Projekt Sakkara
»Alle Achtung, das war echt beeindruckend!«
»Geholfen hat es uns allerdings nichts«, gab Peter halblaut zurück.
»Nein. Aber es war amüsant! Und ich habe einen Plan.«
»Das hatte ich gehofft.«
»Die anderen wissen schon Bescheid. Auf mein Zeichen rennen Sie los.«
»Maul halten da vorne!«, rief der Anführer der Robenträger.
Patrick führte die Gruppe so zielsicher durch die Gänge des unterirdischen Gewölbekomplexes, als wüsste er genau, wohin sie gehen sollten. Tatsächlich hatte er auch ein Ziel vor Augen, allerdings hatte es nichts mit ihrer eigentlichen Suche zu tun, sondern er steuerte es an, weil es ganz bestimmten Kriterien entsprach. Sie waren vor einer halben Stunde an dieser Stelle gewesen, und er hatte sie sich gemerkt. Sein Orientierungssinn war hervorragend; in seinem Kopf hatte sich eine Karte des Labyrinths gebildet, in dem er sich hätte blind bewegen können.
Bald erreichten sie wieder den Teil des Gewölbes, in dem die Tongefäße zertrümmert und der Boden und die Nischen übersät mit den Überresten waren. Sie gingen durch einen sehr schmalen Gang, der von schlichten und stark beschädigten Statuen gesäumt war, und kamen in einen nur wenige Quadratmeter großen Raum.
Patrick ließ die Männer an eine Seitenwand treten. Dann wandte er sich an den Amerikaner.
»Jason, können Sie uns Ihre Jacke geben? Wir benötigen sie als Unterlage.« Dabei blickte er ihn so eindringlich an, dass Jason der Bitte sofort nachkam. Patrick legte den Blouson vor einer Wand auf den Boden.
»Was soll das denn jetzt werden?«, forderte der Anführer der Sektenmitglieder. »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit!«
Der Franzose bedachte den Mann mit einem Kopfschütteln und wandte sich dann an Peter. »Nun«, sagte er, »sehen Sie sich bitte die Hieroglyphen dort unten noch einmal ganz genau an, damit wir wissen, wie viele Meter es tatsächlich sind.«
Peter wusste zwar nicht, auf was Patricks Plan hinauslaufen würde, aber er folgte den Anweisungen. Er kniete sich auf den Blouson und begutachtete eingehend eine Reihe bedeutungsloser Zeichen, die Patrick fälschlicherweise für Hieroglyphen hielt, und die vermutlich die Sektenmitglieder ebenfalls nicht identifizieren konnten. Also tat er so, als würde er sie entziffern, und verkündete nach einigen Minuten mit ernsthafter Miene: »Hier steht etwas von dreiundsechzig altägyptischen Ellen. Das entspricht allerdings fünfundachtzig ägyptischen Ellen des Neuen Reiches und knapp zweiundvierzigeinhalb göttlichen Ellen des Osiris.«
Patrick grinste innerlich. Dieser Unsinn war einfach wunderbar. »Das wären dann also dreiundfünfzig Meter«, erklärte er laut. »Peter und Jason, können Sie beide bitte genau dreiundfünfzig Meter von hier aus abmessen?« Er deutete den Gang hinunter, den sie gekommen waren.
Peter nickte. »Selbstverständlich, einen Moment. Jason, bitte zählen Sie mit.« Dann ging er langsam voraus und tat dabei besonders große Schritte, die er halblaut mitzählte. Er ahnte, was Patrick vorhatte, und freute sich, dass er auf diese Weise einen Abstand zwischen sich und die vier Männer bringen konnte.
Patrick und Melissa blieben zwischen den nun etwas ratlos dreinblickenden Sektenmitgliedern zurück und beobachteten den Vorgang. »Geben Sie Bescheid, wenn Sie so weit sind, Peter!«, rief Patrick, hob währenddessen die Jacke auf und hängte sie sich über die Schulter.
Es dauerte nicht lange, bis sie Peters Stimme hörten. »Wir sind da!«
»Alles klar, wir kommen!«, rief Patrick zurück. »Melissa, geh du voran, ich komme direkt hinter dir.«
Melissa ging los, und kaum war Patrick hinter ihr in den Gang getreten, zischte er ihr leise zu. »Lauf los! Und dann immer rechts halten!«
Melissa setzte sich sofort in Bewegung. Die Robenträger, die ihnen folgten, bemerkten nicht gleich, was geschah, da Patrick mit der zusätzlichen Jacke die Sicht behinderte. Als Melissa einige Meter voraus war, setzte Patrick ebenfalls zu einem Sprint an und riss dabei hinter sich eine der Statuen um, die quer hängen blieb und so den Gang versperrte.
Die Sektenmitglieder schrien auf und hantierten mit ihren Waffen herum.
Patrick lief weiter und riss eine zweite und eine dritte Statue um. Dann hallte ein Schuss durch den Gang, und eine Kugel peitschte irgendwo gegen den Stein.
Es folgten laute Flüche von dem Anführer. »Sofort aufhören, ihr Schwachköpfe! Oder wollt ihr mir in den Rücken schießen?! Hierher, die Statuen weg!
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