Promenadendeck
gläsernen Veranda Schach spielte. Gegen de Angeli war er natürlich eine Null; es war verständlich, daß diese Dame in dessen Armen Kuhaugen machte – wie es Erna nannte – und mit all ihren Reizen spielte. Mit François war heute also nichts los.
Mißmutig hatte sie sich an der Bar betrunken und war nun, mit Bosheit geladen, in die Kabine zurückgekehrt. Ihrem Mann warf sie jetzt einen Blick zu, als sei er ein Mülleimer.
»Na?« sagte Dr. Schwarme hämisch. »Satt wie eine Katze nach einem Topf voll Milch?«
»Du Idiot!« zischte sie zurück. Sie zupfte die Ohrclips ab. »Leck mich doch!«
»Das kannst du haben!« Er sprang auf.
In dieser Nacht vergewaltigte Dr. Schwarme seine eigene Frau.
Um 10 Uhr morgens, zur offiziellen Sprechstunde des Schiffsarztes im Hospital, war Dr. Schwarme der erste, der im Wartezimmer saß. Nach ihm kamen vier Damen, wie überhaupt das Hospital und Dr. Paterna im besonderen vor allem von den weiblichen Passagieren aufgesucht wurde. War Schwester Erna allein im Hospital, saßen nur die wenigen wirklichen Kranken im Wartezimmer.
Dr. Paterna, berühmt für seine preußische Pünktlichkeit, ließ um Punkt 10 Uhr Dr. Schwarme in die Ordination. »Sie?« fragte er dabei gedehnt. »Ja, was haben Sie denn für Beschwerden? Sie sehen doch blendend aus!«
»Es … es ist …« Dr. Schwarme setzte sich in einen mit schwarzem Kunststoff bezogenen Sessel und legte die Hände flach auf seine Knie. »Ich komme zu Ihnen von Mann zu Mann, das heißt, natürlich auch als Arzt …«
»Wie soll ich das verstehen, Herr Schwarme?« Dr. Paterna setzte sich ihm gegenüber auf einen Hocker.
»Es ist eine delikate Angelegenheit. Aber unter Männern …«
»Raus mit der Sprache.«
»In Acapulco habe ich einen kleinen Ausflug gemacht. Auf eine Empfehlung hin … hinauf auf die Hügel. Sie verstehen …«
»Aha! Sie haben also einen Eingeborenenpuff besucht …«
»So … kann man es nennen. Wunderhübsche Mädchen, sage ich Ihnen. Aber nun …«
»Nun haben Sie Angst, daß Sie sich eine Gonorrhöe gefangen haben.« Dr. Paterna grinste breit. »Die Gonokokke sitzt und lauscht, wie der Urin vorüberrauscht …«
»Lassen Sie doch bitte die Studentenscherze, Doktor. Ich möchte wissen, ob ich mich infiziert habe.«
»Haben Sie Brennen beim Wasserlassen?«
»Nein.«
»Wäßrigen oder eiterfarbenen Ausfluß?«
»Nein …«
»Und warum denken Sie da an einen Tripper?«
»Ich möchte Klarheit haben. Ich hatte in dieser Nacht ehelichen Verkehr mit meiner Frau.«
»Wenn Sie Angst haben, hätten Sie vorher kommen sollen.«
»Nein. Das ist es ja. Ich möchte es jetzt wissen. Hinterher. Ich will wissen, ob ich meine Frau angesteckt habe. Wenn Sie bei mir eine Gonorrhöe feststellen, Doktor, und ich meine Frau angesteckt haben sollte, falle ich Ihnen um den Hals!«
»Haben Sie um diese Zeit schon getrunken, Dr. Schwarme?« Dr. Paterna schnupperte. Kein Alkoholgeruch. »Was Sie da sagen, ist doch abwegig.«
»Für Sie. Für mich nicht. Meine Frau betrügt mich, Doktor, und wenn ich sie angesteckt habe, wird sie wiederum ihren Liebhaber anstecken! Das wünsche ich mir, das ist die Rache des Wehrlosen! Können Sie eine Infektion feststellen?«
»Ich kann mit Ihnen eine Gonoreaktion nach Neisser machen, aber sinnvoller wäre es, Ihnen prophylaktisch eine Spritze zu geben.«
»Nein. Ich will es wissen!«
»Am schnellsten geht es mit einer Provokation durch Kurzwellenbestrahlung. Der Reiz läßt das Brünnlein fließen, wenn …«
»Dann ran an die Kurzwelle!«
»Und wenn es negativ ist?«
»Dann bin ich wieder der Verlierer!« Dr. Schwarme hob die Schultern. »Dann bleibt mir nur der Weg, diesem Lackaffen eine runterzuhauen. Ich würde die stillere Methode mittels Tripper vorziehen.«
»Eigentlich müßte ich Sie jetzt rausschmeißen, Herr Schwarme!« sagte Dr. Paterna ernst.
»Aber Sie sind Arzt, und vor Ihnen sitzt ein Patient, der gerne wissen möchte, ob er sich infiziert hat. Ein Patient, der dann auch behandelt werden möchte … und muß! Sie müssen also tätig werden, Doktor.«
»Ja, das muß ich.« Dr. Paterna erhob sich. »Hosen runter!«
Er ging zu einem sterilen Chromkasten und holte ein Paar dünne Gummihandschuhe heraus. Zufrieden legte sich Dr. Schwarme auf den schmalen Untersuchungstisch und machte sich frei.
Drei Tage und Nächte auf See. Rundherum nur Wasser, darüber die strahlende Sonne am wolkenlosen, tiefblauen Himmel, und rundherum das Rauschen der Wellen und der
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