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Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht

Titel: Projekt Ikarus 02 - Im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Kittredge , Jackie Kessler
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einer Handtuchschlacht im Ferienlager. Wo man auch hinsieht – überall Außermenschliche, die von dem Zeug nur so strotzen.
    Und es ist verflucht gefährlich, dieses Zeug, keine Frage. Heute Morgen hat Bigfoot den Tante-Emma-Laden an der Ecke plattgemacht (oder vielleicht war es auch Red Sasquatch; Garth konnte die beiden noch nie richtig auseinanderhalten). Er schüttelt den Kopf. Du denkst, du gehst raus und trinkst gemütlich deinen Morgenkaffee, und stattdessen hilfst du Jose dabei, sich aus dem Trümmerhaufen zu graben, der mal sein Laden war.
    Guter Mann, dieser Jose. Garth würde ihn sogar mögen, wenn er nicht Teil des Netzwerks wäre. Was macht es da schon, dass Jose Garth für komplett durchgeknallt hält, weil er auch nur auf die Idee gekommen ist, man könnte vielleicht versuchen, dem Chaos in der Stadt irgendwie Einhalt zu gebieten?
    Liebevoll drückt Garth den Kaffeepott an die Brust. Jose hat ihm als Dankeschön für seine Hilfe eine Tasse Instantplörre in der Mikrowelle heiß gemacht – mehr war unter den Umständen nicht drin. Sonst verwendet Jose natürlich seine eigene Spezialmischung von Kaffeebohnen, aber das hier genügt für den Moment auch. Solange es flüssiges Koffein ist, wird Julie glücklich sein. Die gestrige Nacht war nicht so gut gewesen. Garth runzelt die Stirn. Julies Tränen hatten geglitzert wie Diamanten. Sie hatte geweint und ihn angeschrien, weil er sich einmischen wollte.
    Nein, die letzte Nacht war ganz und gar nicht gut gewesen. Kalt war es gewesen auf seiner Seite des Bettes. Und einsam. Nun, denkt er jetzt, Frauen hängen noch mehr an ihrem Groll als ein Geizkragen an seinem Geld. Sein Vater hatte ihm das schon vor langer, langer Zeit gesagt, und bei Gott, es stimmte. Daher der Kaffee: das Friedensangebot am Morgen danach. Garth bahnt sich seinen Weg die Obama Road entlang und versucht, das ständige Brennen in seinen Augen zu ignorieren.
    Kaum einen Block entfernt von seiner Wohnung lässt ein gewaltiges Krachen die Straße erbeben und hallt von den Häuserwänden wider. Garth muss die Arme ausbreiten, um das Gleichgewicht zu halten. Kaffee schwappt aus der Tasse, aber er spürt die heißen Stiche auf der Haut gar nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit wird gefesselt von zwei Körpern, die, ineinander verschlungen wie Liebende, auf den Boden gestürzt sind.
    Der eine ist riesig und metallisch, aber den Kurven nach zu urteilen eindeutig weiblich. Definitiv eine Frau. Der andere ist einer von der drahtigen Sorte und trägt eine Totenmaske. Er hat eine Schlinge um den Hals der Metallfrau geworfen. Sie hängt zappelnd an dem Seil, das sie stranguliert, und ist kurz vorm Ersticken.
    Garth erkennt die beiden wieder. Sie waren schon im Fernsehen. Steele und der Hangman.
    Um sich herum spürt er, wie sich nach und nach weitere Zuschauer versammeln, um genau wie er mit aller gebotenen Vorsicht die Schulhofprügelei der kleinen Götter zu beobachten. Aber Garth nimmt an, dass unter ihnen keine Außermenschlichen sind. Er selbst zählt nicht. Hätte er mehr von diesem kleinen »Außer«, würde er schließlich jetzt nicht das Leben eines ganz normalen Bürgers leben, oder?
    » Wir sind keine Außermenschlichen«, hatte Terry, de facto Anführer des Latenten Netzwerks, gerade erst gestern Abend zu Garth gesagt. »Das ist nicht unser Kampf. Wir halten uns weiterhin verborgen.«
    »Wie kannst du so was sagen?« Frustration war in Garth hochgestiegen und hatte seinen Worten den irischen Akzent seiner Kindheit verliehen. »Die ganze Welt geht zum Teufel, und du willst mir erzählen, wir sollen schön auf unseren Ärschen sitzen bleiben und in aller Ruhe dabei zusehen?«
    »Sei doch einfach dankbar, dass du nicht komplett verkabelt bist«, erwiderte Terry, »sonst wärst du jetzt mit den anderen Superfreaks da draußen.«
    »Du musst was unternehmen. Das Netzwerk muss sich einschalten.«
    »Nein.«
    Wie als Gegenstück zu der Schlinge, die sich immer enger um Steeles Hals zusammenzieht, schließt sich die Hand von Garth immer fester um den Kaffeepott.
    Seine Augen brennen hinter den Gläsern der Sonnenbrille. Und dann denkt er: Scheiß drauf!
    Entschlossen geht Garth auf das kämpfende Duo zu und schüttet Hangman den dampfenden Kaffee ins Gesicht. Der Mann schreit auf – wohl eher vor Überraschung als vor Schmerz; die Maske muss den größten Teil der heißen Flüssigkeit abgefangen haben – und lässt mit einer Hand das Seil los, um sich die Brühe aus den Augen zu wischen.
    Steele

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