Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht
ich langsam.« Sie atmete tief ein. »Würden Sie mir bitte sagen, was ich falsch mache?«
Er sah sie an, und seine Augen schienen etwas in ihren zu suchen. Schließlich zog er eine Grimasse und sagte: »Wenn du dort draußen bist und jemand kommt auf dich zu, was machst du dann? Als Allererstes? Raus damit.«
»Ich gehe im Kopf die Vorschriften zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung durch. Lage analysieren, Schlachtplan aufstellen, Konfrontation.«
»Gut. Als Nächstes?«
»Genau das ist es, Sir. Wie es scheint, bin ich immer noch beim Aufstellen des Schlachtplans, da werde ich schon angegriffen. Ich habe nie genug Zeit, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Stets werde ich schon vorher in den Kampf verwickelt. Und das zwingt mich in die Defensive.«
»Du brauchst also zu lange, um die nächsten Schritte festzulegen.« Er zuckte die Achseln. »Das ist am Anfang ganz normal.«
»Ich versuche immer, alle denkbaren Möglichkeiten abzuschätzen, bevor ich entscheide, was ich tun werde. Das ist der logische Weg. So geht man vor.«
»Schätzchen, in einem schmutzigen Kampf gibt es keine Logik. Draußen in den Straßen geht’s ums Überleben.«
»Aber ein Kampf muss ehrenhaft geführt werden. Es gibt Regeln.«
Wieder schnaubte er verächtlich. »Jetzt hörst du dich an, als hätten wir beide ein Date. Du willst Regeln, Jet? Ganz einfach. Erste Regel: Überlebe. Zweite Regel: Sei nicht dein eigener Feind. Alles andere ist Übungssache. Irgendwann weiß dein Körper von allein, was er tun muss, auch wenn dein Kopf noch versucht, die Lage zu erfassen.«
»Aber –«
»Kein Aber!« Er schlug mit der Faust auf den Tisch, und Jet fuhr von ihrem Stuhl hoch. »Hör auf, es rational zu betrachten. Hör auf, die Welt mit rosa Farbe zuzukleistern. So läuft’s nicht. Du gehst da raus in deinem schicken schwarzen Kostüm. Siehst aalglatt aus. Hast völlig falsche Vorstellungen vom Kämpfen im Kopf. Denkst, es muss ruhmreich sein und ritterlich. Darum geht s aber nicht. Es geht nur ums Überleben, koste es, was es wolle. Sonst wirst du getötet. Mach dir das klar, Mädchen.«
Jet war verärgert, hielt aber den Mund.
»Die bösen Jungs da draußen kümmert es einen Scheißdreck, ob du mitten im Kampf für ein Foto posieren musst, weil irgend so eine dämliche Vereinbarung mit deinem Sponsor das verlangt. Weil in deinem Vertrag steht, dass du dir keine Gelegenheit entgehen lassen darfst, um dich vor der Presse ins rechte Licht zu rücken.« Seine Augen schossen Blitze, und ein bitteres Lächeln trat auf sein Gesicht. »Denk lieber nochmal darüber nach, ob die Welt wirklich so ist, wie du sie siehst. Arroganz bedeutet den Tod.«
»Sir«, sagte sie mit weicher Stimme, »es tut mir leid. Ich –«
»Halt die Klappe! Mitgefühl ist noch viel schlimmer als Arroganz. Arroganz ist zumindest schon mal der richtige Ansatz. Du bist eine starke Kämpferin, eine Kriegerin. Du hast dein Leben dem Schutz von Zivilisten vor dem Abschaum der Welt geweiht.« Seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Aber Mitgefühl ist tödlicher als Arroganz, Mädchen. Wenn du Mitgefühl zeigst, hast du bald ein Messer zwischen den Rippen oder der Schuss eines Plasmagewehrs trifft dich am Kopf. Du brauchst einen Leitspruch, Jet? Hier ist einer: Sie zählen nicht.«
»Wer zählt nicht, Sir?«
»Sie. Die Feinde, die du bekämpfst. Sobald du anfängst, darüber nachzudenken, dass es auch Menschen sind, wird dein Herz jeden Plan vermasseln, den dein Kopf sich ausdenkt.« Er stieß ihr seinen ausgestreckten Zeigefinger entgegen. »Zu viel Nachdenken macht dich langsam. Zu viel Mitgefühl wird dich töten.«
»Ich verstehe«, sagte sie langsam. Der Ratschlag gefiel ihr nicht, aber sie wusste das Körnchen hässlicher Wahrheit zu schätzen, das er enthielt.
»Nein, Mädchen. Tust du nicht.« Er lachte bellend. Das Geräusch tat ihr in den Ohren weh. »Du denkst, du weißt es besser. Du denkst, bei dir ist es anders. Du denkst, du kannst einfach da rausgehen und verständnisvoll sein und trotzdem hart. So funktioniert das nicht, Schätzchen.«
»Dann zeigen Sie mir, was ich tun muss.«
Er holte Luft. »Wie war das?«
Sie beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Bringen Sie es mir bei, Schritt für Schritt. Zeigen Sie mir, wie ein Held der Schwadron kämpfen sollte.«
»Dafür gibt es im vierten Jahr spezielle Ausbilder«, wehrte er verächtlich ab. »Madame Marvel und Fisticuffs, glaube ich. Die können dich sogar mit Tipps
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