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Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Titel: Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge , Jackie Kessler
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davonkommen?«
    Lester schenkte den Kameras sein überwältigendes Lächeln – das Lächeln, das er bei Corp gelernt hatte. Es war überaus charmant und vollkommen ohne Gefühl. »Aaab-sooo-luuut.«
    Das Heulen von Sirenen in einiger Entfernung rief ihm ins Gedächtnis, dass die Polizei von New Chicago in Kürze hier sein würde. Ihm blieb noch etwa eine Minute, bevor der eine oder andere Held auftauchte.
    »Haben Sie noch etwas zu sagen?«, schrie eine andere Stimme. »Irgendeine Botschaft an Corp?«
    Lester tippte sich grüßend an die Stirn und zwinkerte der zierlichen blonden Reporterin zu, in deren Gesicht die Folgen einer missglückten Schönheitsoperation leider nicht zu übersehen waren.
    »Das habe ich in der Tat.« Er wog seine Beute so in den Händen,

dass das Logo der First National garantiert ein paar Stunden später in allen Nachrichten richtig gut zu sehen wäre.
    »Und was ist das?«, drängte die Reporterin.
    Lester grinste, und diesmal war es nicht ein bisschen gespielt. »Catch me if you can.«
    »Wo bist du gewesen?«, wollte Valerie wissen, als Lester seinen Umhang ablegte und die beiden Säcke in ihrem Tresor im Flurschrank verstaute. Er warf einen Haufen schmutziger Wäsche darüber. Dann drehte er sich zu seiner Frau um, die ihm mit finsterer Miene ein frisches Hemd und einen Schlips reichte.
    »Sieh dir die Nachrichten an. Dann wirst du schon sehen.«
    »Hast du etwa die Geburtstagsfeier deiner Tochter vergessen? Sie ist übrigens in vollem Gange, während wir hier reden.«
    Lester zog das Hemd an und band sich den Schlips um. In solchen Sachen wollte er früher, in seinem alten Leben, nicht mal tot gefunden werden. Aber das hier war nicht das Leben. Das hier war Tarnung. Charlie Ryan trug solche tuntigen Dinger sogar zu Hause, also ertrug Lester sein Schicksal ohne Murren.
    »Natürlich nicht. Ich hab dir doch gesagt, ich würde pünktlich sein, oder nicht?« Er sah in den Spiegel und strich seine Haare glatt. Jetzt, da er sie nicht mehr auf Corps Verlangen hin färben musste, stahlen sich hier und da ein paar weiße Strähnen in das satte Schwarz, eine verfrühte Mahnung daran, welch harten Weg er bis hierher gegangen war.
    »Callie hat nach dir gefragt.« Valerie schlang ihre Arme um seine Taille und küsste ihn oben aufs Ohr.
    Lester drehte sich um, um die Geste zu erwidern. »Ich bin einfach nur erleichtert, dass sie nicht aus Versehen den Clown mit Strobos bewusstlos geschossen hat.«
    »Es gibt keinen Clown.« Valerie zog missbilligend eine Augenbraue hoch. »Er hat sich verspätet, und seine Verbindung schaltet direkt auf die Mailbox um.«

»Zum Teufel mit ihm!«, fluchte Lester und löste sich aus Valeries Umarmung. »Für den Haufen Geld, den ich dem Wichser bezahlt habe, sollte er Saltos rückwärts drehen, dabei Luftballontiere machen und obendrein die Nationalhymne pfeifen.«
    »Les.« Valerie schluckte einen Kloß hinunter, als er die Stirn runzelte und fortfahren wollte. »Charlie. Ich habe das schon geregelt. Geh und genieße die Party. Und, um Gottes willen, gratuliere deiner Tochter zum Geburtstag.«
    Lester nickte stramm und ging den Flur hinunter ins Wohnzimmer, wo neun über und über mit Zucker bekleckerte Siebenjährige abwechselnd kreischten, auf dem Sofa herumhopsten und sich noch mehr Zucker ins Gesicht schmierten.
    »Na, wo ist mein Geburtstagskind?« Sie hatten Callie erklärt, warum ihr Vater manchmal ein Brite war und dann wieder nicht. Das war zwar nicht einfach gewesen, aber mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt.
    »Daddy!«, kreischte sie auf, sprang vom Sofa und direkt in seine Arme. »Hast du mir ein Geschenk mitgebracht?«
    »In der Tat, das habe ich«, erwiderte er. »Aber das muss warten.«
    Callie machte sich los und wandte sich wieder ihrem Spiel zu. Sie war aufgeblüht, seit die Familie Corp verlassen hatte, selbst unter falschem Namen und in dem anonymen Vorstadthaus. Kein Runner mehr, der über jeden ihrer Schritte wachte, keine Yuriko mehr, die mit ihr schimpfte, weil sie schon wieder einen Schokoriegel aß, von dem sie zu fett werden würde für ihr Branding.
    Keiner mehr, der sein kleines Mädchen ausspionierte um herauszufinden, ob sie geeignetes Futter für Corps Heldenmaschinerie war.
    »Daddy, hast du den Kuchen gesehen, den Mami gebacken hat?«, schrie Callie. »Er ist sooo groß.« Sie breitete die Arme aus, so weit sie konnte, und fiel vom Sofa. Kichernd landete sie auf dem Teppich, und ein paar ihrer kleinen Freunde stimmten in das

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