Projekt Babylon
stimmen. Hier wurde Wissen archiviert. Und wie nannte noch der Förster den Berg? Vue d'Archiviste , Archivars Blick. Unglaublich, wie sich der Sinn durch die Jahrhunderte bewahrt hat. Sollten hier die Archive des Wissens der Katharer liegen?«
»Aber wie kommen wir hinein?«, fragte Patrick. »Wir müssen den Durchgang passieren.«
»› Denen zugänglich, die Bewahrer der Mysterien sind... ‹«, las Peter, »das ist natürlich kein sonderlich hilfreicher Hinweis. Wenn wir das Mysterium kennen würden, wüssten wir natürlich, wie man hineinkommt. Das ist, als ob man sagt: ›Von dem zu öffnen, der den Schlüssel hat.‹ Aber wo oder was ist der Schlüssel...?«
»Vielleicht ist es anders gemeint«, sagte Stefanie. »Vielleicht bezieht es sich nicht auf das Mysterium dieser Höhle, sondern allgemein auf Personen, die Geheimnisse hüten.«
»Aber wer hütet Geheimnisse?«, überlegte Patrick. »Alchimisten? Eingeweihte in die Religion der Katharer? Priester? Und reicht es dann allein, ein Priester zu sein, und schon kommt man ungeschoren hindurch? Wäre mir wirklich zu gefährlich, das auszuprobieren! Also, ich weiß nicht...«
»Königliches Blut«, unterbrach ihn Peter. »Was fällt Ihnen dazu ein? › Dies ist das königliche Blut... ‹ das kann doch nur sinnbildlich gemeint sein, oder?«
»Ja«, sagte Patrick. »Vielleicht etwas, wofür ein König einen blutigen Tod gestorben ist. Etwas, wofür er sein Leben geopfert hat.«
»Oder etwas, das errungen wurde, indem oder zu dessen Zweck ein König getötet wurde«, sagte Peter. »Blutgeld.«
»So dramatisch?« Patrick dachte nach. »Es könnte auch einfach nur eine Erbschaft gemeint sein.«
»Eine Erbschaft?«
»Ja, sicher. Wie sich königliches Blut durch Generationen zieht und die Erbfolge bestimmt, so könnte dies hier das Erbe eines Königs sein. Seine wahre Hinterlassenschaft, die als so wichtig angesehen wurde, dass sie mit seinem Blut verglichen wurde.«
»Guter Punkt!«, sagte Peter. »Eine Hinterlassenschaft, die allerdings revolutionär ist. Etwas, das nur der versteht, der es wagt, › den Fels zu bezweifeln .‹ Und der Fels könnte dabei als Sinnbild für etwas Etabliertes, Unerschütterliches stehen...« Seine Augen blitzten plötzlich auf. »Wissen Sie, was mir dabei spontan einfällt? Petrus.«
»Petrus? Welcher Petrus?«, fragte Patrick.
» Der Petrus, der aus der Bibel. Er hieß eigentlich Simon, aber Jesus nannte ihn Pétros , das griechische Wort für Fels, und sagte, er solle der Fels sein, auf den er seine Kirche bauen wolle... und was war im dreizehnten Jahrhundert unerschütterlicher als die katholische Kirche und der christliche Glauben?«
»Sie meinen, mit dem Fels könnte also die Kirche gemeint sein?«
»Ja, warum nicht«, antwortete Peter.
»Dann könnte das also heißen: › Hier liegt eine königliche Hinterlassenschaft verborgen, die nur diejenigen verstehen können, die nicht den Lehren der Kirche folgen. ‹« Patrick zündete sich eine neue Zigarette an. »Und wie war das noch, Peter? Sie sagten, die Katharer hatten tatsächlich Ansichten, die der Kirche nicht passten?«
»Ja, genau.« Peter nickte. »Das Wort Ketzer leitet sich sogar von den Katharern ab. Die Katharer glaubten an ein streng dualistisches Weltbild; das Gute und das Böse, Geist und Materie. Sie glaubten, dass nicht Gott sondern der Teufel die Welt geschaffen hat. Dass das Böse dafür verantwortlich ist, dass alles an eine Materie gebunden und unfrei ist. Dass alle Menschen ein göttliches Wesen in sich selbst besitzen, das aber auf der Welt gefangen ist. Sie akzeptierten weder die Anbetung eines Kreuzes noch die heiligen Sakramente, weil diese in ihren Augen weltlich, materiell, also somit satanisch sind. Auch die Taufe mit Wasser lehnten sie ab und praktizierten die Taufe stattdessen per Handauflegen. Denn Johannes der Täufer soll über Jesus gesagt haben: ›Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit heiligem Geist taufen.‹«
»Das passt ja alles wunderbar zusammen. Dann haben die Katharer hier eine Hinterlassenschaft für ihresgleichen deponiert.«
»Und was machen Sie aus den letzten beiden Sätzen?«, fragte Stefanie.
»Schwer zu sagen«, gab Peter zu. »Von welcher Macht könnte die Rede sein, die Welten erschuf oder Welten vernichtete?«
»Sie sagten gerade, dass die Katharer der Meinung waren, dass die Schöpfung das Werk des Teufels war«, meldete sich abermals Patrick. »Andererseits wäre Zerstörung, die
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