Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
verbleibende Einrichtung der Schwadron, die Akademie für Außermenschliche in New Chicago, beschränkt bleiben. Werden mehr als sieben Mitglieder der Schwadron, gleich ob im Dienst oder in ihrer Freizeit, an anderen als den genannten, von Corp-Co bereits genehmigten Stellen bzw. an Orten, für die im Voraus eine Genehmigung von Corp-Co einzuholen ist, gemeinsam angetroffen, so sind diese mit sofortiger Wirkung vom aktiven Dienst suspendiert. Sollten Sie zu diesem Strategiewechsel irgendwelche Fragen haben, wenden Sie sich bitte an den zuständigen Vertreter von Corp-Co für Außermenschliche Ressourcen in ihrer Region.
Night schnaubte verächtlich. Er würde die Hauptquartiere nicht vermissen, bei Gott! Ständig nur von anderen Idioten umgeben zu sein, die unentwegt diesen Die-Pflicht-zuerst-Scheiß herbeteten, hatte ihn ohnehin zur Weißglut getrieben. Aber es ärgerte ihn maßlos, in seinem Umgang mit anderen Außermenschlichen beschnitten zu werden. Zugegebenermaßen, normale Menschen waren nicht viel mehr als dumme Schafe, Kanonenfutter.
Und doch mussten er und seine Brüder ab jetzt mehr als fünfzig Prozent ihrer aktiven Dienstzeit den Sponsoren widmen. Diese Schafe hatten ohne Zweifel gelernt, wie man sich einen Wolfspelz überwarf, grübelte er. Die Dreifach-Schlagzeile von Angelicas Ermordung, Blackouts Verurteilung und Lusters Treuebruch, und das alles innerhalb von zwei Monaten, hatte dem guten Ruf der Schwadron erheblichen Schaden zugefügt. Dadurch war auch der Kurs der Corp-Aktie in den Keller gerauscht. Die Anteilseigener waren keineswegs erfreut gewesen.
Außermenschliche mochten ja kleine Götter sein im Vergleich zu ihren normalmenschlichen Verwandten, aber Geld machte selbst Götter zu Sklaven.
Bradford musste sich gerade totlachen.
Die Stimme eines Mannes rief: »Rick?«
Night setzte ein breites Lächeln auf, schloss den Bericht und wandte sich seinem Bruder zu.
Frank Wurtham sah gut aus. Er war jetzt ein richtiger Mann, nicht mehr der unausstehliche Teenager, den Night in Erinnerung hatte. Na ja, es war ja auch mehr als zehn Jahre her, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Da musste sich einiges verändert haben.
Aber Night zählte darauf, dass gewisse Dinge auch ganz genau gleich geblieben waren. Er nickte. »Frank.«
Sein Bruder streckte ihm eine Hand hin, und nach einem kurzen Moment des Zögerns griff Night zu. Sie schüttelten sich die Hände, und Night registrierte leicht amüsiert, wie sein Bruder nach anfänglicher Vorsicht versuchte, so fest er nur konnte zuzudrücken.
Mit den Augen deutete Frank auf Nights Kaffeetasse. »Brauchst du Nachschub?«
»Nein.« Night hielt seine Stimme gleichmäßig. »Danke.«
Sein Bruder setzte sich, und ungefähr eine Minute lang sagte keiner von beiden ein Wort. Sie sahen sich bloß an. Night konnte beinahe jede einzelne Emotion wahrnehmen, die durch Franks Augen flackerte: Sorge, Furcht, Aufregung, Hoffnung.
Schließlich sagte Frank: »Ich habe von deinen Heldentaten gelesen.«
›»Heldentaten?‹ Meinst du meine Arbeit?«
»Deine Kostümabenteuer, ja.« Frank holte tief Luft. »Rick, du hast mich vor all diesen Jahren nicht bis zum Ende angehört. Ich hoffe, du wirst es jetzt tun.«
»Beziehst du dich auf die Zeiten, in denen du mich eine Laune der Natur zu nennen pflegtest? Eine Missgeburt? Als du mir sagtest, dass ich und meinesgleichen eine Gefahr für die gesamte Menschheit wären und im Interesse des Allgemeinwohls für immer weggesperrt werden sollten?« Night lächelte dünn. »Ich weiß, der Gedanke, dass ich nicht von meinem kleinen Bruder beleidigt werden wollte, muss ein großer Schock sein.«
Franks Gesicht überzog sich mit flammendem Rot. Zumindest besaß er den Anstand, sich dafür zu schämen. »Ich war ein Kind. Ich hätte solche Dinge niemals auf diese Art zu dir sagen dürfen.«
»Du meinst, wie ein eifersüchtiger Normalo?«
Die Augen seines Bruders flackerten, und eine Sekunde lang war er wieder da, der alte Hass, trampelte über sein Gesicht und verzerrte es zu etwas furchtbar Hässlichem. Dann glätteten sich seine Züge wieder, der Zorn wurde ausradiert, und es blieb nur Ernst zurück. »Ich kann verstehen, warum es so ausgesehen haben mag. Es war keine Eifersucht, Rick. War es nie.« Er breitete die Hände aus und vollführte eine beruhigende Geste. »Es war Sorge.«
»Um mein Wohlergehen? Ich bin gerührt.«
»Du bist mein Bruder, und ich liebe dich. Ich will nur das Beste für dich.« Er hielt
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