Projekt Wintermond
Blonde zerrte seinen Komplizen aus dem Haus, setzte ihn in den Mercedes und raste davon. Zwischen der Ankunft Jennifers und McCauls und der Abfahrt des verwundeten Killers lagen nicht mehr als zwanzig Minuten. Der Zeitangabe auf dem Band zufolge mussten Jennifer und McCaul eine Viertelstunde vor Eintreffen der CIA-Agenten in dem VW losgefahren sein.
Kelso betrachtete aufmerksam die Bilder der beiden Killer und spreizte seufzend die Hände. »Die beiden Typen habe ich noch nie gesehen. Ich lasse von den Kollegen in Langley ihre Identität überprüfen. Spulen Sie das Band zurück, Ryan, und dann verschwinden wir.«
Die nächste Stunde nahm Mark wie durch einen Nebelschleier wahr. In der Hoffnung, Jennifers VW zu sichten, fuhren sie nach Murnau und kurvten eine halbe Stunde durch die Stadt, ohne den Wagen zu entdecken. Anschließend fuhren sie Richtung Norden nach Zürich. Kelso zog enttäuscht sein Handy aus der Tasche und befahl Fellows, eine Tankstelle auf der Autobahn anzusteuern. Er musste dringend mit den Kollegen in Langley telefonieren.
Genf
McCaul stellte den Wagen auf dem Parkplatz des Genfer Flughafens ab und ging mit Jennifer zu den Geschäften im Terminal. Jennifer kaufte in einer Apotheke eine anti septische Salbe, Pflaster, Mull, Verbandszeug, zwei Brillen und einige Toilettenartikel. Derweil besorgte McCaul in einem Geschenkartikelladen zwei Reisetaschen, einen Tirolerhut, eine Sonnenbrille, eine Baseballkappe und einen Wollschal – eine ärmliche Verkleidung, aber für mehr reichte die Zeit nicht. Ihre Maschine startete in fünfunddreißig Minuten. Als McCaul den Hut und die Brille aufsetzte, sagte Jennifer: »Sollten wir nicht Ihren Arm verbinden?«
»Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Das machen wir an Bord der Maschine. Hören Sie zu, Jennifer. Falls unsere Verfolger den Terminal überwachen, halten sie nach einem Paar Ausschau. Deshalb bleibe ich immer mehrere Meter hinter Ihnen. Ich lasse Sie nicht aus den Augen. Wir gehen zum Schalter und checken getrennt ein.«
McCaul drückte ihr ein Ticket in die Hand. Jennifer setzte Sonnenbrille und Baseballkappe auf und wickelte sich den dicken Wollschal um den Hals. »Was tun wir, wenn es Ärger gibt?«
»Dann schreien Sie und laufen um Ihr Leben, während ich versuche, die Typen abzuwehren.«
»Ist das alles?«
»Was anderes können wir nicht tun. Die Pistolen habe ich im Wagen gelassen. Auf einem überfüllten Flughafen werden die Kerle es kaum wagen, Sie anzugreifen. Aber nach unseren Erlebnissen im Zug könnte ich mich natürlich irren…«
»Das erleichtert mich sehr, McCaul.«
»Alles in Ordnung?«
»Ja, ich amüsiere mich köstlich.«
»Sie gehen zehn Schritte voraus. Hoffentlich sehen wir nicht wie zwei Sträflinge auf der Flucht aus.«
Als Jennifer auf den Schalter von Air France zusteuerte, klopfte ihr Herz zum Zerspringen. Sie hatte das Gefühl, unsichtbare Augen würden jeden ihrer Schritte beobachten. Wider Erwarten ging das Einchecken reibungslos über die Bühne. Ungehindert betraten sie den Sicherheitscheck und das Gate. Fünfzehn Minuten später stiegen Jennifer und McCaul in die Maschine von Air France nach Paris mit Anschlussflug zum Kennedy-Flughafen in New York.
Mark raste mit Höchstgeschwindigkeit über die A21 nach Genf. Er war schrecklich nervös. Bis Genf waren es noch vierzig Kilometer. Er musste sich zwingen, nicht immer wieder auf die Uhr zu sehen. Kelso führte ein Gespräch mit der CIA-Zentrale in Langley.
Jennifers Maschine startete in knapp zwanzig Minuten von Genf aus, und die Chance, den Flughafen rechtzeitig zu erreichen, war gering. Nach zwei Stunden bangen Wartens an der Tankstelle hatte Kelso endlich einen Rückruf erhalten. Seine schlechte Stimmung war sofort gewichen. Die Bemühungen der Computerexperten in Langley waren erfolgreich gewesen. Ein internationaler Buchungscomputer in Paris hatte um sechs Minuten vor zwölf die Ticketkäufe von Frank McCaul und Jennifer March in einem Genfer Reisebüro gespeichert. Es war eine Maschine der Air France nach Paris um 12 Uhr 45 ab Genf mit einem Anschlussflug nach New York.
Kelso schaltete das Handy aus. »Geschafft. Meine Undercover-Agenten folgen ihnen, sobald sie am JFK gelandet sind.«
Mark hatte die tragischen Eindrücke auf dem Bauernhof noch nicht verarbeitet. »Zuerst müssen sie in der Maschine sein und auf ihren Plätzen sitzen. Was ist, wenn der Flughafen observiert wird? Wenn sie geschnappt werden, ehe sie an Bord gehen?«
»Unser Plan hat
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