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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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trotzig und wild, so kannte Dabrowski seine Beate nicht. »Und wenn ich nachher umfalle …«
    »Ein Blinder kann Sie aber nicht in Ihr Bett tragen, Mädchen.«
    »Es wird sich schon jemand finden, der mich abschleppt.«
    »Bei einem Blade Runner muß selbst ich husten. Beate, nehmen Sie es doch nicht so ernst.«
    »Was?« fragte sie wie ein ungezogenes Kind. »Was soll denn nicht ernst sein?«
    »Ihr Dr. Paterna ist ein freier Mann.«
    »Er ist nicht mein Dr. Paterna!«
    »Na also! Wozu dann die Aufregung?«
    »Diesem geschminkten Luder gönne ich ihn nicht. Haben Sie gesehen, wie sie sich benommen hat? Mit welchen Kuhaugen sie ihm …«
    »Mein Kind, ich bin doch blind.« Dabrowski lächelte vor sich hin. »Wie soll ich so was sehen?«
    Der Blade Runner kam, Beate trank einen kleinen vorsichtigen Schluck und mußte danach tief Luft holen. »Oje … Aber gut! Genau das Richtige. – Machen Sie sich nur lustig über mich. Sie sind der Chef. Ärgern des Personals ist im Gehalt inbegriffen.«
    »Beate, Sie lieben Dr. Paterna?«
    »Vielleicht …«
    »Sie kennen ihn doch gar nicht. Die paar Stunden in Panama … und ich war auch noch dabei.«
    »Haben Sie in Ihrem vierzigjährigen Leben noch nie das Gefühl gehabt: Jetzt bist du unsagbar glücklich?«
    »Doch. Einmal. Mit fünf Jahren. Da bekam ich meine erste elektrische Eisenbahn und machte sie innerhalb einer Stunde kaputt. Das war ein Erlebnis!«
    »Warum können Sie nicht wenigstens jetzt mal ernst sein, Chef? Ob Sie es nun gern hören oder nicht: Ja, ich habe mich in Dr. Paterna verliebt. Das vermag niemand zu ändern.«
    »Ich habe Ihren Eltern versprochen, auf Sie aufzupassen.« Dabrowski wurde plötzlich sehr ernst. Sie wußte, daß er sie jetzt durch die dunkel getönten Gläser seiner ›Blindenbrille‹ mahnend ansah. »Und ich werde, verlassen Sie sich drauf, verhindern, daß Sie einem Playboy wie Dr. Paterna zum Opfer fallen.«
    »Zum Opfer fallen! Was soll das heißen?«
    »Genau das, was einem unschuldigen Mädchen wie Ihnen passieren kann.«
    Sie sah ihn groß an, lehnte sich dann zurück, schlug die Beine übereinander und trank bewußt langsam einen Schluck der Cocktailbombe. Als sie das Glas auf den Tisch zurückstellte, sagte sie ganz nüchtern: »Ich bin kein unschuldiges Mädchen mehr. Das zu Ihrer Information, Herr Dabrowski. Es ist schon passiert, da war ich siebzehn Jahre alt.«
    »Himmel, Arsch und Zwirn, das wissen aber Ihre Eltern nicht!«
    »Was geht so was die Eltern an? Der Junge war ein Student. Theologie im 2. Semester.«
    »Auch das noch!«
    »Er ist heute Pfarrer im Oldenburgischen und hat schon zwei Kinder.«
    »Ora et labora! Da haben wir's wieder.« Dabrowski schüttelte den Kopf. »Trinken Sie aus, Mädchen, und schleppen Sie mich in die Kabine. Für mich ist der Abend gelaufen. Und für Sie auch. Morgen um neun abholen zum Frühstück an Deck.«
    An der lauten Ärztemafia aus Hamburg vorbei tastete sich Dabrowski mit seinem weißen Stock, geführt von ›Schwester‹ Beate, aus der Olympia-Bar. Die Ärzte verstummten für einen Moment und blickten ihm nach. Als die Glastür wieder zugeschwungen war, sagte der Gynäkologe: »Wenn der sehen könnte, was ihn da herumführt, da würde er ein munterer Springer.«
    »Theo, vergiß nicht das Tastgefühl der Blinden!« rief einer aus dem Hintergrund.
    Im brüllenden Gelächter gingen weitere Bemerkungen unter.
    Beate brachte Dabrowski zur Kabine und versprach, sich ebenfalls hinzulegen. Sie ging auch zunächst in ihre Kabine, blieb dort jedoch nur fünf Minuten und schlüpfte dann zum hinteren Treppenhaus. Zwei Stufen auf einmal nehmend, lief sie die Treppen hinunter, bis sie vor der Tür zum Promenadendeck stand. Mit einem Ruck riß sie die schwere Glastür auf und trat hinaus in einen wirklich silbernen Mondschein. Ein Sternenhimmel, wie sie ihn noch nie gesehen hatte, wölbte sich über das fast glatte Meer.
    Sie trat vor an die Reling, blickte sich nach beiden Seiten um und sah Barbara unter dem ersten Rettungsboot ebenfalls an der Reling stehen. Sie war allein und sah regungslos über das silbergetönte Wasser.
    Beate atmete tief ein, strich ihr Haar aus der Stirn und ging mit großen Schritten auf Barbara Steinberg zu. Sie sah nicht mehr, wie durch die gleiche Tür, durch die sie aufs Promenadendeck gekommen war, Ewald Dabrowski erschien und in den Schatten huschte.
    Dann standen Barbara und Beate nebeneinander, starrten beide in das Meer und schwiegen eine ganze Weile. Endlich

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