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Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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als die Frau die Hände hob und mit wirren Worten um Gnade winselte. »Du willst meine Kohle nicht. Was soll ich also tun?«
    »Bitte nicht«, flehte sie mit erstickter Stimme. »Ich habe seit einer halben Stunde frei. Ich darf jetzt keine Geschäfte mehr machen …«
    »Wirst du aber«, fuhr er sie an. Sein Gesicht war schweißgebadet. »Wirst du aber. Ihr Schlampen seid doch alle gleich. Im Grunde wollt ihr es doch.«
    »Bitte«, schluchzte sie. »Ich verdiene mir doch nur meinen Lebensunterhalt.«
    »Hure!«, schrie er, hörte auf, an seiner Hose zu fummeln, und versetzte ihr stattdessen einen harten Tritt.
    Zeit für Iridium, sich bemerkbar zu machen.
    »He«, sagte sie und trat in sein Blickfeld, »zumindest hat sie einen Job. Was hast du denn anzubieten, du Weichei?«

Der Mann richtete das Krallenmesser auf Iridium. »Verpiss dich. Das hier geht dich nichts an.«
    Als die Prostituierte Iridium sah, begann sie aus voller Kehle zu schreien. »Bitte, helfen Sie mir! Er hat mich nicht bezahlt. Er hat mich geschnitten. Er wird mir noch mehr weh tun!«
    »Ist das wahr?«, fragte Iridium den Mann.
    »Wen interessiert das?«, fauchte er. »Was weiß denn ein Held schon von Nutten? Schieb deinen vornehmen Corp-Hintern hier weg, du kleines Miststück!«
    »Prostituierte müssen jederzeit einen gültigen Ausweis vorzeigen können. Und ein Gesundheitszertifikat«, zitierte Iridium die Vorschriften. Gott sei Dank hatte sie in Rechtskunde für Helden gut aufgepasst, anstatt sich durchzumogeln, wie in Ethik für Außermenschliche. »Werden sie nicht in Begleitung eines lizenzierten Geschäftsführers angetroffen – umgangssprachlich bekannt als Zuhälter – und ist ihre obligatorische Acht-Stunden-Schicht um, ist es illegal, eine geschäftliche Transaktion mit ihnen abzuwickeln. Anderenfalls kann ihnen die Lizenz entzogen werden.«
    »Wenn du nicht sofort die Klappe hältst, schlitz ich dir die Kehle auf«, knurrte der Mann. »Glaubst du vielleicht, das ist die erste Nutte, die mich abgewiesen hat?«
    Iridium blickte auf die schluchzende Frau, dann in das grinsende Gesicht ihres Peinigers.
    »Das reicht jetzt«, sagte sie und wunderte sich selbst, wie kalt ihre Stimme plötzlich klang.
    Der Mann schien ebenfalls überrascht. Er blinzelte und stürzte sich auf Iridium. »Ich werde dir beibringen, dein vorlautes Maul zu halten!«
    »Und da Sie mich soeben bedroht haben, während ich in offiziellem Auftrag handle«, fuhr Iridium fort und nahm Kampfhaltung ein, »gestatten mir die Vorschriften zu tun, was immer ich für angemessen halte, um Sie zur Vernunft zu bringen. Ohne Rücksprache.«
    »Ich werde dir ein für alle Mal dein dreckiges kleines Maul stopfen!«, höhnte er.
    Sie sah zu der Frau hinunter, die immer noch wimmernd am Boden lag. »Vielleicht sollten Sie besser weglaufen.«
    Die Prostituierte rappelte sich hoch und stolperte, so schnell sie konnte, die nächste Gasse hinunter. Iridium wandte sich wieder dem Mann mit dem Krallenmesser zu. »Ich bin Iridium«, sagte sie im Plauderton. »Ich würde gerne wissen, wie Sie heißen, bevor ich sie bewusstlos schlage.«
    »Mein Name ist Paul Collins. Und nachdem ich dich aufgeschlitzt habe, meine Kleine, werde ich deine Leiche ficken.« Er grinste. »Du bist zwar nicht die Jüngste, die ich je erwischt habe, aber mit Abstand die Hübscheste.«
    Iridium spürte, wie sie erneut diese Kälte überkam. Es fühlte sich fast an, als würde sich einer von Jets Schattenkriechern um ihren Körper wickeln. Und in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass Paul Collins niemals auf die Art seiner gerechten Strafe zugeführt werden würde, wie man es an der Akademie gelehrt bekam. Prostituierte durften nicht unter Eid vor Gericht aussagen. Und in Alleytown gab es wahrscheinlich Hunderte Typen wie Paul Collins.
    Niemand sah sie. Niemand wollte sie sehen. Jet und die anderen waren genau das, was Nights Stimme an jenem Tag auf dem Gang verkündet hatte: Posen und Vorzeigegesichter. Das war alles, was die Akademie von ihr wollte. Sie sollte auch so sein. Corp tat so, als gäbe es diese schmutzige Gasse gar nicht und auch nicht diesen Mann mit der Klinge.
    Was bedeutete, dass es auch seine Opfer nicht gab. Und das war nicht richtig. Es war nicht fair.
    Plötzlich verstand Iridium ganz genau, warum ihr Vater der Schwadron den Rücken gekehrt hatte.
    Paul Collins warf sich auf sie.
    Zum zweiten Mal an diesem Tag fiel Iridium. Als sie zu Boden ging, konnte sie seinen Atem riechen, leicht

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