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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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dagegen schien der Körperhaltung zufolge eher depressiv gestimmt zu sein und erinnerte mit seiner Brille und seinen langen, etwas wirren Haaren an einen Physiker, der immer wieder aufs Neue scheiterte, Einsteins E = mc 2 zu widerlegen. Nun, das schienen an sich keine Gegner zu sein, die er groß zu fürchten hatte, allerdings hatten sie im Augenblick alle Trümpfe in der Hand. Erst, wenn er seinen Beruf aufgab, waren sie die Verlierer. Er schlenderte hinüber und ließ sich ansprechen.
    »Glauben Sie, dass die hier auch was über die Pilotenausbildung haben?«
    Er legte ein Höchstmaß an Coolness an den Tag. »Ja, etwas von einem Leon Völlenklee. Das sind Sie also?«
    »Ja, und das ist Corinna.«
    Fröttstädt lächelte. »Schön, dass Sie mit offenen Karten spielen.«
    »Wir setzen uns drüben auf eine Bank, da können wir ungestört miteinander reden«, sagte Völlenklee.
    »Okay.«
    Sie überquerten die Körtestraße, wo es zu Füßen des Fichtebunkers eine Grünanlage mit Sport- und Spielplätzen gab. Ein paar Jungen kickten, andere lungerten herum, einige Mütter buddelten mit ihren Kleinen, keiner beachtete sie. Eine Gruppe jüngerer Männer hatte eine Menge zu bereden. Dass die Türken die Tschechen in einem Wahnsinnsspiel besiegt und in der letzten Viertelstunde aus einem 0:2 ein 3:2 gemacht hatten, dass die Deutschen mit einem dürftigen 1:0 gegen die Österreicher eine Runde weitergekommen waren und es kein zweites Cordoba gegeben hatte.
    Sie setzten sich. Fröttstädt an den linken Rand der Bank, Völlenklee neben ihn, dann Corinna. Die Sonne schien, es wurde langsam wieder wärmer.
    Corinna brach als Erste das Schweigen. »Schön, dass Sie so kooperativ sind«, sagte sie zu Fröttstädt, indem sie sich etwas vorbeugte, sodass sie an Völlenklee vorbeisehen konnte.
    »Das wird sich noch herausstellen.« Fröttstädt wusste nicht, zu welcher Strategie er sich entschließen sollte. Zu verhandeln und zu pokern war nicht sein Metier. Folglich blaffte er Corinna zunächst einmal an. »Was soll das alles, was wollen Sie eigentlich von mir?«
    »Geld«, antwortete Völlenklee. »Nicht viel, nur so viel, wie Sie ohne Weiteres entbehren können.«
    »Geld – wofür?«
    »Dafür, dass wir Ihrer Fluggesellschaft nicht mitteilen, was wir über Ihre Probleme wissen.«
    »Woher wissen?«, fragte Fröttstädt.
    »Von Dr. Narsdorf. Aus Ihrer Krankenakte.« Fröttstädt lachte. »Ich war bei keinem Dr. Narsdorf. Das, was Sie mir geschrieben haben, haben Sie sich ausgedacht.«
    »Nein, das hat Narsdorf auf seiner Festplatte gespeichert.«
    »Und wenn: Damit hat meine Gesellschaft keine Chance, mich rauszuwerfen, siehe Datenschutz und ärztliche Schweigepflicht, da gewinne ich vor dem Arbeitsgericht jeden Prozess.« Fröttstädt wusste nicht, ob das der Realität entsprach, allerdings hörte es sich sehr überzeugend an, in der Art, wie er es vortrug.
    Völlenklee schwieg daraufhin eine Weile, ehe er sagte, dass immer etwas hängenbleiben würde und er seine Karriere mit Sicherheit vergessen könne.
    »Na und?«, erwiderte Fröttstädt. »Ich will sowieso Ende dieses Sommers aufhören und bei meinem Bruder im Reisebüro mithelfen.«
    »Dann lassen wir es drauf ankommen«, sagte Völlenklee und erhob sich.
    »Ich warne Sie!«, rief Fröttstädt, um etwas leiser hinzuzufügen, dass er genügend Geld habe, sich einen Killer zu leisten.
    »Das ist doch billig«, sagte Corinna. »Und es würde Ihnen nur lebenslänglich einbringen.«
    Fröttstädt sah ein, dass er etwas von der Ideallinie abgekommen war, und spielte ein weiteres Mal seine höchste Trumpfkarte aus. »Zeigen Sie mich an, ich höre eh auf mit dem Fliegen. Aber wenn Sie mich anzeigen, können Sie sich gleich selbst anzeigen, dann haben Sie Ihr Spiel verloren.«
    »Wenn es dazu kommt, haben nicht nur wir drei hier verloren«, sagte Corinna, »sondern auch Dr. Narsdorf und alle anderen, deren Krankengeschichte wir zu Hause haben. Wollen Sie das, Herr Fröttstädt?«
    »Ja, warum nicht.« Da war sein altes Motiv wieder: Wenn er abstürzte, sollten andere mit ihm abstürzen.
    »Das ist skrupellos von Ihnen!«, rief Corinna.
    Fröttstädt lachte. »Sie haben es nötig, mit mir über Moral zu reden.« Er stand auf, um den Platz als Sieger zu verlassen. »Und mehr Glück bei Ihren anderen Opfern.«

19
     
    Völlenklee und Corinna hatten den ganzen Abend über das Gespräch mit Fröttstädt analysiert und mussten sich eine Niederlage eingestehen. Zwar lief gleichzeitig

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