Projekt Wintermond
Kletterausrüstungen und drei große Rucksäcke besorgen. Nachdem sie sich für die Wanderung umgezogen hatten, stopften sie ein paar Aktentaschen in zwei Rucksäcke. Ihre Kleidung verstauten sie im dritten Rucksack. Um Mitternacht brachen wir mit Taschenlampen auf.«
»Weiter.«
»Zwei Stunden später erreichten wir den Gletscher. Inzwischen schlug das Wetter um. Ein furchtbarer Schneesturm setzte ein. Die Schneewehen verwehrten uns die Sicht. Plötzlich hörte ich einen Schrei, und Peter war verschwunden. Er war in die Gletscherspalte gestürzt.«
»Was geschah mit meinem Vater?«
»Ich habe ihn und Lazar im Schneesturm aus den Augen verloren. Ehrlich gesagt, war es mir egal. Ich wollte nur weg.« Vogel hielt seine Hand mit den fehlenden Fingerkuppen hoch. »Es dauerte vier Stunden, bis ich einen Ausweg aus dem Schneegestöber fand. In der klirrenden Kälte verlor ich meine Finger und meine Nasenspitze, aber ich hatte überlebt.«
Sie erreichten die letzte Stufe. Eine Hoftür führte ins Freie. Das Bellen der Dobermänner hallte durchs Haus. Sekunden später ertönten ein lauter Schrei und vier Schüsse. Vogel jammerte: »Meine Hunde! Die haben meine Hunde erschossen!«
»Wenn wir nicht schleunigst hier abhauen, sind wir als Nächste dran.« McCaul drückte Jennifer die Beretta in die Hand. »Haben Sie schon mal geschossen?«
»Nein.«
»Wenn jemand die Treppe herunterkommt, feuern Sie. Im Magazin ist nur noch eine Kugel.« McCaul schob den Türriegel auf. »Verhalten Sie sich ganz ruhig. Ich bin gleich wieder da.«
»Wo gehen Sie hin?«
»Ich sehe mich rasch draußen um.«
Der Blonde und sein Kumpan betraten das Haus. Keine Sekunde später tauchten zwei knurrende schwarze Dobermänner wie aus dem Nichts auf und stürzten sich auf die Fremden. Der Mann mit der Maschinenpistole schrie laut auf, als sich einer der Hunde in seinem Arm festbiss. Die Waffe fiel ihm aus den Händen.
Der Blonde feuerte zwei schnelle Schüsse auf den Dobermann ab, der gerade zum Sprung ansetzte. Der Hund brach jaulend zusammen. Der Killer drehte sich um und schoss zweimal auf das andere Tier, das sich im Arm seines Komplizen festgebissen hatte. Der Hund war auf der Stelle tot. Der Korridor war voller Blutspritzer. Der verwundete Killer presste eine Hand auf die Wunde und krümmte sich vor Schmerzen.
Verärgert reichte der Blonde ihm die Maschinenpistole.
»Idiot! Sieh dich auf der Hinterseite des Hauses um. Du weißt, was du zu tun hast.« Sein Komplize rannte los. Der Blonde schlich ins Haus, die Waffe im Anschlag.
58
Das Peitschen der Schüsse verstummte. Im Haus herrschte lastende Stille. Jennifer lauschte auf Geräusche, doch von den Männern, die das Haus betreten hatten, war nichts zu hören. Sie umklammerte die Beretta und fragte sich, ob sie es über sich brächte, einen Menschen zu erschießen. Ihre Unruhe wuchs. Die nächste Minute erschien ihr wie eine Ewigkeit. McCaul war noch nicht zurückgekehrt, und Vogel war wie von Sinnen. »Diese Mistkerle haben meine Hunde erschossen!«, jammerte er. »Sie haben Ferdi und Hans…«
»Nicht so laut, Herr Vogel!«
»Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir hier lebend rauskommen. Die werden uns finden und töten .«
»Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen und haben den Unfall Ihres Bruders gemeldet?«
Vogel blickte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Um mir Scherereien zu ersparen, habe ich behauptet, Peter wäre nach Zürich umgezogen. Hätte ich die Wahrheit gesagt, wäre ich erledigt gewesen.«
»Warum?«
»Ein paar Jahre vor dem Unfall hat Lazar mich als Kurier für seine Mafiafreunde engagiert. Im Abstand von ein, zwei Monaten musste ich zum Wasenhorn hinauf und illegal die italienische Grenze überqueren. Dort wurde mir ein Rucksack ausgehändigt, mit dem ich dann in die Schweiz zurückkehrte. Hätte ich mich doch nie mit diesen Dreckskerlen eingelassen .«
»Was war in dem Rucksack?«
»Geld. Lazars Freunde zahlten es auf einer Bank in Zürich ein, wo es gewaschen wurde. Mir war natürlich klar, was ich tat. Mit meinen Kurierdiensten machte ich mich strafbar, aber die Versuchung war zu groß. Die Russen haben mich großzügig entlohnt.«
»Das Geld wurde gewaschen?«
»Ja.«
»Hat mein Vater mit den Verbrechern unter einer Decke gesteckt?«
»Woher soll ich das wissen? Auf jeden Fall hatten die beiden Männer vor, mit einer riesigen Summe Bargeld zu fliehen.«
»Woher wussten Sie das?«
»Lazar weihte uns auf dem Weg zum Gletscher ein.
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