Projekt Wintermond
Schlafzimmer der Eltern sein. Für einen Anruf fehlte die Zeit. Sie musste die Waffe suchen…
Kelsos Schritte näherten sich. Er rannte die Treppe hinauf.
Jennifer eilte zum Schreibtisch und stieß den Stuhl zur Seite. Der Schreibtisch hatte sechs Schubladen. In welcher steckte der Revolver? Links oder rechts? Oben oder unten? Mark hatte ja nicht einmal genau gewusst, ob die Waffe überhaupt noch in dem Schreibtisch lag .
Jennifer riss die obere linke Schublade auf.
Leer.
Sie versuchte es mit der Schublade oben rechts.
Leer.
Kelso stand auf dem Treppenabsatz. Er öffnete die erste Tür, die zweite .
Ich muss die Waffe finden!
Jennifer riss die nächste Schublade auf. Holzgeruch stieg ihr in die Nase. Hastig durchwühlte sie das Schubfach, fand aber keine Waffe, sondern nur Radiergummis und Heftklammern.
Als Jennifer ein Geräusch hörte, fuhr sie herum, starrte auf die Türklinke. Nichts rührte sich.
Jennifer zog die nächste Schublade auf.
Bloß ein Locher.
Die nächste Schublade.
Leer.
Jennifer hatte nun sämtliche Schubladen durchwühlt, ohne die Pistole zu finden.
Hatte sie die Waffe übersehen?
Sie begann erneut mit der Suche, als plötzlich die Schlafzimmertür aufgerissen wurde.
93
Vom Treppenhaus fiel Licht ins Schlafzimmer. Kelso stand im Türrahmen. Sein Gesicht lag im Schatten. Jennifer hörte ihn keuchen. »Das muss das Miststück sein, das auf mich geschossen und mir das Messer in den Rücken gerammt hat«, stieß er hervor.
Jennifer presste sich mit dem Rücken gegen den Schreibtisch, blieb wie angewurzelt stehen und rang nach Atem.
»Falls du telefonieren willst, vergiss es. Bevor die Polizei hier ist, bin ich längst über alle Berge.« Kelso trat aus dem Schatten hervor und schritt mit selbstgefälliger Miene auf sie zu. Er presste eine Hand auf seinen Nacken, zog sie weg und starrte auf die blutverschmierten Finger, von denen einer nur noch an einer Sehne baumelte. In Kelsos Augen loderte Hass. »Es scheint dir Spaß zu machen, mich zu verletzen. Wo ist Bobby?«
Jennifer antwortete nicht. Kelso schaltete das Licht an und trat einen weiteren Schritt vor. »Keine Sorge, ich werde ihn schon finden. Zuerst müssen wir beide aber etwas zu Ende bringen .«
Jennifer erstarrte vor Angst. Kelso stand einen halben Meter von ihr entfernt. Sie roch seinen Atem. Ein Blitz erhellte das Zimmer. »Bitte…«, bettelte sie.
»Was, bitte? Soll ich dich vernaschen?« Kelso grinste hämisch. »Beim letzen Mal, vor zwei Jahren, fing es gerade an, mir Spaß zu machen. Und jetzt ist es an der Zeit, dir eine Lektion zu erteilen. Darauf habe ich mich seit Jahren gefreut.«
Kelso strich mit dem Handrücken über ihre Wange.
»Und weißt du was? Hinterher sagst du mir, wo Bobby steckt. Vielleicht bin ich dann so gütig, ihn schnell und schmerzlos sterben zu lassen. Wenn ich ihn selbst suchen muss, wird dein Bruder leiden. Kapiert?«
Jennifer drückte sich gegen den Schreibtisch und wühlte mit der rechten Hand verzweifelt in einer Schublade. Ihre Finger berührten Papier, aber keine Waffe.
Kelso rückte näher. Jennifer konnte nicht weiter zurückweichen. Kelsos unverletzte Hand strich über ihre Brust, schnellte plötzlich nach oben und umklammerte ihre Kehle. Jennifer versuchte vergebens, ihn abzuwehren.
Kelsos Lippen näherten sich den ihren. »Beweg dich nicht, oder ich werde dir Schmerzen zufügen, die du dir nicht einmal vorstellen kannst…«, flüsterte er heiser.
Jennifer wühlte in der nächsten Schublade. Büroklammern, ein Notizblock . plötzlich ertasteten ihre Finger einen harten, metallenen Gegenstand, der an einem Ende stumpf war und am anderen spitz zulief.
Ein Brieföffner oder eine Schere. Beides könnte sie als Waffe benutzen…
Kelso stand nun unmittelbar vor ihr. Sein warmer Atem strich ihr übers Gesicht. Er beugte sich vor und zischte: »Vielleicht genießt du es diesmal. Was meinst du, Jennifer?«
»Zur Hölle mit Ihnen!«
Kelsos Grinsen erlosch, als Jennifer die freie Hand hob und zustach. Fassungslos starrte er auf den Brieföffner, den Jennifer ihm wie einen Dolch in die Brust gestoßen hatte. Sein Körper zuckte. Er taumelte ein paar Schritte zurück, ließ die Waffe fallen und presste eine Hand auf die Wunde.
Jennifer hob Kelsos Waffe auf, nahm ihn ins Visier und drückte ab.
Die Kugel schlug in seine Brust und schleuderte ihn gegen die Wand. Jennifer schoss, bis das Magazin leer war. Jeder Treffer schüttelte Kelsos Körper durch. Schließlich verstummte die
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