Promenadendeck
solcher Schmuck ist mir zu billig und gering, ich kann ihn nirgendwo absetzen. Trösten aber mag Sie, daß er an Ihrem Hals und Ihrem Arm und an Ihren Ohren wunderbar aussieht und Ihre Schönheit noch steigert. Pardon! – Ein glühender Verehrer, der leider unbekannt bleiben muß.
Erna Schwarme las den Brief dreimal, dann ging sie ziemlich steif zum Telefon, rief die Atlantis-Bar an und bat den Barsteward, ihrem Mann zu sagen, er möge bitte sofort in die Kabine kommen. Sofort! Es sei dringend.
Nach ungefähr zehn Minuten trat Dr. Schwarme ein. Man kann ein frisches Pils nicht stehenlassen, es muß getrunken werden. Soviel Zeit hat man immer; nichts ist so eilig!
Auch er blieb beim Eintritt in die Kabine wie angewurzelt stehen. Der Schmuck lag noch immer auf dem Bett und funkelte im Licht. Erna saß auf der Bank und hielt den Brief in beiden Händen.
»Dein Schmuck!« Dr. Schwarme beugte sich darüber, ohne ihn zu berühren. »Tatsächlich, es ist dein Schmuck! Na, so was!«
»Deine Kapitalanlage!«
Der Ton in Ernas Stimme machte ihn betroffen. Sie freut sich gar nicht darüber, was ist denn los?
»Ein Brief war auch dabei«, sagte sie und hielt ihm das Blatt hin. »Ein Gangsterbrief mit ausgeschnittenen Buchstaben. Interessant, was da steht … Bitte …«
Sie gab ihm den Brief. Dr. Schwarme las ihn und bekam dabei gegen seinen Willen einen roten Kopf. Sie beobachtete ihn genau und ließ ein triumphierendes leises Lachen hören.
»Interessant, nicht wahr?«
»Du hast es eben gesagt: Ein Gangsterbrief.« Seine Stimme war etwas belegt. »Merkst du denn nicht, wie er dich verspotten will?«
»Aber ja, mein Lieber.« Ihre Stimme tropfte vor Ironie. »Er will mich so verspotten, daß er den Schmuck zurückgibt! Den wertvollen, die Kapitalanlage! Die ›einmaligen Stücke‹. Und dabei sind sie mieseste Ware. Ausschuß! Nichts wert … glitzernder Schund!«
»Erna, hör mich mal an …«
»Um es ganz klar zu sagen: Du hast mich beschissen!« Mit einem Ruck entriß sie ihm den Brief und stopfte ihn zwischen ihre Brüste in den Kleidausschnitt. »Sechs Jahre lang habe ich geglaubt, daß ich etwas Einmaliges trage. Ja, es ist einmalig: Brillanten leicht gelb und mit sichtbaren Einschlüssen, Saphire von mieser Qualität! Nicht mal wert, gestohlen zu werden … so minderwertig, daß ein Dieb sie sogar zurückbringt. O du elender Scheißkerl …«
»Erna, mäßige dich!« Dr. Schwarme zeigte auf die Wand. »Nebenan kann man dich hören.«
»Und wennschon! Alle sollen wissen, was für ein Jämmerling du bist. Welch ein Lügner. Sechs Jahre lang bin ich herumgelaufen mit diesem Zeug am Hals, dieser … dieser Kacke!«
»Wie kann man nur so ordinär sein!« sagte Dr. Schwarme, sichtlich angeekelt. »Jede andere Frau wäre glücklich, wenn sie …«
»Jede andere Frau würde dir jetzt in die Visage spucken!« Ihre Stimme wurde hysterisch hoch und schrill. Als er auf sie zukam, sprang sie von der Bank auf und lief an ihm vorbei zur Tür, so plötzlich und wieselschnell, daß er sie nicht aufhalten konnte. »Faß mich nicht an! Was hat der Schmuck gekostet? Ha, wahrscheinlich gar nichts. Hattest du nicht eine Juweliersfrau als Mandantin? Sogar ihren Namen kenne ich noch. Hanni Stolzer. Nicht wahr, du hast nichts dafür bezahlt … es war die Belohnung dafür, daß du sie gefickt hast. Ein altes Mädchen, das plötzlich einen strammen Rechtsanwalt zwischen den Beinen hat! Das ist schon ein Schmuckset wert – nicht zu teuer, nicht erste Qualität, denn du warst ja, wie ich dich kenne, auch keine erste Qualität im Bett. Du Saukerl, ich habe sechs Jahre lang deinen Fick an Ohren, Hals und Arm getragen und war auch noch stolz darauf!«
»Du bist ein ganz ordinäres, undankbares, gemeines Weibsstück!« sagte Dr. Schwarme heiser. »Wärest du jetzt zu Hause, könntest du sofort die Koffer packen …«
»So etwas Ähnliches passiert auch!« Sie hatte die Hand auf der Klinke liegen. »Ich werde jetzt zu François de Angeli gehen … und wag es nicht, mich aufzuhalten. Jawohl, ich gehe zu ihm und werde die ganze Nacht mit ihm vögeln. Wenn du wüßtest, was ich nachzuholen habe!«
»Erna!« Dr. Schwarme atmete tief auf. Seine Finger verwickelten sich ineinander. »Auch ich habe nur Nerven. Wenn du jetzt zu diesem Lackaffen gehst, bringe ich dich um! Ist das klar? Ich bringe dich um!«
»Dazu bist du viel zu feige.« Sie lachte hysterisch und drückte die Klinke herunter. »Du Kapitalanleger! Nicht mal meine Spucke
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