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Projekt Sakkara

Titel: Projekt Sakkara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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wäre sicherlich einen Blick wert. Würden Sie es uns zeigen?«
    »Aber natürlich«, sagte Guardner, während er nach seinem Gehstock griff, sich darauf stützte und sich langsam erhob. »Ich hätte schon eher darauf kommen sollen. Folgen Sie mir.«
    »Was haben Sie da eigentlich gelesen?«, fragte Patrick.
    »Das ist die Al-Ahram. Sie können gerne auch einen Blick hineinwerfen. Ich überfliege eigentlich nur noch das Feuilleton. Die Politik macht mich zu wütend.«
    Patrick überlegte, dass es nur wahrscheinlich war, dass der Alte im Laufe der Jahre Arabisch gelernt hatte. »Sie haben uns nie erzählt«, fragte er dann, »was Sie nach dem Tod Ihres Vaters nach Ägypten geführt hat. Was haben Sie hier gearbeitet?«
    »Sagte ich das nicht?« Guardner führte sie zu einer Treppe, die in den ersten Stock führte. »Das muss ich wohl ausgelassen haben ... Was hat mich hergeführt? Es war wohl eine Art Heimweh, auch wenn das merkwürdig klingt. Ich fühlte mich hier wohl, die wenigen Wochen, die ich in den Jahren meiner Schulzeit hier verbrachte, waren die schönsten meiner Kindheit. Ich habe dann Politikwissenschaft und Betriebswirtschaft studiert und kam so schnell es ging wieder nach Kairo, um den Nachlass meines Vaters zu übernehmen und auch seine Geschäfte wieder aufzubauen.«
    Inzwischen gingen sie über einen langen Flur, der im Gegensatz zu den Räumen im Erdgeschoss frei von Exponaten oder Antiquitäten war. Lediglich einige alte Fotografien hingen an den Wänden.
    »Was waren das für Geschäfte?«
    »Import, Export. Immer noch viele Möbel, aber auch Maschinenteile. Was gerade Konjunktur hatte. Aber auch damit habe ich natürlich schon vor langer Zeit aufgehört. Jetzt genieße ich den Ruhestand, wenn Sie so wollen. So, da sind wir.« Er öffnete eine Tür. »Bitte sehr. Das Zimmer ist nahezu unverändert. Samira lüftet es ab und zu oder wischt Staub, aber eigentlich bewohnt es niemand.«
    Sie betraten einen schlicht eingerichteten Raum. Abgesehen von dem Bett, einem Schrank und einer Kommode war er unmöbliert. Es sah aus wie das Schlafzimmer eines Mannes, der nicht viel Zeit mit Schlafen verbrachte und daher auch keine Notwendigkeit sah, es gemütlich auszustatten. Über dem Bett hing ein gläserner Rahmen mit zwei großformatigen Manuskriptseiten, die vollständig mit Buchstaben aus schwarzer Tusche bedeckt waren. Peter setzte seine Brille auf und beugte sich vom Bettrand aus zu dem Dokument hinüber. Der Text war auf Latein verfasst, begann mit einer aufwendigen Initiale und endete auf dem zweiten Blatt in einer Art Unterschrift. Die restlichen Lettern standen so eng beieinander, dass beim Aufeinanderfolgen von m, n, i oder u die einzelnen Buchstaben kaum auszumachen waren. Entsprechend des mittelalterlichen Stils waren die senkrechten Balken breit und die waagerechten Verbindungen oft nur angedeutet. Einige der Zeichen liefen in schwungvollen Bögen nach oben und unten aus und woben ein zartes Spinnwebgeflecht zwischen die dunklen Bahnen der einzelnen Zeilen.
    »Schätzungsweise zwölftes oder dreizehntes Jahrhundert«, sagte Peter.
    »Nehmen Sie es ruhig ab«, sagte Guardner. »Wenn Sie mögen, nehmen Sie es mit in das Arbeitszimmer, dort können Sie es sicherlich besser untersuchen.«
    Peter hob den schweren Glasrahmen vorsichtig von der Wand. »Was wissen Sie über dieses Dokument?«, fragte Peter, während sie sich wieder auf den Weg ins Erdgeschoss machten. »Ist es ein Vertrag oder eine Urkunde?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Guardner. »Mein Vater hat es nur ein paar Mal erwähnt, und nannte es ›den Codex‹.«
    Als sie wenig später im Arbeitszimmer angelangt waren, verabschiedete sich der Alte.
    »Ich lasse Sie jetzt am besten allein. Nach Sonnenuntergang beginnt das Fastenbrechen, daher werden wir früh und umso ausgiebiger zu Abend essen. Es bleibt Ihnen nicht viel Zeit, wenn Sie sich vorher noch in Ihren Zimmern etwas frischmachen möchten.«
    »Apropos Zimmer«, sagte Patrick, »da gibt es noch etwas, was wir gerne mit Ihnen besprechen möchten.«
    »Sind Sie mit irgendetwas unzufrieden?«
    »So könnte man das auch sagen. Kurz bevor wir heute ins Museum gefahren sind, waren an unsere Türen zwei Mistkäfer genagelt worden. Können Sie das erklären?«
    »Wie bitte? Ich verstehe nicht richtig. Mistkäfer?«
    »Skarabäen. An jede Tür war ein Skarabäus genagelt worden«, erklärte Peter.
    »Echte, wohlgemerkt«, sagte Patrick. »Außen noch knusprig, und die Soße lief an der

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