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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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absonderten, in den Ruinen von Altpanama verschwanden, sich auf zwei große Quadersteine setzten und sich, durch Büsche abgedeckt, leidenschaftlich küßten. Dr. Schwarme war an Bord geblieben; die feuchtheiße Luft von Panama bekam ihm nicht. Er saß da lieber auf dem Sonnendeck im Schatten, einen eisgekühlten Drink vor sich und beobachtete die ebenfalls an Bord gebliebenen Damen, die im Schwimmbad herumplanschten. Der italienische Weingutsbesitzer Tatarani leistete ihm dabei Gesellschaft. Er kannte Panama schon und berichtete, wieviel tausend Arbeiter beim Bau des Kanals in dieser Fieberhölle umgekommen waren. Ein Denkmal erinnerte daran.
    Dabrowski sah auch, daß sich die beiden Schwulen anscheinend bis zur Ekstase stritten. Jens van Bonnerveen hob ein paarmal drohend die Faust, und Eduard Grashorn schrie ihn mit verzerrtem Gesicht an. Sie standen abseits an der Kaimauer, und es sah so aus, als würden sie jeden Augenblick aufeinander zustürzen. Irgendwie hatte van Bonnerveen erfahren, daß sein Geliebter ihn mit der Assistentin des Bordfotografen ›betrog‹, und es war nicht der Betrug an sich, der ihn so aufregte, sondern die abscheuliche Tatsache, daß er mit einem Mädchen stattfand.
    Einen Klub für sich bildete eine Gruppe Hamburger Ärzte, die gemeinsam mit ihren Damen an der Kreuzfahrt teilnahmen. Sie waren immer ein wenig von dem ›gemeinen Volk‹ abgesondert, betrachteten sich als absolute Elite, belehrten jeden an Deck oder auf den Ausflügen, beanspruchten ehrende Beachtung, wünschten Sonderrechte und regten sich mit akademischem Hochmut, aber durchaus lautstark darüber auf, daß die anderen Passagiere nicht immer ihrer Meinung waren. Ludwig Moor, der korrekte Beamte mit dem unbestechlichen Blick, hatte diese Arztgruppe schon am zweiten Tag die ›Hamburger Ärzte-Mafia‹ genannt; das war zwar etwas hart und übertrieben, aber auch jetzt, bei dem Panamatrip, zeigte es sich, wie recht er hatte. Die Ärzte waren nach San Blas geflogen, hatten über das Reisebüro an Bord ein eigenes Flugzeug gechartert, beanspruchten ein besonderes Boot zu der Hauptinsel der Cuna-Indianer und stellten sich beim Fotografieren hinter die Passagiere, die für ein Foto ›One Dollar, please!‹ bezahlt hatten. Als sie aufgefordert wurden, ebenfalls einen Dollar zu bezahlen, beantworteten sie diese Zumutung mit hochgezogenen Augenbrauen und strafenden Chefarztblicken.
    Schwitzend und durstig setzte sich Dabrowski in den Schatten des Parks, zu dem man die Ruinen von Altpanama gemacht hatte, und zuckte unwillkürlich zusammen, als hinter ihm eine Stimme sagte: »Wie stellt sich ein Blinder die Gegend vor, die ihm erklärt wird?«
    »Dr. Paterna!« Dabrowski wandte den Kopf. Der Chefarzt, in einem weißen Tropenanzug, elegant wie aus einem Modejournal, lächelte ihn breit an. »Ich habe Sie nicht von Bord gehen sehen.«
    »Ich bin später, nach Abfahrt der Busse, mit einem Taxi nachgekommen.« Er sah Beate an, die ein paar Meter von der Bank entfernt einen blühenden Bougainvillea-Busch fotografierte. »Sie können sich jetzt erkenntlich zeigen, Herr Dabrowski, dafür, daß ich Ihr Inkognito beschütze: Machen Sie mich mit der jungen Dame bekannt.«
    »Mit Beate?«
    »Ja, bitte.«
    »Doktor!« Dabrowski nahm seine geschwärzte Brille ab, sie waren weit und breit allein bis auf das hinter den Büschen versteckte schmusende Paar François und Erna Schwarme. »Sie ist für einen Urlaubsflirt zu schade, das habe ich Ihnen schon mal angedeutet.«
    »Ich will nicht flirten, ich will ihr nur vorgestellt werden. Außerdem dürfte sie großjährig sein.«
    »Ich bin für sie verantwortlich, Doktor. Oh, ihr verdammten Schiffsärzte! Nicht umsonst habt ihr einen Ruf wie Donnerhall!« Er ließ die Brille wieder auf seinen Nasenrücken fallen und stützte sich auf den weißen Blindenstock. »Beate! Können Sie mal kommen?« Und als sie zu ihnen kam, sagte er: »Das ist Dr. Paterna, der gefährlichste Mann an Bord! Beate Schlichter …«
    »Er übertreibt maßlos.« Dr. Paterna drückte mit einer leichten Verbeugung Beates Hand. Sie lächelte zurückhaltend und unbeeindruckt.
    »Wer kennt Sie nicht an Bord?« sagte sie. »Wie gefällt Ihnen Panama?«
    »Die erste Verzauberung ist längst vorbei. Ich bin jetzt das neunte Mal hier. Jedesmal entdecke ich Veränderungen, und nicht immer zum Guten … Darf ich Sie und Herrn Dabrowski zu einem erfrischenden Drink einladen? Ich kenne hier ein Lokal, in dem ein Fremder nicht betrogen wird.

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