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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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gelangte schließlich in die Halle der Wahrheit vor das Totengericht. Der Verstorbene musste ein Bekenntnis ablegen darüber, welche Sünden er in seinem Leben nicht begangen hatte, und schließlich wurde sein Herz unter den wachsamen Augen von Maat, der Göttin der Ordnung und der Gerechtigkeit, von Thot, dem Gott des Wissens, der Wissenschaften und der Schrift, und Osiris, dem obersten der Götter, gegen eine Feder aufgewogen. Wenn das Herz schwerer wog als die Feder, dann war die Seele des Verstorbenen von Sünden befleckt, und das Herz wurde von der Seelenfresserin verschlungen, die unter der Waagschale auf jede kleinste Verfehlung wartete.
    »Sie meinen, dass dieser Mann tatsächlich von einem Monster getötet wurde?«, fragte Patrick schließlich.
    »Das Monster selbst ist metaphorisch«, lenkte Peter ein, »aber das Totengericht ist es womöglich nicht! Denken Sie daran, welche Kräfte das Licht in der Höhle in Frankreich hatte. War es nicht in der Lage, Wissen zu vermitteln? Ebenso könnte hier eine ähnliche Macht wirken, die einen Menschen zu töten vermag!«
    Patrick erschauderte beim Gedanken daran, was ihm in Frankreich widerfahren war.
    Und am Pyramidion hatten sie gerade erst erlebt, dass es auch in Ägypten mehr Verborgenes gab als alte Pyramiden und Grabschätze. Ihm lag wenig daran, neuerliche Experimente mit diesem Licht anzustellen. Aber noch bevor er diesen Gedanken aussprach, trat Peter plötzlich vor.
    »Probieren wir es aus«, sagte der Professor und ging zwei weitere Schritte auf die Säulen zu, als wolle er sie durchschreiten.
    Im selben Augenblick zuckte das rote Polarlicht durch den Raum. Geschmeidig wie eine Schlange schnellte es hervor und nahm einen Platz in der Luft zwischen den Säulen ein. Es verharrte dort, wabernd, scheinbar abwartend.
    Peter ging einen weiteren Schritt nach vorn, und sofort bewegte sich das Licht erneut. Es dehnte sich aus, streckte sich nach beiden Seiten und floss dann wie ein Vorhang nach unten, bis es die gesamte Fläche zwischen den beiden Säulen bespannte. Es bildete eine transparente Wand. Schlieren rotgoldenen Lichts flossen in ihr von oben nach unten, täuschend harmlos und doch mit einer ausdrücklichen Botschaft.
    Peter stand nur einige Handbreit vor dem Lichtphänomen, das den einzigen Weg versperrte, der in das Zentrum der Halle führte. Dann drehte er sich zu Patrick und Melissa um, die gebannt auf das wesenhafte Licht starrten, das zu derartigem Leben erwacht war.
    »Das ist unglaublich!«, rief Patrick. »Wie haben die das gemacht?« Er richtete den Blick an die Decke und suchte sie ab. »Vielleicht gibt es hier irgendeine Art von Projektoren oder Laser? Gesteuert von einer intelligenten Maschine? Von hier stammt sicher auch das merkwürdige Artefakt ... «
    »Was auch immer dahintersteckt: Das ist das Gericht aus der Überlieferung«, sagte Peter. »Wer durch diese Wand schreitet, wird geprüft werden.«
    »So ist es, Professor Lavell!«
    Die Stimme hallte durch die Kaverne und traf die drei so unvorbereitet, dass sie zusammenzuckten. Peter, der zum Höhleneingang sah, entdeckte ihn als Erster, dann wandten sich Patrick und Melissa ebenfalls um.
    Dort, wo sie selbst aus dem Gang gekommen waren, am Rand der Höhle, stand eine Person, leicht gebeugt und auf einen Gehstock gestützt. Es war Oliver Guardner.
    Der Alte kam langsam auf sie zu. Sein Blick wanderte für einen Augenblick auf die Leiche am Boden, dann sah er wieder auf und lächelte.
    »Es freut mich, Sie drei wohlbehalten hier anzutreffen. Ich hatte gehofft, dass Sie es schaffen würden.«
    Einen Moment lang schwiegen alle, während sich ihre Gedanken überschlugen. Es war Patrick, der schließlich zuerst sprach: »Ich denke, Sie sind uns eine verdammt gute Erklärung schuldig.«
    »Ja, das bin ich wohl, meine Dame, meine Herren.«
     
    18. April 1941, unter der Nekropole von Sakkara
     
    James lehnte sich an eine Wand und holte tief Luft. Er musste sich ausruhen, lange würde er sonst nicht mehr durchhalten. Er hob seine Laterne. Sie war noch zu einem Drittel mit Öl gefüllt. Für den Rückweg würde es knapp werden. Er drehte den Docht so weit herunter, dass die Flamme erlosch. Solange er hier blieb, sollte ihn das Licht nicht verraten. Er war sich sicher, dass sie ihn noch immer verfolgten.
    Er dachte mit Schrecken an die Grabkammern zurück, in denen plötzlich die Deutschen aufgetaucht waren. Ohne Zweifel waren es dieselben Männer, die ihm schon auf Rhodos aufgelauert hatten,

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