Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht
sie ein weiteres Eindämmungsteam zum Haus der Ryans. Und einen Krankenwagen.« Sein Blick wanderte erneut durch das Wohnzimmer. »Oder besser zwei.«
Nicht einmal drei Monate später wurden Glitter Vic und die sogenannten Schurkinnen Ersten Grades beim Überfall auf ein Geldinstitut erwischt. Bei dieser Verhaftung war Night jedoch nicht anwesend. Valerie Bradford wurde zu einer Haftstrafe im Blackbird-Gefängnis verurteilt, genau wie ihr Ehemann. Allerdings war ihre Haftzeit bedeutend kürzer als seine. Night fragte sich, ob sie den Richter verführt hatte, um das zu erreichen.
Calista Bradford konnte nicht in den Waisenflügel der Akademie gebracht werden. Ihre Eltern waren ja beide noch am Leben, wenn auch Abtrünnige. Stattdessen kam sie zu einer Pflegemutter. Abby Underwood, eine Hilfskraft an der Akademie, nahm sie zu sich.
Niemand nahm Joan Greene. Dafür hatte Night gesorgt. Er wollte nicht, dass irgendjemand anders den Platz im Herzen des kleinen Schattens einnahm, bis sie zur Ausbildung an die Akademie kam.
Night besuchte Arclight, Blackout oder Doctor Hypnotic niemals im Gefängnis. Es gab ja auch wirklich nichts zu sagen.
Valerie Bradford sah er nur noch ein einziges Mal, kurz bevor er Proktor an der Akademie wurde. Sie trug weder ihren Geburtsnamen noch den ihres Mannes. Sie hatte ihrer Vergangenheit den Rücken gekehrt und war eine geachtete Bürgerin geworden – zumindest offiziell. Was sie im Stillen tat, hinter verschlossenen Türen, konnte Night nicht beweisen, und er hatte auch keinerlei Interesse daran, es herauszufinden. Es gab keine Valerie Vincent Bradford mehr. Night fragte sich, ob Arclight das wusste.
Er hatte lange mit ihr geredet. Das Gespräch war unangenehm gewesen, aber am Ende hatte sie seiner Forderung zugestimmt. Wenn die Zeit gekommen war, würde er der Leitung der Akademie empfehlen, ihrer Tochter ein gemeinsames Zimmer mit Angelicas Tochter zu geben. Er wusste, dass Joan Greene sich nicht mehr an ihre kleine Freundin aus Kindertagen erinnerte. Der kleine Schatten hatte tiefe Wunden in seiner Seele davongetragen. Es grenzte schon an ein Wunder, dass sie noch ihren eigenen Namen wusste. Und ob sich das Bradford-Mädchen noch erinnerte, wer Blackouts Tochter war, nun, das kümmerte Night nicht im Geringsten. Die beiden konnten sich trotzdem ein Zimmer teilen. Es war nur eine kleine Sache. Sie würde keinen Einfluss auf seine längerfristigen Pläne haben. Und sollten die beiden Freundinnen werden, nun, dann musste er das eben zu seinem Vorteil ausnutzen.
Die Frau, die einmal Victoria gewesen war, tat nie mehr irgendetwas für ihre Tochter, soweit Night wusste. Nicht, dass es ihn gekümmert hätte.
Als Calista Bradford an ihrem zwölften Geburtstag offiziell an der Akademie aufgenommen wurde, war Night überrascht, wie sehr ihr Auftreten dem ihres Vaters ähnelte. Konnte gut sein, dass sie ohne den Einfluss von Lester zu einer Superheldin wie aus dem Bilderbuch heranwuchs.
Aber daran hegte Night ernsthafte Zweifel.
ZWISCHENSPIEL
Garth stürmt keuchend vorwärts und springt auf den Rücken eines schwergewichtigen Monsters, das in den zerfetzten Überresten eines teuren Anzugs steckt. Er hakt die Arme um den Hals des Dings und schreit: »Jetzt!«
Mary Janice’ Hand schießt nach vorn und krallt sich in das Hosenbein der Kreatur. Sie grunzt laut vernehmlich und entblößt dabei ihre Zähne.
Das Monster unter Garth wirft sich nach vorn und grabscht sich dabei mit den Händen ins Genick. Vielmehr würde es das tun, wenn es nur nahe genug herankäme. Doch etwas Unsichtbares blockiert die Bewegung. Voller Panik beginnt es zu buckeln. Garth klammert sich mit aller Kraft fest.
Langsam hört die Kreatur auf, sich zu wehren. Sie lässt die Hände sinken und bricht in die Knie. Garth springt herunter, bevor sie ganz umfällt und sich am Boden wälzt.
Mary Janice hält ihre Kohlendioxid-Blase weitere dreißig Sekunden lang aufrecht, bevor sie sie zerplatzen lässt. Dann schwankt sie trunken. Garth kann sie gerade noch auffangen, bevor sie umfällt.
»Fantastisch, MJ«, sagt er und umarmt sie stürmisch. »Das war absolut fantastisch!«
Sie wirft ihm ein erschöpftes Lächeln zu. »Noch mehr?«
»Keine, soweit ich sehe.« Er klappt sein kleines Taschengerät auf und funkt Terry in der Kommandozentrale an. So haben sie das Hinterzimmer von Joses Laden getauft. »Hey, alter Mann, sag Toni, wir brauchen noch ein Paar Handschellen.«
»Heilige Scheiße, wie viele macht das
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