzt für Gérard gearbeitet? Hast du dich bei ihm als Marie ausgegeben?«
»Nein. Marie gibt es tatsächlich. Aber sie hat deine E-Mails nie bekommen.«
Patrick stutzte. »Aber... Wie hast du das angestellt?«
Sie lächelte. »Ach, es gibt ein paar technische Möglichkeiten, weißt du... Ist ja im Detail nicht so wichtig. Jedenfalls hat nicht sie dir geantwortet, sondern ich.«
»Das erklärt vielleicht auch«, meinte Peter, »wie Sie so schnell die atlantische Schrift entziffern konnten. Es kam mir gleich merkwürdig einfach vor.«
»Ja, stimmt«, sagte sie. »Ich wusste, dass Sie nicht viel Zeit haben. Deswegen habe ich ein bisschen nachgeholfen. Auf Basis
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