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Projekt Babylon

Titel: Projekt Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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hatte. Papst Innozenz III. rief schließlich zum Kreuzzug gegen die Albigenser auf und wollte sie vollständig vernichtet haben. Das Abschlachten war grauenhaft, rigoros, geradezu manisch. Man sagte später, das größte Verdienst der Inquisition sei die Vernichtung der Katharer gewesen. 1209 wurde die gesamte Stadt Béziers dem Erdboden gleichgemacht, über zwanzigtausend Frauen, Männer und Kinder wurden wahllos ermordet, unter dem berüchtigt gewordenen Motto: ›Tötet sie alle – Gott wird die Seinen schon erkennen.‹« Er machte eine Pause und atmete tief durch, bevor er weitersprach. »Im ganzen Land wurden die Katharer verfolgt und umgebracht. Die Burg Montségur war eine ihrer letzten wichtigen Bastionen. Eine große Anzahl von Parfaits , den Anführern der Katharer, verschanzte sich dort, zusammen mit ihren Gemeinschaftsmitgliedern. Montségur war hoch auf einem einsamen Berg gelegen, schier uneinnehmbar. Die Burg wurde ein halbes Jahr lang belagert, bis die Katharer aufgaben. Die über zweihundert Männer, Frauen und Kinder ergaben sich und wurden allesamt am Fuß der Burg verbrannt. Das war 1244.«
    Es trat ein Augenblick der Stille ein.
    »Mitte des dreizehnten Jahrhunderts«, überlegte Patrick laut, »neues Gedankengut, neue wissenschaftliche, philosophische, religiöse Erkenntnisse und eine Höhle voller Schriftzeichen...«
    »Ja«, sagte Peter, »man könnte sich durchaus vorstellen, dass die Katharer die Höhle geschaffen und hier etwas hinterlassen haben, es möglicherweise in Sicherheit bringen wollten ...«
    »Ja«, fügte Stefanie hinzu, »und das war im Sommer des Jahres 1239.«
    Peter und Patrick sahen sie erstaunt an.
    »Ich habe die Berechnungsergebnisse aus dem Internet erhalten«, erklärte sie. »Am dritten Juni 1239 fand eine totale Sonnenfinsternis statt, die im Languedoc sichtbar war. Das ist möglicherweise das Datum, mit dem die Symbole auf dem Höhlenboden verschlüsselt sind.«
    »Unfassbar!«, staunte Peter. »Sollte sich nun alles zusammenfügen?«
    »03061239 ist das Datum?«, fragte Patrick. »Haben Sie es schon ausprobiert?«
    »Nein, ich hatte die E-Mail gerade erst bekommen, als wir nach unten gingen.«
    »Dann los! Lassen Sie uns den Rechner damit füttern!«
    Sie schalteten den Computer an, starteten Programme und nahmen verschiedene Eingaben vor. Währenddessen saß Peter neben ihnen auf einem Stuhl und beobachtete gebannt, wie sich Zahlenreihen änderten, vervollständigten, verschwanden, wieder auftauchten, und wie sich langsam Buchstabenmuster entwickelten. Die Situation schien ihm eine fast vollkommene Metapher für ihre eigene Lage, ja für den menschlichen Geist überhaupt zu sein. Alle Informationen waren stets da. Sie mussten nur zusammengetragen werden. Und dann fehlte manchmal nur noch ein winziger Auslöser, ein Name, eine Zahl, und aus der Schwärze schälte sich allmählich ein Muster hervor: die Lösung, die Erkenntnis.
    »Es ist Latein!«, rief Stefanie plötzlich aus.
    Auf dem Bildschirm waren jetzt Buchstabenkombinationen zu sehen, die sich nach und nach ergänzten und ganze Wörter bildeten. Schließlich beendete das Computerprogramm seine Arbeit und hinterließ einen Text auf dem Bildschirm:

    haecsuntscientiaearchiaquaepatentilli

    squisuntcustodesmysteriorumhicestregi

    ussanguisquemintelleguntilliquisuntsa

    xidubitatoreshaecestvisquamundisuntcr

    eatihocestpericulumquomundisuntdeleti

    Sie starrten den Bildschirm sekundenlang schweigend an. Keiner schien es fassen zu können, dass sich aus den Symbolen und ihren Rechenspielchen tatsächlich eine sinnvoll scheinende Buchstabenkette herauskristallisiert hatte.
    »Können Sie das übersetzen, Stefanie?«, fragte Peter schließlich.
    »Ja. Es ist sehr merkwürdig. Es heißt:

    › Haec sunt scientiae archia

    quae patent illis, qui sunt custodes mysteriorum

    hic est regius sanguis,

    quem intellegunt illi, qui sunt saxi dubitatores

    haec est vis, qua mundi sunt creati

    hoc est periculum, quo mundi sunt deleti. ‹

    Dies sind die Archive des Wissens,

    denen zugänglich, die Bewahrer der Mysterien sind.

    Dies ist das königliche Blut ,

    denen verständlich, die Zweifler des Felsens sind.

    Dies ist die Kraft, durch die Welten erschaffen wurden.

    Dies ist die Gefahr, durch die Welten vernichtet wurden. «

    » Archive des Wissens «, wiederholte Patrick, »das habe ich doch schon mal gehört... Höhle des Wissens, Lutherarchive...«
    »In der Tat«, sagte Peter, »unsere Vermutung scheint also zu

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