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Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht

Titel: Projekt Ikarus 01 - Schatten und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge
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wenn Frostbite richtig lag und Moore wirklich derjenige war, der Kidder die sensiblen Informationen über Corp zugespielt hatte, dann bedeutete das, die Wirkung der Therapie ließ nach … Oder sie hatte gar nicht angeschlagen, und Moore spielte ihnen ganz ungeniert etwas vor. Auf jeden Fall verfügte der Mann über ein Motiv, um sich Corps Untergang zu wünschen.
    Und wenn man in Betracht zog, wo er arbeitete und in welcher Position, dann verfügte er auch über die Mittel, das zu bewerkstelligen.
    »40 Jahre«, überlegte sie laut. »Eine lange Zeit, um Verbitterung aufzustauen.«
    »Keine Ahnung.« Noch ein wenig trockener, und Frostbites Stimme wäre der perfekte Martini. »Ich habe noch 34 Jahre vor mir.«
    Jet ignorierte seinen Einwurf. »Wenn die Wirkung der Therapie mit der Zeit nachlässt, wird das Exekutivkomitee Probleme kriegen.«
    »Schon der bloße Gedanke daran erwärmt mein Herz und benebelt meine Sinne.«
    Darauf hätte Jet ihren Hintern verwettet. »Vielen Dank für die Informationen, Frostbite. Ich weiß deine Hilfe wirklich sehr zu schätzen.«
    »Lass das.« Der humorvolle Ton in seiner Stimme zerbröselte und erstarb, nur kalte, brutale Wut blieb übrig. »Wage es ja nicht, mir zu danken. Wir sind keine guten Kumpels! Und tu nicht so, verdammt, als ob zwischen uns alles in Ordnung wäre!«
    Sie seufzte. »Ich weiß.«
    »Mach einfach, was du gesagt hast. Wenn es eine Verbindung zwischen Kidders Verschwinden und dem Exekutivkomitee gibt, dann gehst du damit an die Öffentlichkeit.«
    »Das werde ich. Du hast mein Wort.«
    »Jaja. Wir wissen doch alle, wie wichtig dir das ist.«
    Jet runzelte die Stirn. Frostbites Verachtung hallte in ihrem Kopf nach. Ihr Wort war ihr wichtig. Und sie hatte vor, es zu halten.
    Und das bedeutete, sie musste Martin Moore aus dem Schlaf reißen.
    In der Dunkelheit vor dem Morgengrauen nickte Jet sich selbst aufmunternd zu. Ihr schwarzer Umhang machte es ihr leicht, mit den schweren Schatten der Nacht zu verschmelzen. Am Ende blieb sie für jeden unsichtbar, der unten auf der Straße vorüberging oder durch die Luft vorbeiflog. Und dann war sie bereit, den entscheidenden nächsten Schritt zu tun.
    Sie griff in ihr Innerstes, berührte den Schatten … und zerfloss.
    Grau quoll in die Welt, die sie umgab. Alle anderen Farben wurden von der Macht des Schattens ausgelaugt. Einer ihrer früheren, längst verstorbenen Ausbilder hatte diese Fähigkeit einmal als Morphing oder Ghosting bezeichnet oder – um die Wissenschaftler unter ihnen zu beschwichtigen – als Molekularisieren. Für Jet war es aber einfach nur Schattenschlüpfen.
    Und, um ehrlich zu sein, es machte einen Riesenspaß. Feste Gegenstände zu durchdringen, versetzte sie immer in einen rauschähnlichen Zustand. Ganz abgesehen von den Gesichtern, die die Leute machten, wenn sie scheinbar aus dem Nichts auftauchte.
    Sie wusste, das war nicht gerade heldenhaft. Aber zumindest war sie in dieser Sache ehrlich.
    Lächelnd schlüpfte sie durch das geschlossene Fenster in Moores Schlafzimmer. Der Mann lag im Bett und schlief gerade ein. Ein altes, von Falten durchzogenes Gesicht. Die Haare – oder was davon übrig war – so weiß wie Iridiums Kostüm. Neben dem Bett stand ein kleines Tischchen, darauf eine altmodische, gerahmte Fotografie, die zwei halbwüchsige Jungen zeigte. Weitere Details konnte Jet in dem Halbdunkel des Zimmers nicht ausmachen. Es sah aber so aus, als ob sie unverschämt grinsten, ganz so, wie Jugendliche es häufig tun.
    Als ob du so verdammt alt wärst, gluckste Iris vergnügte Stimme in Jets Kopf. 22. Wirklich uralt. Aber andererseits benimmst du dich ja auch wie eine alte Schachtel, also ist die Verwirrung verständlich.
    Jet schwebte neben Moores Bett. Plötzlich erstarrte sie.
    Was ist? Störe ich dich etwa bei etwas sehr Wichtigem? Sieh dich doch mal an: Du schleichst dich in die Wohnung eines alten Mannes. Willst ihm Angst machen, damit du an Informationen kommst. Vielleicht sind wir beide doch nicht so verschieden, Joannie.
    Zumindest bin ich keine Abtrünnige, konterte sie.
    Oh, was für eine Retourkutsche! Ist es das, was sie euch an der Akademie beigebracht haben, nachdem ich weg war?
    Genug. Ich habe einen Job zu erledigen.
    Bei dir geht es immer nur um den Job, sagte Iri lachend. Oder etwa nicht?
    Iris Lachen verklang. Jet setzte ein entschlossenes Gesicht auf und näherte sich Moores Bett. Der alte Mann musste sich eben erst hingelegt haben; sein Atem ging noch nicht so ruhig

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