Projekt Wintermond
zerrte ihn auf die Rückbank.
Sekunden später raste er in Richtung Murnau. Nach ungefähr drei Kilometern kamen ihm ein Opel und ein Volkswagen entgegen, die er jedoch kaum beachtete.
60
Zwanzig Minuten später hatten McCaul und Jennifer fünfzehn Kilometer zurückgelegt. An der nächsten Tankstelle hielt McCaul. Seine Schulter pochte. Er zog seine Jacke aus. Jennifer untersuchte die Wunde. Sie blutete zwar nicht mehr, sah aber schlimm aus. »Sie brauchen einen Arzt, Frank.«
»Vergessen Sie’s. Wenn ich mit einer Schusswunde zum Arzt gehe, tauchen sofort die Cops auf. Die Wunde ist sauber. Wir suchen nachher eine Apotheke und verbinden die Wunde.«
»Sind Sie immer so stur?«
»Liegt in der Familie. Was halten Sie davon, wenn wir einen Blick in die Brieftasche werfen?«
In der Brieftasche fanden sie Schweizer Franken und Euroscheine, aber keine Ausweispapiere.
»Die haben aus ihren Fehlern gelernt. Nichts, was auf ihre Identität hinweist.« McCaul nahm das Handy unter die Lupe. »Es ist durch ein Passwort gesichert, wie schon das andere Gerät«, sagte er enttäuscht. »Wenn Sie mich fragen, kommen wir nicht mehr weiter. Außerdem werden wir von Killern gejagt. Haben Sie Ihren Reisepass noch?«
»Ja, in meiner Tasche. Warum?«
»Wir stecken in einer Sackgasse. Viel hat uns der Besuch bei Vogel nicht gebracht. Wir sollten den ersten Flieger in Richtung Heimat nehmen und die Kassette Ihres Vaters suchen. In dieser Kassette finden wir vielleicht des Rätsels Lösung. Möglicherweise erfahren wir auch, wer die Drahtzieher sind.«
Im Grunde hatte McCaul Recht. »Und wenn sie die Flughäfen observieren?«, fragte Jennifer.
McCaul schaute auf die Karte. »Wir fahren Richtung Osten nach Genf und fliegen von dort nach Hause. Im Augenblick haben wir einen Vorsprung. Mit etwas Glück sind wir den Kerlen entwischt, bevor der Blonde Alarm schlägt. Wissen Sie, was mich wundert? Der Bursche hat gesagt, dass er Sie gar nicht töten wollte. Warum sind die dann hinter Ihnen her? Es muss einen Grund geben. Denken Sie scharf nach. Was könnten diese Typen von Ihnen wollen? Hat Ihr Vater jemals die Russenmafia erwähnt?«
»Nein, nie.« Jennifer stand vor einem Rätsel. Und ihre Kräfte gingen zur Neige. Das unaufhörliche Töten und der Schock, ohne ersichtlichen Grund von brutalen Killern gejagt zu werden, zerrten an ihren Nerven. Wenn das nicht bald ein Ende hat, verliere ich den Verstand. Verzweifelt schlug sie die Hände vors Gesicht. McCaul strich ihr über die Schulter. »Wir sollten den Heimweg antreten.«
Kelso hielt vor dem Bauernhof und stellte den Motor ab. Mark fiel sofort die unheimliche Stille auf. Kein Laut war zu hören. Ein schwarzer BMW 530 mit Schweizer Kennzeichen stand in der Einfahrt. Scheune und Garage lagen verlassen da. Die Haustür war einen Spalt geöffnet.
Grimes und Fellows stiegen aus. »Ich decke mit Ryan die Vorderseite des Hauses«, sagte Kelso. »Grimes! Fellows! Sie betreten das Haus durch den Nebeneingang. Seid um Himmels willen vorsichtig.«
Grimes schlich mit gezogener Waffe um die Ecke. Fellows deckte ihn. Kelso und Mark entsicherten ihre Pistolen und warteten ungeduldig neben dem Wagen. Die Minuten dehnten sich endlos. Endlich trat Grimes mit aschfahlem Gesicht vor die Haustür. »Das müssen Sie sich ansehen.«
61
»Der ist noch keine Stunde tot. Sieht aus, als hätte ihm jemand auf dem Weg zur Tür fünf Kugeln in den Rücken gejagt.«
Mark kniete neben dem Toten. Er wies keine Ähnlichkeit mit McCaul auf. Auch Kelso hockte sich auf den Boden und betrachtete den Leichnam. Der Rundgang durchs Haus war für die drei Männer wie ein Schock. Zuerst waren sie im blutbespritzten Korridor über die von Kugeln durchsiebten Dobermänner gestolpert. Mark hatte sich mit angewiderter Miene an den toten Hunden vorbeigeschoben. Grimes führte sie durch eine aufgebrochene Tür die Kellertreppe hinunter. Im Keller hatten sie dann neben der Tür die Leiche entdeckt.
Kelso stand auf und wandte sich an Fellows. »Haben Sie sich oben umgesehen?«
»Da ist niemand. Die Fotos, Rechnungen und die Kleidung deuten darauf hin, dass der Mann allein hier gelebt hat. Diese Fahrerlaubnis lag im Schlafzimmerschrank.«
Fellows zeigte seinem Boss einen Führerschein, ausgestellt auf den Namen Heinrich Vogel, mit einem Foto des Toten.
»Haben Sie sonst noch was gefunden?«
»Briefe und Briefpapier mit seiner Adresse. Unser Freund Vogel scheint als Skilehrer und Bergführer gearbeitet zu
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