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Projekt Babylon

Titel: Projekt Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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weil ich ganz gut in Biologie bin.«
    »In Biologie... das ist interessant.«
    »Na ja, ich hatte immer ein Faible dafür. Auf der Uni habe ich es nebenher studiert, weil ich irgendwie immer dachte, dass es vielleicht mal nützlich für meine Pferdezucht sein könnte.«
    »Sie haben eine Pferdezucht?«
    »Nein, aber man kann ja nie wissen, oder?«
    »Ihre Kenntnisse könnten jetzt vielleicht trotzdem äußerst nützlich sein, wissen Sie das? Der Bürgermeister hat uns nämlich gerade einen Adlatus ans Bein gebunden, ein Biologe, der mit uns fachsimpeln möchte, wie es denn mit unserer Untersuchung zur Tollwut vorangeht.«
    »Na, ich hoffe, er lässt sich eine Weile mit heißer Luft abspeisen, ein Fachmann bin ich ja auch nicht. Aber Sie wollten gerade etwas über den Gang in der Höhle erzählen.«
    »Richtig, der Durchgang – so nennen wir ihn. Es ist wirklich merkwürdig: In der Dunkelheit scheint es ein normaler Gang zu sein. Nun, normal ist übertrieben; auf irgendeine unerklärliche Weise leuchtet die Luft dort bläulich. Doch immerhin scheint es ein passierbarer Gang zu sein. Sobald man aber den Gang mit Scheinwerfern erleuchtet, wird er pechschwarz. Nicht das Gestein, sondern die Luft selbst wird schwarz und undurchdringbar. Es ist, als ob er keine Form von Strahlung oder Energie hindurchließe. Wenn man hineinguckt, sieht man eine absolute Schwärze. Man kann sie nicht ausleuchten, auch mit dem Echolot lässt sich keine Tiefe orten. Es ist, als ob keine Reflexion von Licht oder anderen Wellen aus dem Gang zurückkommt. Wir haben mit einem Pioneer-Roboter experimentiert, der an einem Stromkabel hindurchgeführt wurde. Sobald er über die Schwelle war, reagierte er nicht mehr und verbrauchte auch keinen Strom mehr. Wir mussten ihn am Kabel wieder rausziehen.«
    »Und sind Sie mal hineingegangen?«
    »Nein, das ist das größte Problem. Den Berichten zufolge ist der Schäfer wohl deswegen wahnsinnig geworden, weil er es tat. Patrick hat es leichtsinnigerweise getestet und selber den Kopf hineingesteckt. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, ich habe ihn zurückgerissen. Aber er hat einen Schock bekommen, ich dachte, es wäre ein Schlaganfall. Er war danach völlig erledigt, hat zwei Tage am Stück geschlafen und die Erinnerung an den Vorfall verloren. Deswegen sucht er gerade den Schäfer im Sanatorium auf. Er hofft, irgendetwas bei ihm herauszufinden.«
    »Der Arme. Das tut mir leid. Reingehen sollte man also nicht.«
    »Nein, auf keinen Fall. Hier steigen wir aus.« Peter führte Stefanie das letzte Wegstück den Hang hinauf und bis zur Höhle. »Bisher hören Sie sich das alles einfach an, als sei es völlig selbstverständlich, was ich erzähle.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich Ihnen glaube.«
    »Das ist gut. Ich hätte es auch nicht geglaubt.«
    Sie hatten den obersten Absatz des Hangs und den Höhleneingang erreicht.
    »Ist das die Höhle?«, fragte sie.
    »Ja, das ist sie.«
    »Dann nichts wie hinein. Ich bin äußerst gespannt.«

    Patrick ärgerte sich, dass er nicht den Landrover genommen hatte. Jetzt musste er mit einem Wagen vorlieb nehmen, der so wenig PS hatte, dass er froh war, wenn es mal ein kurzes Stück bergab ging. An Überholen war gar nicht zu denken.
    Wenigstens war es eine schöne Strecke, und er hatte es nicht sehr eilig. Eigentlich, so überlegte er, hatte er sogar alle Zeit der Welt. Häufig säumten Platanen mit ihren großen, hellen Blättern und den gefleckten Stämmen die Straße. Wie lange gab es diese Alleen wohl schon? Bei der Fahrt durch ein beschauliches Dorf entschloss er sich, seiner inneren Stimme zu gehorchen, machte spontan Halt und setzte sich in ein Café. Tische und Stühle standen draußen, im Halbschatten einiger Weiden. Bei einem warmen Croissant mit Butter lehnte er sich zurück und genoss die friedliche Ruhe. Aus dem Geäst der Bäume drang das beständige Zirpen der Zikaden, von jenseits eines kleinen Mäuerchens klang das Plätschern von Wasser herauf, ein kleiner Flusslauf, wie er zu Hunderten in dieser Gegend zu finden war. Wenige Meter entfernt, im staubigen Sand neben der Dorfstraße, stand ein halbes Dutzend älterer Männer und spielte Boules. Es ging leise, fast bedächtig vonstatten. Nur das leise, dumpfe Aufschlagen der Kugeln war zu hören, ab und zu begleitet von einem metallischen Klacken oder einem erstaunten Ausruf.
    Es schien Patrick ein zeitloser Schnappschuss zu sein. Man hätte dieses Bild in jedes Jahrhundert transportieren können; so

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