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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wiederum hat es leichter. Er ist Conférencier, Ansager, Stimmungsmacher, Witzereißer. Wo immer eine Veranstaltung stattfindet – ausgenommen natürlich ein Cellokonzert oder ein Klavierabend, so was sagt der Cruisedirektor höchstpersönlich an –, da ist ein Mann wie Holletitz der Drehpunkt des Abends. Beim Kostümfest, beim bayerischen Abend, beim Tanzwettbewerb, bei Folklorenächten, wenn Tahiti-Mädchen oder Maorigruppen an Bord kommen, bei Zauberschauen oder ›Musik – Musik von vierzig Jahren‹ heizt Holletitz die Stimmung an, indem er Witze serviert, die manchmal am Rande der Schicklichkeit balancieren. Sie kommen – macht's die jodhaltige Seeluft? – bei den Damen am besten an; ihr helles Lachen übertönt oft das Brummen der Herren. Auf See verschiebt sich manches …
    An diesem Morgen nun umringten Kapitän Teyendorf, Riemke, Flesch und Holletitz einen schwarzgelockten Mann südländischen Typs, der sichtbar zerknirscht wirkte und abwehrend die Hände hob, als habe er Angst, gleich über Bord geworfen zu werden.
    »Ich habe es geahnt«, sagte der Kapitän. »Ich war von Anfang an dagegen, bin es noch immer und werde es auch immer sein. Aber die Reederei! Alles wissen sie besser. Ausnahmegenehmigung. Ist ja nur von San Francisco bis Acapulco! Nur! Ich habe ganz energisch darauf hingewiesen, daß es nach dem Seefahrtrecht verboten ist. Nur dieses eine Mal, als Ausnahme. Und nun haben wir den Mist!«
    »War das vorauszusehen?« Der geknickte Südländer hob im Kreis seiner Ankläger die Hände noch höher. »Es ist ja auch das erstemal, daß sie auf See sind. Wer hat denn da Erfahrung? Man weiß nur, daß sie sehr sensibel sind.«
    »Solche Klötze, und dann sensibel!« Cruisedirektor Flesch und Riemke schüttelten erstaunt den Kopf.
    »Das hat man oft«, entgegnete der Südländer, der sich beim Zirkus auskannte. »Ich habe einen riesenhaften Catcher erlebt, der weinte bitterlich, als er mit seinem Wagen einen Hund überfuhr.«
    »Hier geht es um etwas anderes als um zarte Catcher!« Teyendorfs Stimme wurde lauter. »Wie soll das weitergehen?«
    »In Acapulco wird alles vorbei sein.«
    »Das ist in drei Tagen! Und bis dahin?«
    Claude Ambert, so hieß der geknickte Mann, zuckte mit den Schultern. Er hatte vor der Seereise an die Reederei geschrieben: »Ich könnte in San Francisco an Bord kommen und in Acapulco wieder aussteigen, wo ich einen Gastspielvertrag habe. An Bord gebe ich eine Vorstellung für ein Sonderhonorar …« Keine Hoffnung hatte er gehabt, darauf eine Antwort zu erhalten. Aber sie kam sehr schnell per Telex, sein Vorschlag wurde akzeptiert. Vielleicht hatte das Wort ›Sonderhonorar‹ eine magische Wirkung; im Geschäftsleben gehörte es zu den gebräuchlichsten Fremdwörtern.
    Jedenfalls machte ihn die unerwartete Genehmigung zur Mitreise verrückt vor Freude, aber als die MS Atlantis an der Pier von San Francisco lag und er sich beim Kapitän melden ließ, erlebte er, wie ein sonst relativ sanfter und vor allem höflicher Mensch toben und mit ordinären Worten um sich werfen konnte. Nach einer Stunde hatte es Ambert begriffen, daß seine Anwesenheit an Bord einem Verbrechen gleichzusetzen war, obwohl sie von der Reederei nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert wurde. Die Funksprüche, die hin- und herflogen, brachten nichts. Die Reederei blieb dabei: Ambert an Bord, macht eine Vorstellung und ist in Acapulco wieder weg. Vier Tage mit ihm, das kann man doch aushalten! Man solle gefälligst nicht so humorlos sein. Dieses Gastspiel werde als unvergeßliches Kuriosum in die Geschichte der MS Atlantis eingehen. Außerdem sei es der ausdrückliche Wunsch des Vorstandsmitglieds Dr. Humperday, dessen Freund Dr. Kragges sich gerade an Bord befinde. Und Dr. Kragges sei ein enthusiastischer Liebhaber …
    »Es hat keinen Sinn, hier herumzuschreien«, sagte Riemke, der als Oberzahlmeister bzw. Hoteldirektor zum praktischen Denken angehalten war. »Es muß etwas geschehen. Die Beschwerden der Passagiere liegen vor, aber wir wollen ihnen ja bis einen Tag vor Acapulco, bis zum Auftritt, nicht die Wahrheit sagen. Allerdings darf es dann nicht wieder vorkommen, daß solche Schreie ausgestoßen werden, die man meilenweit hören kann.«
    »Sie sind ja so sensibel …«, sagte der Cruisedirektor spöttisch. »Man muß ab drei Stück eigentlich einen Psychiater mitnehmen?«
    »Meine Herren, was wissen Sie alle von der Psyche eines Elefanten!« sagte Ambert steif. »Die Seele eines Elefanten ist

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