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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiße Gischt, wenn der Schiffskiel ins Meer tauchte und es durchschnitt. Man fuhr an der Küste entlang, das Land an Backbord nicht sichtbar, aber angekündigt von einigen Albatrossen, die dem Schiff folgten und elegant schwingend die Atlantis umkreisten. Fliegende Fische, in deren transparenten Flugflossen sich die Sonne spiegelte, wurden von den Passagieren eifrig fotografiert, obwohl später auf den Bildern nur eine Art Schatten zu sehen war. Immerhin: Wer kann schon im Bekanntenkreis mit selbst geknipsten fliegenden Fischen – Exocoetidae , sagt der Fachmann! – aufwarten? Jawohl, fast zweihundert Meter weit können sie durch die Luft gleiten, Segelfliegern ähnlich. Wer solche Bilder zeigen kann, ist des Neides seiner Mitmenschen sicher. Schon das ist sein Geld wert!
    Drei Tage ununterbrochenes Bordleben kann herrlich, langweilig, nervend, gefährlich oder entlarvend sein. Auf jeden Fall zeigt es den Menschen, wie er ist. Dabrowski nutzte seine Maske als Blinder, um jeden genau zu beobachten. Vom Hoteldirektor hatte er die Liste der zweihundertdreißig Passagiere bekommen, die nicht in Valparaiso von Bord gingen, sondern bis Sydney mitfuhren. Namen waren darunter, die er schon kannte. Das Ehepaar de Jongh gehörte dazu, das Ehepaar Dr. Schwarme, das Ehepaar v. Haller (Prinz und Prinzessin v. Marxen), der schwerreiche Weingutsbesitzer Tatarani, die Juweliersgattin Sassenholtz, der jeden Morgen seine tausend Meter auf dem Promenadendeck abwandernde Ludwig Moor, die beiden Homos van Bonnerveen und Grashorn, der Immobilienhändler François de Angeli, der Optiker Brandes, der Autohändler Herbert Fehringer, die Friseurmeisterin Barbara Steinberg und viele mehr, die alle eins gemeinsam hatten: Sie waren völlig unverdächtig. Aber unter ihnen mußte Paolo Carducci sein, in der Maske des scheinbar harmlosen Biedermannes.
    Der nächste Hafen, den man erreichen und von dem aus man herrliche Ausflüge machen würde, war Balbao am pazifischen Ausgang des Panamakanals. Von dort konnte man mit kleinen Flugzeugen über die ganze Kanalzone zur Karibikseite fliegen und das Archipel der mehr als 360 San-Blas-Inseln besuchen, wo heute noch in primitiven Bambushütten die Cuna-Indianer leben, die letzten Inselindianer Mittelamerikas, deren Frauen sich schmücken mit goldenen Ohrpflöcken und Nasenringen. Ihre typischen Handarbeiten, die man Molas nennt, aus bunten Stoffen zusammengesetzte Bilder, gehören zu den begehrtesten Andenken.
    Aber bis dahin waren es noch drei Tage und Nächte auf See, drei Tage Leben an Bord, äußerlich unbeschwert, aber doch oft menschliche Schwächen entlarvend. Kapitän Teyendorf hatte es Dabrowski gegenüber so ausgedrückt: »Solange man jeden Tag einen anderen Hafen anläuft und dort Landausflüge machen kann, ist die Welt in Ordnung – aber drei Tage nur auf See, nichts als Wasser um sich mit dem Zwang, sich selbst und die anderen zu dulden, das ist für manchen Passagier sehr hart. Da lernt man seine Nachbarn kennen! Am schlimmsten ist es von Tokio bis Honolulu; sechs Tage nur Meer, unter sich Tiefen bis zu 4.000 Meter und an der Kreuzung von 165° Ost und 30° Nord an einem der einsamsten Punkte der Erde, im Umkreis von drei Tagen und Nächten nur Wasser … da habe ich schon manchen Seekoller erlebt. Genau betrachtet, ist jeder Mensch hysterisch. – Was erwarten Sie, Herr Dabrowski?«
    »Nichts.«
    »Das ist erschreckend.«
    »Carducci hat Zeit. Bis Sydney bleiben alle Goldkäfer an Bord, und in Valparaiso kommen ein paar dicke dazu, wie mir Herr Riemke sagte. Er hat also bis Sydney ein weites Feld, das er nur abzuernten braucht. Das lohnt sich. Die Reise bis Valparaiso ist für ihn mehr eine Erholung und eine Erkundung seiner Opfer. Er läßt sich Zeit. Er weiß ja genau, daß es dieses Mal um Millionen geht. Sein größter Fischzug überhaupt. Diese Traumreise, die Sie jetzt fahren, ist so einmalig, daß sie alle die anlockt, die ihre Frauen mit Schmuck geradezu behängen. Nicht ohne Absicht ist auch der Juwelierladen von Heinrich Ried hier an Bord mit den besten Kreationen bestückt. Und es fängt schon an. Ich weiß von Erika Treibel, daß sich gestern abend – heimlich und allein – Knut de Jongh einen Ring mit einem Dreikaräter und feinsten Smaragden angesehen hat. Ein Brummer von rund hunderttausend Mark. Mehrwertsteuerfrei, wie alles auf dem Schiff! Allein der Gedanke, dem Finanzamt vierzehn Prozent Steuern legal vorzuenthalten, beflügelt viele Ehemänner ungemein.«
    »Das

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