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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sieben Uhr morgens fuhr die Atlantis in den großen Hafen von Valparaiso ein, begrüßt vom Sirenengeheul zweier Feuerlöschschiffe. Teyendorf stand wie immer auf der Brückennock und dirigierte das weiße ›Hotel auf dem Meer‹ souverän an die Pier. Die Passagiere bevölkerten das Promenadendeck, standen an der Reling und blickten auf den Hafen. Es war immer wieder ein Erlebnis, zu sehen, wie so ein Riesenschiff Zentimeter um Zentimeter an die Kaimauer anschwamm und dann längsseits lag, ohne anzustoßen. Es war aber auch Teyendorfs Stolz, nach einer Reise um die Welt zurückzukehren mit der Meldung: Schiff unversehrt.
    Die Stimmung bei den Offizieren und allen, die eingeweiht waren, war gut. Carducci hatte nicht zugeschlagen, der Gala-Abschiedsabend war komplikationslos verlaufen, wenn man davon absah, was nach dem Dinner im Sieben-Meere-Saal während des Abschiedsballs passierte, zu dem Kammersängerin Margarete Reilingen ihren Beitrag mit Operettenarien lieferte. Plötzlich war nämlich ganz unerwartet Franco Rieti auf die Bühne getreten, elegant im Frack, aber mit Pflastern auf dem Gesicht, einem blauen Auge und Kratzwunden am Hals. Margarete Reilingen hatte ihn wie einen Geist angestarrt.
    Als Rieti seine Arie aus Turandot ›Keiner schlafe …‹ beendet hatte, brandete ihm wahrer Jubel entgegen. Er verneigte sich hoheitsvoll und flüsterte der neben ihm stehenden Reilingen zu: »Die Pflichterfüllung versetzt Berge.« Sie hatte diesen Ausspruch aus dem Mund eines Rieti äußerst blöd gefunden.
    »Wir können also tatsächlich davon ausgehen«, sagte Dabrowski zu dem aufatmenden Riemke, »daß Carducci nicht in Valparaiso verschwindet, sondern uns erhalten bleibt. Das ist so sicher, wie ein Apfelbaum keine Birnen trägt. Für uns bedeutet das erhöhte Alarmbereitschaft. Von Valparaiso bis Sydney hat er ein großes Feld vor sich. Ich würde vorschlagen, daß wir die neuen Passagiere gleich mit der Warnung begrüßen, ihre Schmucksachen in die Schließfächer zu geben.«
    »Sie haben Nerven!« Riemke lächelte säuerlich. »Wie stehen wir da, wenn wir sagen: Achtung! Es ist ein Juwelendieb an Bord, aber wir wissen nicht, wer. – So was spricht sich schnell rum. Auch wenn wir gar nichts dafür können, wird es dann immer heißen: Ihr wollt mit der Atlantis fahren? Haltet eure Taschen zu, die klauen euch da den letzten Pfennig! Auch wenn das Blödsinn ist – der gute Ruf ist angeknickt!«
    »Und was werden die Passagiere erst sagen, wenn Carducci irgendwann mal anfängt, groß abzuräumen?«
    »Das müssen Sie verhindern. Dafür sind Sie an Bord!«
    »Jetzt muß ich von Ihnen sagen: Sie haben Nerven!« Dabrowski setzte seine dunkle Brille wieder auf und griff nach seinem weißlackierten Blindenstock. »Ich gehe jetzt an Land, laß mich in Chiles elegantestes Seebad Vina del Mar bringen und werde im warmen Meer schwimmen. Vor Carducci haben wir in den nächsten zwei Tagen garantiert Ruhe.«
    Als die Gangway zum Landgang freigegeben war und die ersten Gruppen für die Ausflüge nach Santiago de Chile, Vina del Mar und Valparaiso-Stadt von Bord und zu den wartenden Bussen gingen, gab es an der Pier eine kleine Auseinandersetzung.
    Ein Ehepaar aus Hamburg, zu der ›Ärzte-Mafia‹ gehörend, die bisher nur als hochmütig aufgefallen war, lief zu einem Taxi; energiegeladen, als gelte es, einen Sturmangriff auf eine Festung zu unternehmen. Ihr Eifer wurde jedoch von dem Taxifahrer gebremst, der in perfektem Deutsch sagte: »Bedaure, der Wagen ist bestellt.«
    »Ah! Sie sprechen Deutsch?« Der Arzt aus Hamburg musterte den Fahrer. »Goethe-Institut, nicht wahr? Gut gelernt.«
    »Nein, ich bin deutscher Abstammung. Mein Vater kommt aus Köln.«
    »Sieh an, ein richtiger Auslandsdeutscher!« Der Hamburger legte die Hand auf die Türklinke. »Bringen Sie uns nach Santiago und dann dorthin, wo die anderen nicht hinkommen. Ich hasse solche Massenausflüge, bei denen man dann vor Geschäften abgeladen wird, von denen die Fremdenführer Prozente bekommen.«
    »Bedaure, ich bin bestellt«, wiederholte der Taxifahrer höflich.
    »Was heißt das: bestellt?! Wieso bestellt?«
    »Durch Funkspruch vom Schiff.«
    »Ah, das geht auch?« Der Hamburger Arzt zog die Stirn kraus. »Wer denn?«
    »Ein Obersteward Pfannenstiel.«
    »Das ist ja wohl der Gipfel!« Der Hamburger riß die Autotür auf. »Das Personal des Schiffes spielt den dicken Wilhelm, und die Passagiere müssen sich anstellen! Nichts da, Sie fahren für uns! Wir

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