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Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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zusammengekrümmt auf der anderen Seite des Tisches liegen. Die Spitzen seiner blauen Haarstacheln waren angesengt. »Frostbite!«, schrie sie und zeigte mit ihrer freien Hand auf Dawnlighter.
    »Schon dabei!«, gab er zurück und warf Eis auf die Rasende. Zuerst umhüllte er ihre Hände damit. Und dann überzog er den Rest ihres Körpers mit einer feinen Schicht aus Eiskristallen.
    Dawnlighter wankte. Überströmt von Blut und Tränen ging sie in die Knie. »Dreckig … dreckig … dreckig …«, murmelte sie vor sich hin. Bis Iridium aufstand und ihr einen kräftigen Tritt mitten ins Gesicht verpasste.
    Dawnlighter kippte um und sackte zusammen. Zwischen ihren aufgeplatzten Lippen drang immer noch ein schwaches Murmeln hervor.
    Die Lichter im Raum flackerten, gingen aus und dann in voller Stärke wieder an.
    »Mach dass sie still sind!«, wisperte Jet und presste sich die Hände auf die Ohren.
    Bevor Iridium Jet trösten konnte, stürmte ein Runner durch die Tür, dicht gefolgt von einem Eindämmungsteam in voller Kampfausrüstung sowie ein paar Proktoren, die der Alarm aufgescheucht hatte.
    Night rauschte zu ihnen herüber, sein Umhang bildete pechschwarze Strudel auf dem Fußboden. »Was ist passiert, Iridium?«
    »Dawnlighter ist ausgeflippt«, antwortete sie. Ihre Zähne klapperten, und ihre Hände zitterten. »Jet … Jet ist …«
    Night klopfte ihr auf die Schulter. »Atme. Und du auch, Frostbite. Atmet, bis ihr wieder normal sprechen könnt, und rührt euch nicht von der Stelle.«
    Mit diesen Worten beugte er sich über Jet, und sein Umhang verdeckte die Sicht. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, das Iridium nicht hören konnte. Einen Augenblick später holte Jet tief Luft, schluckte bebend, und ihr Schluchzen verebbte. Sie setzte sich auf und schlang die Arme fest um Night. Der versteifte sich zuerst, legte aber nach kurzem Zögern seine schwere, behandschuhte Hand auf ihren Rücken und ließ zu, dass sie sich an seine Rüstung klammerte.
    »Die Runner werden euch auf eure Zimmer bringen«, sagte er zu Iridium und Frostbite. Seine Stimme war kalt wie der Tod. »Der Superintendent wird euch später rufen lassen.«
    »Jet …«, begann Iridium und wollte zu ihrer Freundin gehen.
    »Vielleicht habe ich mich ja nicht deutlich genug ausgedrückt«, sagte Night, und der Klang seiner Stimme ließ sogar Frostbite das Blut in den Adern gefrieren. »Geht. Augenblicklich. Jet wird sich erholen.«
    Zwei Runner in weißen Kitteln kamen mit einer schwebenden Krankenliege herein und legten Dawnlighter darauf. Sie wurde festgeschnallt und bekam eine Injektion in die Pulsader. Was immer das für eine Droge sein mochte, jedenfalls endeten ihr Gemurmel, Gekicher und Zähneklappern schlagartig.
    »Was ist mit ihr?«, fragte Iridium. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass etwas sie jemals so durcheinandergebracht hatte, seit die Vordertür des Bradford’schen Hauses explodiert war und ein Trupp Helden ihren Vater fortgeschleift hatte.
    »Sie braucht eine Therapie«, gab Night in barschem Ton zurück. »Wenn euch nicht das Gleiche passieren soll, dann vergesst den heutigen Tag für immer, und zwar alle beide.«
    »Aber klar doch«, murmelte Iridium leise, während sie zusah, wie Dawnlighter auf ihrer Trage durch die Tür des Meditationsraums schwebte, in den Lift verfrachtet und nach oben gefahren wurde. Über diesem Stockwerk gab es nur noch ein weiteres, und dort befand sich der Trakt der Geistkräfte, die psychiatrische Abteilung der Akademie. Iridium erschauerte.
    »Ich meine es ernst«, wiederholte Night. »Geh mit einem Runner auf dein Zimmer, bevor ich wirklich wütend werde. Ich kümmere mich schon um deine Mitbewohnerin.«
    »Sie ist nicht meine Mitbewohnerin«, erwiderte Iridium. »Sie ist meine Freundin.«
    Night ging nicht darauf ein, aber sie konnte spüren, wie sein Blick sie versengte.
    Sie nahm ihre Tasche und wollte zusammen mit Frostbite hinüber zu den Runnern gehen. Doch blieb sie wieder stehen und nahm die kleine Taschenlampe aus ihrer Halterung. Sie gehörte zur Notausrüstung, die sie alle an ihrem ersten Tag an der Akademie bekommen hatten.
    »Hier«, sagte sie und ging noch einmal zurück zu Night. »Geben Sie ihr die. Ich benutze sie sowieso nicht.«
    Night nickte, als er den kleinen Stab an sich nahm und irgendwo unter seinen Umhang steckte. »Ich sorge dafür, dass sie sie bekommt.«
    Erst dann ließ sich Iridium von einem Runner auf ihr Zimmer geleiten.
    Sie wusste, sie bildete es sich nur ein.

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