Projekt Atlantis
überlegen gewirkt. Später hatten sie dann erfahren, dass Stefanie mitnichten vom Auftraggeber des Projekts gesandt worden war. Sie war scheinbar aus dem Nichts gekommen und hatte den Platz eines anderen eingenommen, ähnlich, wie sie nun Marie ersetzte. Doch bevor sie sie damals zur Rede hatten stellen können, war sie angeschossen und schließlich in der zusammenstürzenden Höhle begraben worden. Sie war unnahbar und rätselhaft geblieben, und auch Patricks spätere Nachforschungen hatten keine Spuren finden können, so als hätte sie nie existiert.
Auf eine ähnliche Weise war ihm damals der Mann merkwürdig vorgekommen, der sich Steffen van Germain nannte und dem das Rätsel um die Höhle offenbar bekannt war. Ihn hatten dieselbe Zurückhaltung im Urteil, dasselbe verschwiegene Wissen ausgezeichnet. Zwischen ihm und Stefanie, so schien es Peter, hatte es eine Gemeinsamkeit gegeben.
Später dann, während ihres Projekts in Ägypten, war ihnen der Mann erneut über den Weg gelaufen. Auch hier hatten sie die mysteriöse Hinterlassenschaft einer älteren, höher entwickelten Kultur gefunden, wieder eine Art Wissensarchiv, und wieder war da dieser Mann, nur dass er dieses Mal einen anderen Namen trug und sich ausdrücklich als Hüter des Geheimnisses zu erkennen gab.
Es war Patrick gewesen, der während des ganzen ägyptischen Abenteuers immer wieder von dem Gefühl erzählte, er habe Stefanie gesehen. Auf eine besondere Weise wurde er von Erinnerungen an sie heimgesucht, so war es Peter vorgekommen, und nun, da sich herausstellte, dass sie noch lebte, erschienen einige der Vorkommnisse in einem anderen Licht.
Dass Stefanie hier auftauchte, passte zu Peters Überzeugung, dass er und Patrick in Wahrheit seit Jahren ein und derselben Spur durch die Welt und durch die Jahrtausende folgten. Und diese Frau war in irgendeiner Form ein Teil davon. Peter fragte sich, ob dann nicht auch der Mann, jener Hüter des Wissens, wieder in Erscheinung treten müsste.
In Patricks Kopf spielten andere Gedanken eine Rolle. Stefanie hatte ihm von Anfang an gut gefallen. Während der Arbeit hatte sich herausgestellt, dass sie trotz ihrer verhältnismäßig jugendlichen Erscheinung – wie alt mochte sie sein? Dreißig? – über ein großes Maß an Wissen verfügte und sich von seinen damals oft rotzigen oder anzüglichen Bemerkungen genauso wenig beeindrucken ließ wie von den distinguierten Grillen des Professors. Sie war professionell, das traf es wohl am besten. Professionell, dabei aber niemals steif oder verbissen. Nach kurzer Zeit war sie ein Teammitglied geworden, das sich nahtlos einfügte, fast sogar unauffällig, ganz so, als würden sie sich seit Jahren kennen. Es war eine neue Erfahrung für Patrick gewesen, eine Frau auf diese Weise kennen und schätzen zu lernen, dass ihm ihre menschlichen und fachlichen Qualitäten wichtiger und bedeutsamer wurden als ihre ganz offenkundige Attraktivität. Er gestand sich ein, dass seine übliche machohafte Art eine Weile mit seinem Respekt für sie konkurriert hatte, bis er einfach nur zufrieden war, in ihrer Nähe zu sein, und sich sein Stolz verflüchtigt hatte.
Und dann war es schließlich das Erlebnis in der mysteriösen Höhle gewesen, das etwas in ihm bewirkt, ihn geändert hatte. Peter war nicht dabei gewesen, und so war es etwas, das er ihm nicht erklären konnte. Er konnte es sich nicht einmal selbst erklären.
Die Höhle bot einen Zugang zu Wissen, auf welche Art und mittels welcher Technologie auch immer. Als er sie betrat, wurde er von einem Informationssturm getroffen, der ihn augenblicklich außer Gefecht setzte und vermutlich in kürzester Zeit in den Wahnsinn getrieben hätte, wie es anderen Besuchern der Höhle in den Jahrhunderten vor ihm offenbar ebenfalls ergangen war. Doch Stefanie war dabei gewesen, und ihr war es gelungen, ihn herauszureißen, sodass er sich in der Fülle von Bildern, Zeichen, Stimmen und Klängen hatte bewegen können. Später merkte er, dass vieles in den wenigen Minuten, die er dieser gewaltigen, unsichtbaren Macht ausgesetzt gewesen war, an ihm haften geblieben war. Seine Sinne wurden geschärft, unbewusstes Wissen hatte sich in ihm verankert, das sich unkontrolliert und nur tröpfchenweise offenbarte.
Etwas hatte sich allerdings sofort geändert, und das war seine Wahrnehmung von Stefanie. Für Sekundenbruchteile durchfuhr ihn damals eine Erkenntnis, etwas öffnete sich in ihm, so als hätte die Fassade der Wirklichkeit einen Riss
Weitere Kostenlose Bücher