Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

jetzt auch bald Arclight und Glitter Vic dingfest machen.«
    Diese letzten Worte ärgerten ihn.
    Sobald Celestina kurz Luft holte, entließ er sie mit höflichen Worten. Er wollte unbedingt verhindern, dass sie jedes Mal anfing zu labern wie ein Wasserfall, wenn sie in seine Nähe kam. Immer noch kichernd wie eine Schwachsinnige ging sie hinaus und schloss die Tür hinter sich. Night blickte finster, während er hörte, wie dieses Kichern langsam leiser und leiser wurde und schließlich verklang. Das Mädchen bewunderte ihn, ganz klar. Aber sie fürchtete ihn nicht.
    Das würde sich ändern.
    Er wandte sich seinem Computer zu und rief die neuesten Berichte, Zeitungsartikel und Meinungsumfragen zu Arclight und Glitter Vic auf. Die Massenmedien waren immer noch angemessen entsetzt darüber, dass sich Gute in Böse verwandelt hatten, während sich Politiker jeglicher Couleur weiterhin offen hinter Corp-Co und deren Bemühungen stellten, die Bradfords zu verleumden, indem sie behaupteten, die hätten von Anfang an ein falsches Spiel gespielt. Was tat es schon zur Sache, dass Luster der offizielle Held von New Chicago gewesen war. Massenmedien hatten ein extremes Kurzzeitgedächtnis, wie es schien.
    Die Journalisten der Untergrundmedien dagegen liebten die Bradfords, nannten sie Bonnie und Clyde der Schwadron. Besonders ein Schmierblatt, das sich clevererweise Underground nannte, war komplett vernarrt in Arclight. Sie veröffentlichten Bild über Bild von ihm. Arclight, wie er in eine der größten Banken der Stadt, die New Chicago Savings, spazierte. Arclight, wie er die Leute mit humorvollem Geplänkel und Witzen unterhielt, während er und Glitter Vic sie mit ausgesuchter Höflichkeit um alles erleichterten, was sie bei sich trugen. Er und seine Partnerin, wie sie einen glanzvollen Abgang in einem Müllgleiter machten, der draußen auf sie wartete. Night sah den letzten Leitartikel durch und verdrehte genervt die Augen angesichts des hirnverbrannten, bombastisch übertriebenen Geschreibsels einer gewissen Lynda Kidder. Danach wandte er sich vom Bildschirm ab. Und während seine behandschuhten Finger rhythmisch auf die Tischplatte trommelten, sann er über die Lage nach.
    Lester Bradford. Anerkanntes Genie. Meister des Lichts. Verräter an Corp-Co.
    Eine Enttäuschung, gewiss, aber Night konnte nicht sagen, dass er wirklich überrascht war. Bradford war schließlich eine Lichtmacht, egal, was für einen idiotischen Namen er sich auch geben mochte. Er war immer noch ein arroganter Hurensohn. Glaubte wirklich, er könnte Corp-Co eine Nase drehen und es mit der gesamten Schwadron aufnehmen, Stück für Stück.
    Das Problem bestand natürlich darin, dass Arclight bis jetzt genau das gelungen war. Die Polizei wollte keinen Außermenschlichen verfolgen – besonders keinen, mit dem sie in der Vergangenheit bei so vielen Verhaftungen von Schurken zusammengearbeitet hatte. Und die Handvoll Mitglieder der Schwadron, die versucht hatten, Arclight zu fangen … nun ja, Night war überzeugt, sie müssten jetzt jeden Tag aus der medizinischen Betreuung entlassen werden.
    Er schnitt eine Grimasse. Die waren alle zweite Wahl, und man schickte sie aus, um den Job der ersten Garde zu machen. Lächerlich.
    Aber Team Alpha gab es nicht mehr. Die Trennung zwischen den Helden war abgeschafft. Sie waren jetzt alle gleichberechtigte Mitglieder der Schwadron und bekamen ihre Anweisungen direkt vom Exekutivkomitee. Und diese Anweisungen waren klar: Man verfolgte nur den Abtrünnigen, der einem zur Gefangennahme zugeteilt wurde, es sei denn, man erwischte einen anderen in flagranti bei einer illegalen Handlung, während man aufstreife war. Das stand sogar im neuen Handbuch.
    Nun, am Ende würde es Night sein, der seinen früheren Teamkameraden stellen musste.
    Nights Grimasse verzog sich zu einem verkniffenen Lächeln. Wenn er außerordentlich großes Glück hatte, dann wären nur ein paar mehr von diesen Artikeln im Underground nötig oder vielleicht auch nur eine einzige Titelstory, in der sich Arclight damit brüstete, ein moderner Robin Hood zu sein. Wahrscheinlich aber würde es Monate dauern, vielleicht sogar Jahre. Bürokratie war ein Albtraum, aber so lief es nun mal in der Welt.
    Schließlich und endlich würde Corp-Co ihn, Night, auf die Bradfords ansetzen.
    Und wenn das geschah, würde Night nicht gegen einen ehemaligen Kameraden antreten, einen Mann, den er, wenn auch widerwillig, respektierte. Nein, Luster war tot und vergessen,