Projekt Atlantis
dass ich Sie nicht in einer dringenden Angelegenheit störe. Ich kam zufällig an der Basis vorbei und fragte mich, ob Sie vielleicht Zeit hätten, einen Kaffee trinken zu gehen. Und sich ein wenig zu unterhalten.«
Walters stockte. Das war ein reichlich absurder Vorschlag.
Als ob man erwarten könnte, dass der Befehlshaber einer militärischen Einrichtung mal eben... Andererseits nagte die Unruhe in ihm. Es gab zu viele Fragen. Und wenn er seine Zeit tatsächlich nutzen wollte... Walters überschlug die Möglichkeiten. Er konnte den Fremden unmöglich in die Basis lassen. Und Übereifrigkeit würde auch unpassend sein. Er sah auf seine Uhr.
»Gerade passt es nicht. Aber ich werde vor dem Mittagessen noch eine Runde joggen gehen. Vielleicht treffe ich Sie ja an der üblichen Stelle? So gegen halb zwölf vielleicht?«
»Natürlich«, gab Gabriel zurück. »Also, bis später.«
Die Zeit verging schleppend. Noch zweimal kam seine Sekretärin herein und legte ihm schweigend Telefonnotizen auf den Tisch, während er sich die Website der Woods Hole Oceanographic Institution ansah, sich über Forschungsschiffe und Roboter erkundigte, die Seite des Museums für Völkerkunde in Hamburg studierte und schließlich einen Artikel des Professors über die möglichen Ursprünge der ägyptischen Kultur fand. Es war eine Welt, die mit der seinen keinerlei Berührungspunkte hatte. Jedenfalls bis jetzt nicht. Über Google stieß er auf einen Zeitungsbericht des Miami Herald, wo ihm das Wort Atlantis entgegensprang, als sein Outlook-Kalender ihn mit einer akustischen Meldung darauf hinwies, dass es Viertel nach elf war. Zeit loszujoggen.
Atlantis, dachte er, als er gerade den Eingang der Basis passierte. Was weißt du über Atlantis?
»Sir? Gestatten Sie?«
Der wachhabende Soldat war aus dem Häuschen getreten und sprach Walters an.
»Bitte?«
»Sir, möchten Sie vielleicht, dass Sie jemand begleitet?«
Walters sah den Mann an. War es so offensichtlich, dass er sich yerabredet hatte? Und war die Frage nicht vielleicht sogar sehr berechtigt? Von Gabriel schien bisher keine Gefahr auszugehen, aber konnte man sich darauf verlassen? Nach einem Augenblick schüttelte er den Kopf.
»Nein, vielen Dank.«
Der Mann trat beiseite, nickte und ließ Walters passieren.
Atlantis... Suchte der Professor tatsächlich nach Atlantis? Konnte das sein? Nach allem, was Walters über Peter Lavell herausgefunden hatte, könnte es durchaus zu dessen Themengebiet passen. Aber Atlantis war doch nur eine Legende! Oder etwa nicht? Vielleicht lag dort, mitten im Bermuda-Dreieck der Rest einer alten Kultur? Vielleicht gab es dort unermessliche Schätze. Wie man sie bei den Pharaonen gefunden hatte. Gold möglicherweise! Und die Regierung wollte alles für sich allein haben. Aber das waren keine US-Hoheitsgewässer. Es lag außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone, aber in der ausschließlichen Wirtschaftszone sowohl der USA als auch der Bahamas. Beide Staaten konnten dort Anspruch auf Bodenschätze erheben. Lag hierin die Brisanz der Forschung? Aber das würde doch wohl kaum die NSA interessieren...
Pünktlich um halb zwölf erreichte Walters den Weg oberhalb des Strandes, und dort stand Gabriel bereits und sah ihm entgegen.
»Es freut mich sehr, dass Sie kommen konnten«, begrüßte er den Commander und streckte ihm die Hand mit dem rotgoldenen Siegelring entgegen. »Haben Sie weitere Erkundungen einholen können?«
»Nicht so viele, wie ich mir gewünscht hätte.«
»Ja... Einmal auf der Suche ist unser Drang nach Wissen unersättlich.«
»Es war einfach zu wenig Zeit...«
Gabriel nickte. »Man kann ein ganzes Leben zur Verfügung haben, und immer wird es zu wenig Zeit sein, glauben Sie mir.«
Walters stellte sich breitbeinig hin. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Gabriel. Aber ich hoffe, Sie haben mich nicht aufgesucht, um wieder nur Kalenderweisheiten zu teilen.«
»Kalenderweisheiten? Ist es das, was Sie denken?« Gabriel betrachtete Walters schmunzelnd und schwieg dann einen Moment. »Nun, vielleicht haben Sie recht. Ich scheine oftmals zu unkonkret zu sein. Sehen Sie, ich hoffe auf diese Weise mehr zu helfen als nur mit einem einzelnen Ratschlag. Allgemeines lässt sich eher auf Spezielles anwenden als umgekehrt.«
»Jetzt tun Sie es schon wieder.«
»Ja«, Gabriel lachte auf. »In der Tat. Es tut mir leid. Versuchen wir es anders. Haben Sie Fragen? Oder vielleicht fangen Sie damit an, mir zu erzählen, was Sie herausgefunden
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