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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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sind, Peter. Darf ich Peter zu Ihnen sagen, Professor?«
    »Sehr gerne, Melissa.« Peter lächelte. Sie konnte es nicht sehen, aber er war froh, dass sie in seiner Nähe war und seine bedrückenden Gedanken fernhielt.
    »Und nun sagen Sie mal, Peter, was Sie am Ende dieser Höhle erwarten. Haben Sie gar keine Vorstellung?«
    »Ehrlich gesagt, nein. Wir suchen zwar irgendwie nach dem Ursprung der Weisheit, des Wissens, aber unschärfer könnte die Definition ja fast nicht sein. Auch die Tabula Smaragdina wurde so bezeichnet, und tatsächlich war es eine Stele, die einen erzählenden und in Teilen philosophisch angehauchten Text enthielt. In sich war sie nichts weiter als ein Wegweiser, aber sie enthielt nicht die eigentliche Weisheit. Es ist möglicherweise eine sehr metaphorische Umschreibung, wenn man von einem Archiv des Wissens berichtet. Der eine meint damit ein Buch, der andere vielleicht eine Person, und wieder jemand anders meint damit einen Ort.«
    »Patrick hat mir erzählt, dass Sie in Südfrankreich ein solches Archiv bereits einmal gefunden hatten.«
    »Ja, das stimmt. In jenem Fall war es eine Höhle. Was hier auf uns wartet, ist aber ungewiss. Der arme Jason beispielsweise erzählte von einer Halle der Aufzeichnungen, die es der Überlieferung nach gibt. In welcher Form auch immer diese Halle sich darstellt, und welcher Art auch immer diese Aufzeichnungen sind. Vieles, was in Vergessenheit gerät, erreicht uns nach Hunderten und Tausenden von Jahren nur noch als fremdes Echo, wir sehen nur noch verzerrte Schatten an einer Wand, aber wir sehen nicht die Welt, die diese Schatten wirft. Was ich sagen will: Falls diese sagenhafte Halle der Aufzeichnungen existiert und tatsächlich weit mehr als zehntausend Jahre alt ist, wie es heißt, von einer fremden Kultur, aus einer Zeit vor den Ägyptern, dann könnte es im Grunde eine schlichte steinzeitliche Höhle sein, die nur damals kultische Bedeutung hatte und deren Erinnerung die Zeit überdauert hat. Auf diese Weise könnte man auch die Höhlen von Altamira, Lascaux oder Chauvet als Hallen der Aufzeichnung betrachten.«
    »Dann glauben Sie nicht daran, dass es hier ein solches Archiv gibt wie jenes, das Sie in Frankreich fanden?«
    »Ich weiß es nicht. Ich wünschte es, aber zugleich fürchte ich es. Denn es wäre eine unaussprechliche Macht.«
    »Das wäre auch meine nächste Frage gewesen«, sagte Melissa. »Was würde man mit einem solchen Archiv des Wissens machen, wenn man tatsächlich eine Quelle unendlichen Wissens fände, eine Lösung für alle Probleme, Antworten auf alle Fragen? Was für eine vernichtende Waffe wäre dies in den Händen der falschen Menschen! Wer könnte mit einem solchem Archiv gerecht umgehen, wem stünde die Entscheidung darüber zu? Und müsste eine solche Macht nicht für immer verborgen und beschützt bleiben?«
    »Wir haben uns in Frankreich dieselbe Frage gestellt«, antwortete Peter. »Damals wurde uns die Entscheidung abgenommen. Aber in der Tat ist dies der Kern.«
    »Zugleich frage ich mich, ob nicht der Weg dieser Suche bereits ein Teil dessen ist, was man zu erreichen hofft. Nämlich die Erkenntnis über den Wert des Wissens, über Macht und Verantwortung. Nicht ohne Grund gibt es keine Erleuchtung ohne eigene Erkenntnis. Und ich denke dabei auch an die östliche Lehre ›Der Weg ist das Zieh.«
    »Aus Ihren Worten spricht eine größere Weisheit, als ich es Ihrem Alter zugetraut hätte. Ich bin beeindruckt. Und darüber hinaus ist es vielleicht gut, dass Sie mich jetzt nicht sehen, wenn ich betreten erröte, denn es scheint mir an der Zeit, mich ausdrücklich bei Ihnen zu entschuldigen.«
    »Nanu? Weshalb das?«
    »Seit wir uns das erste Mal trafen in Hamburg, und insbesondere nachdem ich den Anhänger Ihrer Sekte im Museum sah, hatte ich eine schlechte Meinung von Ihnen. Ich habe sogar Patrick vom Umgang mit Ihnen abgeraten. Inzwischen bin ich mehr als erfreut, mein Bild von Ihnen revidieren zu können. Ich beginne zu ahnen, was Patrick in Ihnen erkannt hat, und ich entschuldige mich in aller Form.«
    Es trat ein Moment der Stille ein. Dann lachte Melissa leise.
    »Aber Peter!«, sagte sie schließlich. »Das ist ja süß von Ihnen! Aber Sie müssen sich darum keine Gedanken machen. Ich hätte sicher ebenso gedacht wie Sie. Meine Mitgliedschaft in dieser Sekte war schlicht eigennützig. Ich hatte mich auf meinem Weg zu lange ausgeruht. Es waren Patricks Worte, seine Aufrichtigkeit und seine Ernsthaftigkeit, die mich

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